Zwei neue StandorteWesseling will Bürgern Ängste vor Geflüchteten nehmen

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Auch an der Urfelder Mehrzweckhalle, in der temporär Geflüchtete untergebracht werden sollen, hatten die Nachbarn viele Fragen an den Bürgermeister.

Auch an der Urfelder Mehrzweckhalle, in der temporär Geflüchtete untergebracht werden sollen, hatten die Nachbarn viele Fragen an den Bürgermeister.

In zwei Versammlungen hat Bürgermeister Ralph Manzke (SPD) Anwohner über die neuen Unterkünfte informiert. Alle Bedenken konnte er nicht ausräumen.

Fakten, Bedenken, Emotionen prägten am gleich zwei Bürgerversammlungen, bei denen es um geplante Unterkünfte für Geflüchtete in Wesseling ging. Das Interesse war groß, viele Anwohner kamen.

Zum ersten Treffen an der Berggeiststraße im Gewerbegebiet Berzdorf war auf einer Wiese ein rund 800 Quadratmeter großes Areal abgesteckt, auf dem zwei doppelstöckige Containeranlagen aufgestellt werden, um dort 100 Geflüchtete und Asylbewerber unterzubringen. Zum Oktober 2024 soll die Notunterkunft bezugsfertig sein. Angemietet sei sie für die nächsten fünf Jahre, sagte Bürgermeister Ralph Manzke (SPD).

Wir erhalten alle zwei Wochen neue Zuweisung von Menschen, die aus Landesunterkünften kommen
Ralph Manzke

Immer wieder betonte er, dass die Kommune verpflichtet sei, geflüchtete Menschen aufzunehmen. „Wir erhalten von der Bezirksregierung Arnsberg alle zwei Wochen neue Zuweisungen von Menschen, die aus Landesunterkünften kommen“, berichtete er. Dabei erfolge innerhalb des Landes NRW eine Verteilung nach Aufnahmequoten, die sich aus Einwohnerzahl und Fläche zusammensetzen.

Dass die Verwaltung dabei nur auf 40 Prozent städtische Fläche zurückgreifen könne, spiele dabei keine Rolle. Auch auf die Zahl der Zuweisungen gebe es keinen Einfluss und die habe sich wegen aktueller Kriegs- und Krisenherde inzwischen verdreifacht, erklärte er. Seien in den ersten Monaten 2023 in Wesseling 55 Menschen aufgenommen worden, waren es 2024 bereits 174. Die meisten von ihnen kommen aus der Ukraine, Afghanistan und Syrien.

Aktuell seien mit 655 Plätzen alle anderen Unterkünfte voll belegt. „Wir suchen dringend weitere Standorte für feste Unterkünfte, auch für Grundschulen und Kitas, aber keiner verkauft etwas. Der Stadt fehlen Flächen“, klagte Manzke. Und keiner baue mehr etwas, sodass sich die Suche nach Wohnraum noch verschärfe.

In Berzdorf folgte eine Fragerunde, in der Anwohner ihre großen Sorgen äußerten. Einige befürchten mehr Lärm, Schmutz und Kriminalität. Andere mahnten an, dass die Infrastruktur bereits jetzt erschöpft sei und es an Schul- und Kinderbetreuungsplätzen mangele. Auch dass angrenzenden Immobilien in Mitleidenschaft gezogen würden, wurde befürchtet.

Stadt setzt auf Selbstkontrolle der geflüchteten Menschen

„Ich verstehe die Sorgen und Nöte und kann auch keine Garantie geben, dass alles immer schön aussieht, dass alles beruhigt abläuft“, antwortete Manzke. Aber zum Konzept gehöre, in den Unterkünften Frauen, Männer und Familien unterzubringen. Das sorge für eine gewisse Selbstkontrolle. Es werde einen Hausmeister geben. Zudem solle das Areal mit Pflanzenhecken abgegrenzt werden. „Es wird aber kein Sicherheitsdienst patrouillieren“, stellte der Verwaltungschef klar.

Er wolle die Probleme nicht wegreden, aber bisher habe es in der Stadt geordnete Verhältnisse und auch Beispiele für gelebte Integration gegeben. Der Berzdorfer Ortsbürgermeister Ralf Daniel begrüßte den Austausch und mahnte an, den Bau des Bürgersteiges auf der Seite der Notunterkunft fortzuführen.

Auf dem Foto ist ein Feld zu sehen, auf dem eine Unterkunft für Geflüchtete errichtet werden soll.

Auf diesem Feld soll die Unterkunft entstehen.

Auch in Urfeld brachten die Anwesenden Sicherheitsbedenken zum Ausdruck, äußerten Angst vor „Messerstechern“. „Ich kann ihnen sagen, keiner flieht, um hinter einer Zeltwand zu leben“, warb Manzke um Verständnis. Vor rund 150 Bürgerinnen und Bürgern wiederholte er an der Mehrzweckhalle Urfeld seine Ausführungen. Dort soll die erste Etage für 50 geflüchtete Menschen hergerichtet werden. Ab dem 8. Juli sollen die Betten stehen.

In Urfeld sei die Nutzung der Halle bis zum Jahreswechsel angedacht. Dann sollen die mobilen Wohneinheiten im Gewerbepark Urfeld für Geflüchtete fertig sein. Die Vereine, die die Flächen in der Halle nutzen, seien vorab informiert und mit ihnen Ausweichmöglichkeiten gesucht worden.

Der MGV Liederkranz hat sein Weinfest in Urfeld bereits abgesagt

Für eine Unterbringung sei auch die Berzdorfer Sporthalle in Betracht gezogen worden, aber dort fehle eine Lüftungsanlage, die nun eingebaut werden soll, informierte der SPD-Mann. Erste Option für die Stadtverwaltung war das Schulschwimmbad gewesen. Diese Pläne ließ sie aber nach massiven Protesten von Vereinen und Bürgern im April 2024 fallen.

Eltern, deren Kinder die gegenüberliegende Rheinschule besuche, kritisierten, dass es immer wieder Probleme mit den Bussen gebe, mit denen die Schüler zum Sport in die Berzdorfer Halle auswichen. Bedauert wurde, dass der MGV Liederkranz sein dort geplantes Weinfest am 5. Oktober abgesagt hat. Die Stadt sorge für einen finanziellen Ausgleich, hieß es.

Auf dem Foto sind Wesselinger Bürgerinnen und Bürger bei einer Informationsveranstaltung zum Bau von Unterkünften für Geflüchtete zu sehen.

An der Berggeiststraße sollen Container für Geflüchtete aufgestellt werden. Darüber informierte der Bürgermeister die Anwohner. Foto: Kathrin Höhne

Falls die Sessionseröffnung des Tanzcorps der Prinzengarde am 16. November in der Halle nicht stattfinden könne, stehe das Rheinforum zur Verfügung, teilte Manzke mit. Dorthin hätten bereits die Musikfreunde Urfeld am 24. November ihr Jahreskonzert verlegt, um planen zu können. Wiederholt wurde der Wunsch an die Stadt, für Karnevalsfeste dort ein Zelt aufzubauen.

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