Prozess in SiegburgVorsitzender  veruntreut Vereinsgelder und zahlt Hotelrechnung nicht

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Amtsgericht Siegburg

Vor dem Amtsgericht Siegburg musste sich ein Troisdorfer wegen Betrugs und Untreue verantworten.

Ein Troisdorfer  hat Geld einer Bürgerinitiative für sich abgezweigt und in Hotels offene Rechnungen hinterlassen. Er stand jetzt vor Gericht.

Hat sich der Vorsitzende des Troisdorfer Bürgerforums selbst bedient vom Vereinskonto? Das sieht das Siegburger Schöffengericht als erwiesen an. Es verurteilte den Rentner wegen Untreue und Betrugs.

Er habe seine Bürgerinitiative nicht betrügen wollen, beteuerte der Angeklagte. Man könne ihm höchstens eine gewisse Schlampigkeit vorwerfen, das Geld vom Vereinskonto habe er für Kopien verwendet und finde leider die Quittungen nicht mehr. Der offene Betrag beläuft sich auf knapp 2000 Euro.

Gutgläubige Mitstreiterin übergab ihm 5400 Euro

Zudem erschwindelte er unter Vortäuschung falscher Tatsachen von einer Mitstreiterin 5400 Euro, so das Gericht. Die Lehrerin im Ruhestand hatte ihm zunächst 3200 Euro in fünf Teilbeträgen in bar übergeben, die Summe sollte angeblich als Einlage für die formelle Gründung eines Vereins dienen. Er quittierte der Frau zwar den Erhalt, der Verbleib des Geldes ist aber unklar. Das trifft auch auf die 2200 Euro zu, die sie ihm nach Vereinsgründung als Spende übergab. 

Das Schöffengericht verurteilte den gelernten Kaufmann auch wegen Einmietbetrugs. Er logierte neun Monate in Hotels und bezahlte nur einen Teil der Rechnungen.

Den Schaden von 10.700 Euro muss der Troisdorfer wiedergutmachen

Der Schaden beläuft sich auf insgesamt 10.700 Euro. Den muss er laut Urteil wiedergutmachen. Ob indes Geld zu holen ist bei dem Mann, der eine Mini-Rente von 600 Euro und somit unterhalb der Pfändungsgrenze bezieht, sei fraglich, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Wilbrand.

Zur Anzeige gebracht hatten den Fall mehrere Vorstandsmitglieder. Sie hatten bei Nachforschungen entdeckt, dass der Angeklagte von November 2020 bis April 2021 insgesamt 2555 Euro vom Vereinskonto abgehoben hat. Als Vorsitzender hatte er zwar Zugriff, das in der Satzung verankerte Vier-Augen-Prinzip wurde dabei aber verletzt. Nach seiner Aussage bezahlte er damit Fotokopien, belegt sind durch Quittungen aber nur knapp 600 Euro.

Neun Monate lang logierte der Angeklagte in Hotels - und blieb Tausende Euro schuldig

Die Initiative habe regelmäßig Hunderte Flugblätter verteilt, schilderte der Angeklagte. Man habe sich für Bürgerbelange stark gemacht, auch Säle angemietet für Bürgerversammlungen. „Wir wollten an der Kommunalwahl teilnehmen.“  

In dieser Zeit habe sich seine persönliche, ohnehin prekäre Lage allerdings zugespitzt. Er habe aus seiner Wohnung ausziehen müssen, da das Haus ein Schwarzbau gewesen sei, erzählte der Senior. In die Obdachlosenunterkunft wollte er nicht. Er kroch zunächst bei Verwandten und Bekannten unter, logierte dann neun Monate lang, von Mitte Oktober 2021 bis Mitte Juni 2022, in diversen Hotels - allerdings zahlte er nur einen Teil der Rechnungen.

Als selbsternannter Volksvertreter müssen Sie ein Vorbild sein. Sie wollten Mandatsträger werden, da muss man sich penibel an die Regeln halten
Ulrich Wilbrand, Vorsitzender Richter des Siegburger Schöffengerichts

Er habe gehofft, das Geld doch noch zusammenkratzen zu können - doch wollte ihm diese Summen offenbar niemand mehr leihen. So blieben die Hotels auf den Rechnungen sitzen, einmal rund 1000 Euro, einmal knapp 2000. In dem dritten Hotel, wo er sogar 5300 Euro schuldig blieb, war zwischenzeitlich ein Schreiben des Bürgerforums eingegangen, in dem die baldige Begleichung versprochen wurde. Das hatte er selbst unterzeichnet.

Nur die letzte, große Summe ahndete das Schöffengericht strafrechtlich als Betrug, in den anderen Fällen handele es sich um die Erregung eines Irrtums, erläuterte der Richter, da der Hotelkunde ja anfangs gezahlt habe. Die Häuser müssen ihre Forderung zivilrechtlich einklagen. 

Die politischen Aktivitäten des Angeklagten führten die Justiz auf seine Spur

Der ursprünglich in der Anklage aufgeführte Schaden von knapp 14.500 Euro verringerte sich daher. Auch die knapp 2000 Euro, die er vom Vereinskonto für eigene Zwecke abhob, muss der Senior nicht zurückzahlen. Es gibt kein Konto mehr, der Verein wurde zwischenzeitlich aufgelöst. Die Bürgerinitiative arbeite aber weiter, versicherte der Angeklagte.

Er beschäftigt seit Jahren die Kommunalpolitik und die Troisdorfer Stadtverwaltung mit seinen massenhaften Anträgen, die von den gewählten Volksvertretern und Behörden häufig als unangemessen, ja sinnlos kritisiert wurden. Durch seine politischen Aktivitäten kam die Justiz überhaupt wieder auf seine Spur, erklärte der Vorsitzende Richter; da der Senior zwischenzeitlich keine Meldeadresse hatte, ruhte das Verfahren längere Zeit. 

Das Schöffengericht verurteilte den bislang nicht Vorbestraften (ein altes Urteil wegen Betrugs und Urkundenfälschung ist verjährt) wegen Untreue und Betrugs zu einer Bewährungsstrafe von elf Monaten. Er bekommt einen Bewährungshelfer und muss die Kosten des Verfahrens und für seinen Pflichtverteidiger tragen. Ein Betrag von 10.700 Euro unterlegt dem sogenannten Wertersatz, die Staatsanwaltschaft treibt die Summe für die Geschädigten ein - wenn denn etwas zu holen ist.

Richter Ulrich Wilbrand gab dem Senior mit, dass er mit Hilfe des  Bewährungshelfers vielleicht eine andere Sicht auf seine Taten bekommen könne, „wir hoffen, dass Ihre Einsicht wächst“. Als „selbsternannter Volksvertreter“ müsse er gerade Vorbild sein. „Sie wollten Mandatsträger werden, da muss man sich penibel an die Regeln halten.“ 

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