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Analyse des Pestel-InstitutsIm Rhein-Sieg-Kreis fehlen 7080 Wohnungen

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Symbolbild Wohnungsbau

Symbolbild Wohnungsbau

Um den Bedarf zu decken, müssten bis 2028 jährlich 3300 Wohnungen gebaut werden, sagen die Experten.

In der Region fehlt Wohnraum, und zwar massiv. Jährlich müssten bis zum Jahr 2028 rund 3300 Wohnungen gebaut werden, um dem Bedarf gerecht zu werden, informiert das Pestel-Institut, das sich der Forschung regionaler Wohnungsmärkte verschrieben hat. Diese Wohnungsbau-Prognose für die kommenden vier Jahre hat das Institut in einer aktuellen Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt in der Region ermittelt.

Der Neubau sei notwendig, um das bestehende Defizit abzubauen, es fehlten im Rhein-Sieg-Kreis aktuell rund 7080 Wohnungen. Aber auch, um abgewohnte Wohnungen in alten Häusern nach und nach zu ersetzen. „Hier geht es insbesondere um Nachkriegsbauten, bei denen sich eine Sanierung nicht mehr lohnt“, sagt Matthias Günther vom Pestel-Institut. Dabei stehe im Kreisgebiet derzeit mit 7400 ungenutzten Wohnungen sogar mehr Wohnraum frei, als gebraucht werde, das habe der aktuelle Zensus ergeben.

Im Rhein-Sieg-Kreis stehen 3720 Wohnungen schon lange leer

Der Leerstand macht 2,6 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes im Kreis aus. Ein Großteil davon – nämlich rund 3720 Wohnungen – stehe jedoch schon seit einem Jahr oder länger leer. „Das sind immerhin rund 50 Prozent vom Leerstand. Dabei geht es allerdings oft um Wohnungen, die auch keiner mehr bewohnen kann. Sie müssten vorher komplett – also aufwendig und damit teuer – saniert werden“, sagt Günther.

Nur selten gelinge es, Wohnungen, die lange leer stehen, wieder auf den Markt zu bringen. Nach Beobachtungen des Instituts halten sich viele Hauseigentümer mit einer Sanierung zurück: „In ihren Augen ist eine Sanierung oft auch ein Wagnis. Sie wissen nicht, welche Vorschriften – zum Beispiel bei Klimaschutz-Auflagen – wann kommen“, erläutert Günther. So habe das umstrittene Heizungsgesetz Hauseigentümer verunsichert, kritisiert der Leiter des Pestel-Instituts. Die Politik müsse da verlässlicher sein.

Oft fehle aber auch einfach das nötige Geld für eine Sanierung oder es gebe Erbstreitigkeiten um das Objekt und die Frage, ob es vermietet werden solle. Hauseigentümer scheuten sich auch, sich einen Mieter ins eigene Haus zu holen, mit dem sie sich am Ende vielleicht nicht verstehen, sagt Matthias Günther. Für ihn steht deshalb fest: „Am Neubau von Wohnungen führt daher auch im Rhein-Sieg-Kreis kein Weg vorbei.“

Kreisverwaltung erteilte weniger Baugenehmigungen für neue Wohnungen als 2023

Zumal ein gewisser Wohnungsleerstand immer auch notwendig sei: „Rund drei Prozent aller Wohnungen, in die sofort jemand einziehen kann, sollten frei sein“, erläutert Günther. Diese würden als „Puffer“ gebraucht, damit zum Beispiel Umzüge reibungslos laufen könnten und um nötige Sanierungen überhaupt durchführen zu können. Daher sei es eine „Milchmädchenrechnung“, die leerstehenden Wohnungen gegen den aktuellen Bedarf an Wohnungen gegenzurechnen. „Das funktioniert so nicht“, sagt Katharina Metzger, Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB), in dessen Auftrag das Pestel-Institut die Regional-Analyse zum Wohnungsmarkt durchführte.

Gehe es ums Bauen müsse man im Rhein-Sieg-Kreis jedoch dicke Bretter bohren, so die Verbandschefin. Um voranzukommen, fordert Metzger, die Baustandards zu senken. Bei Normen und Auflagen müssten abgespeckt werden – im Bund, bei den Ländern und Kommunen. Matthias Günther erwartet jedoch, dass das Baupensum zurückgeht und spricht von einem „lahmenden Wohnungsneubau, dem mehr und mehr die Luft ausgeht“.

So gab es in den ersten fünf Monaten dieses Jahres nach Angaben des Pestel-Instituts im gesamten Rhein-Sieg-Kreis lediglich für 683 neue Wohnungen eine Baugenehmigung. Zum Vergleich: 2023 waren es im gleichen Zeitraum immerhin noch 790 Baugenehmigungen. „Damit ist die Bereitschaft, im Rhein-Sieg-Kreis neuen Wohnraum zu schaffen, innerhalb von nur einem Jahr um 14 Prozent zurückgegangen“, sagt Matthias Günther.