Windeck – Wenn es einmal ein Label für Verpackungen geben sollte, die regenerativ hergestellt werden, Hubert von Carnap in Mauel würde es bekommen. Die Firma produziert schon jetzt große Teile des Stroms, den sie verbraucht, selbst. Mit dem Windecker Haustechniker Metternich macht sie sich jetzt auf den Weg, komplett aufs Öl zu verzichten.
Dabei soll die Abwärme der Maschinen genutzt und ein Eis-Energiespeicher eingesetzt werden, der in Kombination mit Wärmepumpen im Winter heizt und im Sommer kühlt. Wärme aus dem Herbst wird für die Heizperiode eingelagert, um Wärmepumpen zum Heizen mit einer möglichst hohen Quellentemperatur zu versorgen. Im Frühjahr wird im Eis Kälte für den Sommer eingelagert.
Die 2019 installierte Photovoltaik-Anlage sei auf den damaligen Stromverbrauch ausgerichtet gewesen, berichtet Carnap-Vertriebschef und Qualitätsbeauftragter Martin Trojca. 2020 wurde nach einem Brand an der alten eine neue Druckmaschine angeschafft.
Die arbeite wesentlich energieeffizienter, verarbeite aber mit bis zu 200 Tonnen Pappe mehr als die Vorgängerin und verbrauche damit auch mehr Strom. Drei neue Kompressoren liefern den Druck für die Maschinen. Wegen des Brandes aufgeschoben, soll im September eine neue Klebemaschine kommen.
Die rasanten Veränderungen auf dem Energiemarkt zeigen auch in Mauel Wirkung: „Es ist schon besser, sich jetzt Gedanken zu machen“, erklärt Trojca und weiß sich damit einig mit der neuen Eigentümergeneration. Die trage die anstehenden Investitionen voll mit.
Dazu gehört auch eine neue Lagerhalle, die für 2023 westlich der bestehenden Gebäude im Gespräch ist. Auf dem Dach soll die Photovoltaik-Anlage erweitert werden, im Keller ein Eis-Energiespeicher Platz finden.
Speicher nutzt die Abwärme der Maschinen
Den Kontakt zum Rosbacher Haustechniker Metternich knüpfte Hubert von Carnap bei einem Unternehmerfrühstück der Gemeinde Windeck. „Wir sind immer daran interessiert, mit örtlichen Firmen zusammen zu arbeiten“, erklärt Trojca. Die Idee sei gewesen, die Abwärme der Maschinen zu nutzen. Die werde zwar schon jetzt zum Heizen der Hallen eingesetzt. Aber noch werde zu viel in die Luft geblasen.
Das Prinzip, das der technische Geschäftsführer Frank Euteneuer und sein kaufmännischer Kollege Mathias Hahn von Metternich in Mauel anwenden wollen, ist im Grunde uralt. Natürliche Eisblöcke wurden früher nicht nur an der Sieg im Winter geschnitten und in Eishäusern bis in den Sommer hinein zum Kühlen eingesetzt.
150-jährige Firmengeschichte
Kölnerinnen führen Unternehmen in fünfter Generation
Hubert von Carnap blickt auf 150 Jahre zurück. Ursprünglich in Köln, werden seit 1972 an der Preschlin-Allee in Mauel Kartonagen produziert, die in jedem Supermarktregal zu finden sind. 52 Mitarbeitende erwirtschafteten 2021 rund acht Millionen Euro Umsatz. „Mit der Erhöhung der Produktivität sowie dem immensen Kostendruck, den wir weitergeben mussten, steuern wir auf ein achtstelliges Ergebnis hinzu“, sagt Vertriebschef und Qualitätsbeauftragter Martin Trojca.
Die Kölner Schwestern Susanne Nordberg und Katharina Steffens führen als Gesellschafter die Firma in fünfter Generation. Sie hatten sich bei einer coronabedingt nachgeholten Jubiläumsfeier in Windeck-Mauel 2021 klar zum Unternehmen und damit auch zum Standort bekannt. Belegt werde das nicht zuletzt durch enorme Investitionen der Eigentümerfamilien in Technik und regenerative Energien, unterstreicht Trojca. (sp)
Systemrelevanter Betrieb
Neben Verpackungen für die Automobil− und Werkzeugindustrieindustrie, den Fliesenhandel und die Sprengstoffbranche macht die Produktion von Verpackungen für die Pharmaindustrie und den Lebensmittelhandel „60 Prozent und mehr“ aus. Trojca: „Damit wurden wir schon in der Vergangenheit als Systemrelevant eingestuft.“ Das könnte in den kommenden Wochen wieder wichtig werden. Zulieferer haben angesichts der Gas-Krise angekündigt, womöglich weniger Kartonagen liefern zu können. Trojca wünscht sich, dass dann die Politik entscheidet, wer was bekommt. (sp)
Moderne Technik macht es heute möglich, mit Wärmepumpen beim Erzeugen von Wärme während des Winters im Speicher Eis zu erzeugen, das ab März bis in den Juli hilft, Räume und Maschinen zu kühlen. Im Sommer wiederum wird Wärme für den Winter gespeichert.
„Wir setzen ein Kilowatt Strom ein, um vier Kilowatt Wärme aus Erde, Luft oder wie hier der Abwärme der Maschinen einzusammeln und am Ende fünf Kilowatt an Wärme zu erzeugen“, erklärt Euteneuer. Wenn dann auch der Strom regenerativ erzeugt werde, sei der grüne Fußabdruck perfekt, ist er sicher. Bei Gas und Öl betrage das Verhältnis 1:1 abzüglich der Abgasverluste statt 1:5 bis 1:6,5 – ohne Abgase.
Die Technologie sei vor fast 20 Jahren von Isocal am Bodensee entwickelt worden. Inzwischen habe der bekannte Hersteller Vissmann den Entwickler übernommen, berichtet Hahn. Metternich sei seit mehr als einem Jahrzehnt damit vertraut. „Wir haben die Technik von der ersten Stunde an mit getragen“, sagt Euteneuer.
Auch Rathaus Lindlar hat Eissspeicher
Mehr als 400 Eisspeicher habe sein Betrieb bereits installiert, darunter große, wie am Köln-Bonner Flughafen, am Fraunhofer Institut in Kassel, dem Rathaus Lindlar oder dem Logistikzentrum am Hamburger Hafen, außerdem an Einfamilienhäusern. Derzeit fördere der Staat einen solchen Ersatz für Öl- und Gasheizungen, der immerhin auf 75.000 bis 80.000 Euro veranschlagt wird, mit bis zu 60 Prozent. Bei Hubert von Carnap wird ein System mit 200 Kilowatt Leistung für fast eine Million Euro installiert.
„Angesichts steigender Temperaturen wird insbesondere im Sommer der Faktor Kühlung immer wichtiger“, betont der Techniker. Gerade werde im benachbarten Oberbergischen in einem Senioren- und Pflegeheim eine Anlage umgerüstet. Dort sei die Kühlung lebenswichtig.