Mit der Saftpresse der Obstfreunde Siegtal können Apfelbaumbesitzer ihren eigenen Saft direkt mit nach Hause nehmen. Die Ernte fällt unterschiedlich aus.
ApfelernteMillionen Äpfel werden in Hennef zu Saft gepresst
Rumpelnd purzeln die Äpfel in die Schüttluke – und nur wenige Minuten später sind sie zu 82 Grad heißem Apfelsaft geworden. Es dürften Millionen Äpfel sein, die in diesem Herbst in der Saftpresse der Obstfreunde Siegtal verarbeitet werden. Die Menschen bringen ihre Früchte von ihren eigenen Bäumen auf den Hof der Familie Baumann in Hennef-Uckerath – und können ihren eigenen frisch gepressten Saft direkt mit nach Hause nehmen.
Eine Förderschnecke bewegt die Äpfel, Birnen und Quitten nach oben. „Da werden sie gewaschen und geschreddert“, erklärt Tom Baumann von den Obstfreunden Siegtal, die die Saftpresse betreiben. Der Saft fließt alsbald aus einem Rohr und durch mehrere Filter in einen von zwei Behältern.
Hennef: Saftpresse verarbeitet Äpfel zu frischem Apfelsaft
„Dadurch stellen wir sicher, dass tatsächlich jeder den Saft aus seinen eigenen Früchten erhält“, sagt Baumann. Vor dem Abfüllen in Säcke von drei oder fünf Litern wird der Saft auf 82 Grad erhitzt und pasteurisiert. „Dadurch ist er selbst nach dem Anbrechen mindestens zwei Monate ohne Kühlung haltbar.“
Was übrig bleibt, läuft über eine Bandpresse in einen Anhänger. Über einen Nachmittag schaffen es die Obstfreunde, mehrere davon mit sogenanntem Trester zu füllen. Die gepressten Schalen und Kerne werden ans Vieh eines befreundeten Landwirts verfüttert. „Das reicht für den gesamten Winter. Ich habe mal ein Steak einer solchen Kuh gegessen, das schmeckte nach Apfel. Ist doch klar: Was wir oben hereingeben, nehmen die Tiere auf“, sagt er.
Saftpresse im Herbst sehr begehrt
Dutzende Menschen kommen an diesem Samstag und liefern ihre Äpfel an. Noch viel mehr haben die Obstfreunde auf ihren drei Streuobstwiesen. Willi Dinspel, weißer Bart, grüne Latzhose, kennt alle Sorten, die ihm die Leute da anliefern – und wenn nicht, schlägt er in seinem Apfel-Almanach nach. Die Sorten tragen Namen wie „Ingrid Marie“ oder „Goldparmäne“. „Wir wissen, welche Sorten man zusammentun kann, damit der Saft schmeckt“, sagt Baumann.
Als sie damals nicht gewusst hätten, wohin mit den ganzen Äpfeln von ihrer Wiese, habe Baumann eine eigene Presse gebaut. „Wir haben Leergut aufgekauft und den Saft an Leute verschenkt, die uns dabei geholfen haben. Dann kamen immer mehr Anfragen von Leuten, die kiloweise Äpfel übrig haben.“ Die Obstfreunde kauften die auf einem Anhänger montierte Saftpresse – die das Mittel der Wahl in einem erntereichen Herbst ist.
Biologische Station in Eitorf sammelt so wenige Äpfel wie noch nie
Auch die Biologische Station in Eitorf sammelt an diesem Wochenende Äpfel – ohne Obstpresse, den Saft gibt es bereits fertig abgefüllt zum Tausch. Viele Kästen stehen noch abholbereit auf der Palette, denn der Container vor der Firma ZF Friedrichshafen, vor dem Dieter Steinwarz und Jonas Hochlitz stehen, ist gerade mal halb voll. Viele Äpfel sind angefault – minderwertige Qualität. „In Oberpleis haben wir fünf Tonnen eingesammelt, hier gerade mal eine“, sagt der Leiter der Biologischen Station.
Vielleicht liegt es an der Kirmes, die zeitgleich im Ort stattfindet. „Das ging leider nicht anders, weil die Äpfel in diesem Jahr zwei Wochen früher reif geworden sind“, so Steinwarz. Nur sieben Lieferungen habe es bis Samstagabend gegeben, die größte umfasste 320 Kilo. „Es war das schlechteste Jahr in 15 Jahren, in denen wir das machen. Es gab einen späten Frost, bei dem viele Blüten abgefallen sind – und ohne Blüten keine Äpfel“, resümiert Steinwarz.
Tausend Flaschen Saft aus einer Tonne Äpfeln
„Normalerweise liefern wir 30 bis 40 Tonnen zur Kelterei nach Bad Hönningen, in diesem Jahr werden es wohl keine 20.“ Ein Kilo Äpfel ergebe eine Flasche Saft von 0,7 Litern. „Hoffentlich wird es nächstes Jahr besser – die Bäume brauchen immer mal wieder Erholung.“ Der Fachbegriff dafür heiße „Alternanz“, sagt Steinwarz. „Immerhin: die Hornissen finden die faulen Äpfel toll.“
Zurück zur Streuobstwiese nach Uckerath: Auch hier tummeln sich Insekten, aber vor allem bunte Schmetterlinge, die Willi Dinspel auch alle bestimmen kann. „Die Wiese bietet alles, was diese Tiere brauchen. Wir tragen damit zum Erhalt der Artenvielfalt bei“, sagt er. Verschiedene Apfelbäume – gemeint sind die Sorten – stehen auf der Wiese, jeder trägt mehrere Hundert Kilo an fast reifen Früchten.
Streuobstwiesen sind ein Paradies für Insekten
Da, wo es zu viele sind, ist der Ast abgebrochen und auf den Boden gekracht. „Ein Apfel ist reif, wenn man ihn mit einer Umdrehung vom Zweig trennen kann – oder wenn die Kerne braun sind“, sagt Baumann. Sie hatten Glück in diesem Jahr: Kein Frost oder Hagelschauer, der die Blüten zerstören konnte.
Ihre Äpfel sind natürlich und ungespritzt – anders als viele Früchte aus dem Supermarkt. „Viele sagen, sie leiden unter einer Apfelallergie. Dabei vertragen sie bloß die ganzen Pflanzenschutzmittel nicht“, ergänzt er. „Die neuen Sorten werden so gezüchtet, dass sie nicht braun werden, wenn man sie schneidet. Damit schützt sich der Apfel selbst – und gesund sind diese Stoffe auch“, sagt Dinspel. Es sei wichtig, die alten Sorten zu erhalten. Er holt zwei Äpfel hervor – geerntet im vergangenen Jahr. Sie sind etwas gelblich, aber immer noch genießbar.
„Man sollte immer noch Obstbäume für die nächste und übernächste Generation anpflanzen, wie unsere Großeltern. Die Bäume können 70, 80 Jahre alt werden. Das wird noch wichtig werden, weil niemand weiß, wie die gezüchteten Äpfel den Klimawandel aushalten.“