ProzessPolizeieinsatz eskaliert bei Rosenmontagszug in Much – Zwei Dachdecker vor Gericht

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Rosenmontagszug in der Hauptstraße in Much

Ein Polizeieinsatz beim Karnevalszug in Much hatte Folgen: Zwei Männer waren wegen Gefangenenbefreiung angeklagt. (Archivbild)

Wegen Gefangenenbefreiung standen zwei Freunde vor dem Amtsgericht. Ein Polizeieinsatz beim Karnevalszug in Much war eskaliert.

Die Anklage wog schwer: Wegen versuchter Gefangenenbefreiung und Widerstand gegen die Staatsgewalt am Rande des Rosenmontagszugs in Much 2023 mussten sich zwei Freunde vor dem Amtsgericht Siegburg verantworten. Doch die Beweisaufnahme ergab ein anderes Bild. 

Zu Wort kamen an den zwei Verhandlungstagen zahlreiche Zeugen, die beteiligten Polizisten schilderten, dass sie einen Randalierer am Boden fixieren mussten. Der Mann habe sich fortgesetzt gewehrt, um sich geschlagen und getreten und so massiv seinen Hinterkopf auf den Boden geschlagen, dass er blutete. In dieser Situation kamen Personen hinzu, einer, ein 40-jähriger Dachdecker, gab vor, dem Mann helfen zu wollen.

Die Polizeibeamten in Much fühlten sich bevormundet und bedrängt

Er habe sie aufgefordert, den am Boden Liegenden doch aufzusetzen und ihn loszulassen, so die Polizisten im Zeugenstand. Die Beamten fühlten sich bevormundet und bedrängt. Er habe nur Sorge gehabt, dass der lediglich mit einem T-Shirt Bekleidete unterkühle und sogar seine Jacke zum Drunterlegen angeboten, sagte der 40-Jährige.   

Die Angeklagten hätten sich nicht entfernt und ihre Arbeit gestört, schilderten die Einsatzkräfte. Ein Beamter drängte den 43-Jährigen weg, doch dieser reagierte mit einem Abwehrschubser, ohne zu sehen, wen er damit traf, „hätte ich gewusst, dass das ein Polizist war, hätte ich das nicht gemacht“, räumte er ein.

Der Pfeffersprayeinsatz in Much soll nicht angekündigt gewesen sein

Daraufhin versprühte der Beamte Pfefferspray, laut Aussage der meisten Zeugen ohne Ankündigung. Der ältere Angeklagte fühlt sich als komplett unschuldiges Opfer: „Ich habe nichts getan, wollte nur meinen Freund wegziehen, um die Situation zu beruhigen.“

Das Angebot der Staatsanwaltschaft, das Verfahren gegen ihn gegen Zahlung einer Geldbuße von 350 Euro einzustellen, wies der Baumaschinenführer und alleinerziehender Vater einer Tochter empört zurück, ließ sich auch von seiner Anwältin nicht zu dem Kompromiss überreden.

Mein Mandant fühlt sich ungerecht behandelt
Die Strafverteidigerin erklärte, warum der Angeklagte die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage ablehnt

„Mein Mandant fühlt sich ungerecht behandelt“, erklärte seine Strafverteidigerin. Der jüngere Angeklagte, ein arbeitsloser Dachdecker, hätte nach diesem Vorschlag 250 Euro zahlen sollen und reagierte ebenfalls mit Unverständnis: „Ich wollte nur helfen.“

Der Staatsanwalt baute den beiden eine weitere Brücke: Er sei angetreten, um Kriminalität zu bekämpfen, und müsse sicher gehen, dass sie sich künftig in ähnlichen Situation nicht mehr einmischten, die Polizei nicht störten und Abstand hielten. Die Freunde schüttelten energisch die Köpfe: „Auf gar keinen Fall, im Leben nicht“, sprachen sie durcheinander.

Richter Ulrich Prümper, der weder eine Gefangenenbefreiung sah noch eine ernsthafte Widerstandshandlung, stellte das Verfahren ohne Geldauflagen ein. Die Kosten und die Auslagen der Angeklagten trägt die Landeskasse.

Die Freunde müssen bald noch einmal vor Gericht erscheinen: als Zeugen in dem Fall des Randalierers. Sie hatten direkt nach dem Vorfall ihrerseits die Polizei alarmiert und die Beamten wegen des Pfeffersprayeinsatzes angezeigt. Das Verfahren war bereits von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden, die Verteidigerin legte dagegen Beschwerde ein, ob es zur Anklage kommt, ist offen.

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