Ruppichteroth – „Gebt uns mehr Finanzen und mehr Vertrauen!“ Einen flammenden Appell richtete Bürgermeister Mario Loskill in seiner Haushaltsrede im Gemeinderat an Bund und Land. Als strukturschwache Gemeinde sei Ruppichteroth nach wie vor auf Hilfe von außen angewiesen. Aber die ist gebunden an zahlreiche Förderprogramme. Ihre Bearbeitung ist aufwendig und kostet die Gemeindeverwaltung viel Zeit bei angespannter Personalsituation. Und Personal, so sieht es der Haushalt vor, soll weiter eingespart werden.
Loskill wünscht sich mehr Gestaltungsspielraum, zum Beispiel bei den Großprojekten, die die Gemeinde „trotz der prekären Lage“ in den nächsten Jahren zu stemmen hat: die Sanierungen der Bröltalhalle und der Hauptstraße in Winterscheid sowie die Digitalisierung in Schulen und Verwaltung. Nur wenig Spielraum lässt allerdings der Doppelhaushalt 2021/22 bei verschlechterten Bedingungen durch die Corona-Pandemie.
Teure Straßensanierungen in Ruppichteroth
Die Mehrzahl der Gemeindeaufgaben und -ausgaben ist ohnehin gesetzlich vorgegeben, beispielsweise die Umlage an den Kreis, die pro Jahr 4,2 Millionen Euro beträgt. Sie muss deutlich sinken, forderte Dirk Düster für die SPD.
Kostspielig ist auch der Erhalt der Verkehrsinfrastruktur. Das sei „das Schicksal einer Flächenkommune“, so Mario Loskill. Allein für die notwendige Straßensanierung bei Herrenbröl sind 450.000 Euro im Haushalt veranschlagt. Die CDU regte an, „günstigere Alternativen“ zu betrachten und bestand auf einem Sperrvermerk. Einen solchen trägt auch die Summe von 40.000 Euro, die für das Gelände rund um den Weiher in Winterscheid zur Verfügung gestellt wird – ein Antrag, den der dortige Bürgerverein gestellt hatte (siehe Infokasten).
Der Winterscheider Dorfweiher
Der Heimatverein Winterscheid hat beantragt, das Gelände um den Dorfweiher zu sanieren, und zwar gleichzeitig mit der Renovierung der Hauptstraße. Der östliche Teil der Fläche rund um diesen beliebten Treffpunkt sei nach Regenfällen häufig aufgeweicht und außerdem wegen seiner Eingrenzung durch Natursteine für Rollstuhlfahrer nicht zugänglich. Durch Drainage und Niveau-Angleichung sollen diese Missstände behoben werden.
Das Areal auf der westlichen Seite des Weihers wird für den beliebten Feierabendmarkt genutzt. Weil die Fahrzeuge der Händler den Boden stark belasten, soll die Fläche befestigt werden; geplant ist ein Schotterrasen. Auch sorgt sich der Bürgerverein um die alten Linden, die bei den Bauarbeiten an der Hauptstraße beschädigt werden könnten. Stelle sich das als unvermeidlich heraus, solle Geld für Ersatzpflanzungen eingeplant werden. (as)
Gegen Null tendieren dagegen seit Jahren die freiwilligen Leistungen für Kultur und Sport. Und trotz dieses harten Sparkurses schmilzt die Eigenkapital-Ausstattung der Gemeinde weiter. Der gesetzlich vorgeschriebene Haushaltsausgleich im Jahr 2023 könne nur durch Steuererhöhungen gelingen, hat Kämmerer Klaus Müller errechnet. Für 2021/22 werden den Bürgern keine (Grundsteuer A, Gewerbesteuer) oder allenfalls moderate Steuererhöhungen zugemutet: So steigt die Grundsteuer B zunächst von 555 auf 570 v.H. Doch im Jahr 2023 sollen Grundstücksbesitzer mit einer Erhöhung auf 745 Prozentpunkte zur Kasse gebeten werden. Dazu stellte Rita Winkler von der CDU fest, dass Ruppichteroth mit Blick auf die Nachbarkommunen „am unteren Ende“ liege.
Für Bündnis 90/Die Grünen lehnte Holger Zacharias die Erhöhung ab; sie treffe „diejenigen, die sich nicht wehren können“. Auch Alexander Herking (FDP) sprach sich gegen diese „dramatische Steigerung“ aus.
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Trotz der angespannten Lage setzt die Politik im Haushalt Akzente: 30.000 Euro sind veranschlagt, um die Gründung einer Tochtergesellschaft zur Gemeindeentwicklung voranzutreiben. Die Linke sieht eine Verlagerung von kommunalen Aufgaben kritisch, damit seien die Gefahr von Intransparenz und finanzielle Risiken verbunden, sagte Frank Kemper, der gegen den Haushaltsplan votierte.
Verabschiedet wurde der Doppelhaushalt mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP. Die Grünen, die den Entwurf als ein „einziges Hoffen und Bangen“ bezeichneten, enthielten sich: Der Haushalt berge kaum kalkulierbare Risiken wie Tarifsteigerungen und Zinserhöhungen, so Zacharias. Und in der interkommunalen Zusammenarbeit müsse deutlich mehr passieren. Das sahen mit Blick auf den Bauhof auch SPD und FDP so; bei der Mehrheitsfraktion CDU bissen sie damit allerdings weiter auf Granit.