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„Zukunft fürs Revier“ (2)Hambacher Tagebau wird einer der größten Seen Deutschlands

Lesezeit 3 Minuten
Peringsmaar

So könnte auch der Hambacher Tagebau irgendwann aussehen: Das „Peringsmaar“ ist ein See, der durch Rekultivierung des einstigen Tagebaus Fortuna/Garsdorf entstanden ist.

  1. Mit dem absehbaren Ende der Braunkohleförderung muss die Region einen Strukturwandel stemmen.
  2. In einer Kurzserie zeigt die Rundschau Chancen und Probleme für das Rheinische Revier auf.

Kerpen/Elsdorf – Künftige Generationen können zum Baden in die Jülicher Börde fahren. Dort entsteht bis zum Ende dieses Jahrhunderts einer der größten Seen Deutschlands. Bis zu 310 Meter tief und 36 Quadratkilometer groß. Das sehen Pläne zur Rekultivierung des Tagebaus Hambach vor. Der See, der durch Grundwasser und Wasser aus dem Rhein gefüllt werden soll, ist aber nur ein Teil des Vorhabens. Der Entwurf der Leitplanung der Landesregierung, der noch bis Dezember digital kommentiert werden kann, bündelt eine Vielzahl von Maßnahmen. Beispielsweise soll der Hambacher Forst erhalten und mit dem Merzenicher Erbwald und der Steinheide vernetzt werden, wenn der Tagebau 2029 endet.

Wie funktioniert Rekultivierung und wer legt sie fest?

Wie RWE Power das Land nach dem Tagebau zu gestalten hat, entscheiden öffentlich-rechtliche Verfahren. Mit der ersten landesplanerischen Genehmigung eines Tagebaus wird bereits entschieden, welches Aussehen beziehungsweise welchen Charakter die spätere Landschaft haben wird. Dazu gehören erste Festlegungen über die Aufteilung der Flächen für Land- und Forstwirtschaft, Siedlungen und sonstige Nutzungen, die dann unter Beteiligung von Landwirten, Förstern, Naturschützer, Verkehrsplanern, Wirtschaftsförderer und vielen anderen konkretisiert werden.

Welche Interessen haben die Prozessbeteiligten?

Jeder Beteiligte hat seine eigenen Vorstellungen von den späteren Nutzungsmöglichkeiten: Neue Ackerflächen sichern landwirtschaftliche Unternehmen; von neuen Gewerbegebieten versprechen sich die Gemeinden Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Waldbereiche, Feldfluren und Seen sind willkommene Erholungsgebiete. Steht die Leitentscheidung dann, so hat der Braunkohlenausschuss bei der Bezirksregierung Köln seine Umsetzung bei Abbaugrenzen und Rekultivierungszielen sicherzustellen.

Wie sieht die Praxis der Rekultivierung aus?

Den Boden für die Rekultivierung bereitet der Tagebaubetrieb selbst vor: Absetzer verkippen in den ausgekohlten Abbaubereichen zunächst Ton, Sand und Kies und legen eine Drainageschicht darüber. Böschungen und Geländemulden werden möglichst naturnah gestaltet, das heißt: so unregelmäßig wie die Natur selbst.

Wo eine Aufforstung vorgesehen ist, tragen sie eine Mischung aus Lösslehm und Kies als oberste Bodenschicht auf, den so genannten Forstkies, der Bäumen optimale Wachstumsbedingungen bietet. Wo neues Ackerland geplant ist, bringen die Absetzer reinen Löss und Lösslehm auf. Gleiches gilt für aufzuforstende Flächen in der Ebene. Diese Schicht muss mindestens zwei Meter mächtig sein. Auch Wasserflächen und wechselfeuchte Standorte sind Teil der Rekultivierung. Große Gewässer sind auch in den Restlöchern der Tagebaue Garzweiler (21,8 km²) und Inden (12,6 km²) geplant.

Gibt es schon rekultivierte Bereiche in Hambach?

Mehr als 300 Meter über Normalnull Meter erhebt sich die Sophienhöhe in der flachen Jülicher Börde. Entstanden ist der bewaldete Hügel seit 1978 aus Abraummassen des Tagebaus Hambach. Mehr als zehn Millionen Bäume wurden dort gepflanzt. Mehr als 120 Kilometer Wege erschließen das autofreie Erholungsgebiet. Neben Wald, gibt es offene Magerwiesen und Sandflächen; die Biotopvielfalt sorgt erwiesenermaßen für große Artenvielfalt in Fauna und Flora.

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Mehr als 700 Pflanzen- und 1000 Tierarten sind nachgewiesen, darunter viele, die auf der Roten Liste stehen wie Baumpieper, Heidelerche, Schwarzkehlchen und Turteltaube, sowie Springfrosch, Kreuz- und Wechselkröte, Zauneidechse und der europäische Flusskrebs, wie Gregor Eßer, der Leiter der Forschungsstelle Rekultivierung berichtet. Er und sein Team untersuchen kontinuierlich die ökologischen Auswirkungen der Rekultivierung.

Niederziers Bürgermeister Hermann Heuser sieht in der Sophienhöhe einen „guten Ersatz“ für den für den Tagebau gerodeten Hambacher Forst, der die Landschaft über Jahrhunderte geprägt hat. Für den anstehenden Strukturwandel haben die sechs Anrainerkommunen die Strukturentwicklungsgesellschaft Hambach gegründet.