Gut an der OstseeGraf Nesselrode und sein Team sind „Ostsee-Landwirt 2021“
Ruppichteroth/Dassow – Mit seiner Auffassung von Nachhaltigkeit kann Maximilian Graf Nesselrode offenbar überzeugen. Und das nicht nur rund um Herrnstein, wo der 41-Jährige am Stammsitz seiner Familie ein Forstunternehmen führt und in der Branche alternativer Energien aktiv ist. Er kann damit auch im Norden punkten, genauer gesagt in Mecklenburg-Vorpommern.
Dort betreibt von Nesselrode zwischen Lübeck und Wismar neben der Forst- auch Landwirtschaft. Im Jahr 2001 konnte sein Vater, Adolf Graf Nesselrode, unweit der Ostsee das Gut Groß Voigtshagen erwerben.
Der Agrarbetrieb macht jetzt im Norden Schlagzeilen: Die Naturschutz-Organisation WWF kürte ihn zum nationalen Sieger im Wettbewerb um den „Ostsee-Landwirt 2021“. Das Team um Betriebsleiter Axel Böttcher setzte sich gegen fünf Bewerber aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern durch.
Tausende Tonnen Stickstoff und Phosphat gelangen über die Äcker in die Ostsee
Auch Landwirte aus Dänemark, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen, Russland, Schweden, Weißrussland und der Ukraine beteiligen sich an dem Wettbewerb, den die international agierende Umweltschutzorganisation mit den Bauernverbänden mehrerer Länder, dem Baltischen Farmer-Forum für Umweltschutz (BFFE) und dem schwedischen Kreditinstitut Swedbank auslobt. Mit dem Baltic Sea Farmer Award will der WWF Bauern in den Ostsee-Anrainer-Staaten motivieren, mehr für den Meeresschutz zu tun. Denn die Ostsee ist immer noch stark mit Nährstoffen belastet, etwa die Hälfte davon stammt aus der Landwirtschaft.
„Rund 820.000 Tonnen Stickstoff und fast 31.000 Tonnen Phosphat gelangen pro Jahr in die Ostsee“, sagt WWF-Agrarreferent Michael Berger. Da Nährstoffe das Algenwachstum fördern, entstehen am Meeresboden sauerstofffreie, tote Zonen. Zwar geht der Eintrag von Nährstoffen seit Jahren zurück. „Doch bei diesen Mengen kann sich die Ostsee noch nicht nachhaltig erholen“, meint Berger.
Stammsitz ist Burg Herrnstein
Stammsitz der Nesselrodeschen Verwaltung ist die Burg Herrnstein an der Bundesstraße 478 in Ruppichteroth.
Der Betrieb von Maximilian Graf Nesselrode gehört mit rund 3000 Hektar Wald vom Bröltal bis zur Sieg zu den größten privaten der Region. Er hat rund 13 Mitarbeitende.
Vor dem Borkenkäferbefall standen auf 60 Prozent der Fläche Laub-Mischwald und auf 40 Prozent Nadel-Mischwald. Aufgeforstet wird jetzt mit Laubmischwald. (sp)
Eigentümer Maximilian Graf Nesselrode mischt sich in die operative Landwirtschaft seines Gutes nicht ein, wohl aber in die strategische Ausrichtung. „In der 20. Generation betreibt unsere Familie Forstwirtschaft. Die Nachhaltigkeit liegt uns schon in den Genen“, beschreibt er sein Credo. Als Christ sei es ihm wichtig, „die Schöpfung zu bewahren, um die uns anvertrauten Ressourcen unseren Kindern und Enkelkindern in einem guten Zustand über geben zu können“.
Betrieb nutzt für Düngung digitale Technik
Die Synergie zwischen forstlichem Denken und landwirtschaftlicher Nutzung herzustellen, dafür seien große Anstrengungen und „viel Gehirnschmalz“ nötig gewesen. Für einen konventionell arbeitenden Agrarbetrieb, der nur sieben Kilometer von der Ostsee entfernt rund 800 Hektar Acker und 287 Hektar Wald bewirtschaftet, ist vor allem das Stickstoffmanagement eine Herausforderung. „Wird zu wenig gedüngt, fehlen den Pflanzen Nährstoffe“, betont Betriebsleiter Böttcher.
Wird jedoch mehr gedüngt, als Raps, Getreide oder Mais aufnehmen, wird der Überschuss weggespült – ins Grundwasser oder ins Meer. Gut Voigtshagen arbeitet deshalb mit satellitenbasierten Biomassekarten.
„Wie der Betrieb für den Stickstoffeinsatz digitale Präzisionstechnik nutzt, das ist wirklich vorbildlich“, urteilt Umweltschützer Berger. Doch auch andere Faktoren bewerteten die Jurymitglieder positiv, beispielsweise die 20 Meter breiten Gewässerrandstreifen, die großzügigen Blühflächen für Insekten, die erweiterte Fruchtfolge und die Bemühungen um den Humusaufbau.
World Wide Fund For Nature
Der WWF (World Wide Fund For Nature) ist eine 1961 gegründete, weltweit agierende Naturschutzstiftung mit Hauptsitz in der Schweiz. International ist der WWF für seine Initiativen gegen Plastikmüll in den Ozeanen und zur Rettung bedrohter Arten wie des Amur-Tigers oder des Spitzmaulnashorns in Südafrika bekannt.
In Deutschland ist der WWF beispielsweise im Gewässerschutz und in der Landwirtschaft aktiv. So setzt sich das Ostseebüro in Stralsund für die Rückkehr der Kegelrobben und die Bergung von Geisternetzen ein.
Der Wettbewerb „Ostseelandwirt des Jahres“ soll Bauern motivieren, mit innovativen Methoden den Eintrag von Nährstoffen ins Meer zu reduzieren.
In der sechsköpfigen Jury sitzen Umweltschützer, Vertreter aus Wissenschaft und Ökobranche sowie des Deutschen Bauernverbandes. Der Nationale Sieger erhält 1000 Euro, auf internationaler Ebene winken 10.000 Euro. (ee)
Die Auszeichnung mit dem WWF-Preis macht Maximilian Graf Nesselrode stolz. „Ich bin dankbar, dass es uns gelungen ist, unser Wirtschaften in Groß Voigtshagen auf Nachhaltigkeit auszurichten“, sagt der Waldbesitzer und Jurist, der auch eine Ausbildung zum Landwirt absolvierte. Besonders freut ihn, dass es sich um den Preis einer Umweltstiftung handelt.
„Der Preis soll nicht polarisieren, sondern Menschen zusammenführen. Wir sitzen alle in einem Boot, müssen einander zuhören und gemeinsam nach den besten Lösungen für die Zukunft suchen.“
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Als nationale Sieger des Wettbewerbs dürfen Maximilian Graf Nesselrode und sein Betriebsleiter Axel Böttcher Deutschland beim internationalen Ausscheid der Teilnehmerländer vertreten. „Ende Oktober fahren wir nach Dänemark“, kündigt der Gutseigentümer erfreut an. Zunächst aber fährt er am heutigen Dienstag erst einmal nach Mecklenburg, um den Mitarbeitern seines Betriebes zur Preisverleihung zu gratulieren.