AboAbonnieren

NachbarschaftsstreitGericht ordnet Baumfällung an – Gemeinde Eitorf sagt Nein

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau steht vor Bäumen

Ute Markwald und ihr Mann Michael kämpfen um den Erhalt der Bäume auf ihrem Eitorfer Grundstück.

Die Eitorfer Baumschutzsatzung rettet einen grünen Riesen, eine 80 Jahre alte Rosskastanie – trotz gerichtlich angeordneter Fällung.

Der Krach der aufs Dach fallenden Kastanien war sozusagen der Startschuss für einen Nachbarschaftsstreit. 2018 habe sich der Besitzer des Hauses nebenan über Äste des Baums, die auf sein Grundstück ragen, beschwert. Das „plock, plock“ der Kastanien „störe ihn beim Fernsehen“, habe er gesagt, schildert Ute Markwald. Der Baum sollte weg, und mit ihm weitere.

Nun gibt es ein abschließendes Gerichtsurteil. Doch die Gemeinde verhindert die angeordnete Fällung zumindest eines grünen Riesen. Denn die Eitorfer Baumschutzsatzung verbietet das Entfernen von Laubbäumen und Eiben mit einem Stammumfang von mehr als einem Meter in einem Meter Höhe über dem Erdboden. Da liegt die rund 80 Jahre alte Rosskastanie locker drüber.

Baumbesitzer müssen vor einer Fällung zwingend einen Antrag bei der Kommune stellen, ein Artenschutzbeauftragter muss sich ein Bild vor Ort machen und angehört werden. Bereits nach dem ersten Urteil des Landgerichts Bonn 2020, das dem Nachbarn Recht gab und das Entfernen des Baums anordnete, hatte die Gemeinde Eitorf dem Fällungsantrag nicht stattgegeben.

Nachbar wollte weitere, gesunde Bäume entfernen lassen

Der Nachbar hatte Sicherheitsgründe geltend gemacht, schon bei der Verhandlung vor dem Schiedsmann 2018. Nicht nur die Kastanie war ihm ein Dorn im Auge, sondern auch eine Eiche, mehrere junge Laubbäume, Douglasien und eine Fichte. Für die naturverbundenen Markwalds, die 1999 das Haus mit dem großen Grundstück kauften, „ein Eingriff in ein stabiles Ökosystem“. Auch bescheinige eine Fachfirma Stabilität, ökologische und statische Bedeutung für den Hang.

Zumindest erzielten sie einen Teilsieg: Trotz Überhangs über den Grenzzaun müssen eine Eiche und eine Birke weder entfernt noch beschnitten werden. Das kürzlich gesprochene Urteil des Oberlandesgerichts Köln lasse sie indes ratlos zurück, sagt die Eitorferin: „Wir fragen uns, wie ein Gericht ohne Rücksicht auf Aspekte wie Klima- und Artenschutz, Waldsterben und Biodiversität urteilen kann.“

Die Bäume tragen zu einem gesunden Mikroklima über die Grundstücksgrenze hinaus bei
Ute Markwald kämpft in einem Nachbarschaftsstreit um grüne Riesen an ihrem Eitorfer Wohnhaus

Die Bäume seien nicht nur ein Refugium für unzählige Tiere, „sie binden Kohlenstoff, verbessern so die CO₂-Bilanz und tragen zu einem gesunden Mikroklima über die Grundstückgrenze hinaus bei“. Das Paar lässt regelmäßig den Bestand kontrollieren und pflegen.

Ein Gutachten aus dem Spätsommer 2023 bezeugte die Vitalität fast aller Bäume. Lediglich eine 90-jährige Fichte müsse entfernt werden. Die gesunden, bis zu 30 Meter hohen Douglasien, die doch laut Gutachten den Hang vor Erosion sicherten, seien nach dem Urteil wohl auch nicht mehr zu retten, bedauert Ute Markwald. Nadelbäume fallen nicht unter die Baumschutzsatzung.

Während des Gerichtsverfahrens fällte eine Windhose in Eitorf Bäume

Unglücklicherweise habe es während des laufenden Rechtsstreits einen starken Sturm gegeben, eine Windhose ließ etliche Bäume in der Gegend umstürzen, einer von oberhalb fiel auf ihr Grundstück, eine von Markwalds Douglasien auf das Haus des Nachbarn unterhalb, dessen Dachfirst beschädigt wurde. Das habe das Urteil zu ihren Ungunsten ausfallen lassen, schätzt die Naturschützerin.

Um ihre Bäume zu retten, wollten Markwalds sogar das angrenzende Grundstück kaufen, doch man habe sich nicht einigen können. Der Nachbar ist zwischenzeitlich weggezogen, er hat das Haus vermietet.

Das Paar ist glücklich, dass die Gemeinde Eitorf bei ihrer Linie geblieben ist. Nach der mündlichen Zusage und der Nachfrage der Redaktion flatterte nun die schriftliche Zusicherung ins Haus. Der grüne Riese dürfe stehen bleiben, teilte der Umweltbeauftragte Thorsten Florin-Bisschopinck mit, „der beantragten Fällgenehmigung wird die Zustimmung verweigert“. Lediglich die Krone müsse fachgerecht zurückgeschnitten und gesichert werden, ohne dass die Standsicherheit gefährdet werde.