Warmer Frühling in Rhein-ErftViele Wildtiere genießen das aktuelle Wetter
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Im Rhein-Erft-Kreis sind momentan wieder mehr Hasen auf den Feldern zu sehen.
Experten und Naturfreunde hoffen, dass nun dank der Frühlingssonne möglichst viele der Häschen groß werden.
Doch genau so wichtig sei es, den Tieren ein artgerechtes Biotop zu bieten.
Rhein-Erft-Kreis – Wer mit offenen Augen spazieren geht oder durch den Kreis fährt, dem ist es schon vor Wochen aufgefallen: Die Hasen hoppelten munter über die Felder, oft drei, vier oder fünf Stück, spielten Nachlaufen oder lieferten sich die reinsten Boxkämpfe.
Je nach Witterung beginnt ihre Paarungszeit schon im Januar, rund sechs Wochen später bringt die Häsin ihre Jungen zur Welt. Jäger, Wildbiologen und andere Naturfreunde hoffen, dass möglichst viele der Häschen groß werden – der Feldhase gehört zu den Wildtierarten, deren Bestand in den vergangenen Jahren besorgniserregend zurückgegangen ist.
Entwarnung mag angesichts des munteren Treibens in der Frühlingssonne noch keiner geben. „Im Moment sieht es gut aus“, sagt Franz-Josef Kipshagen, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, eher vorsichtig. Er hat vor einigen Wochen für den Landesjagdverband bei den Hegeringen – den Zusammenschlüssen der Jäger jeweils in einer Stadt – nachgehört, wie sie die Lage des Mümmelmanns einschätzen. Und hat durchaus unterschiedliche Antworten bekommen.
„Es zeigt sich, dass der Hasenbesatz da gut ist, wo die Predatoren konsequent bejagt werden“, so Kipshagen. Predatoren, das sind Beutegreifer, beim Feldhasen ist damit vor allem der Fuchs gemeint. In Revieren, in denen sich die Jäger so manche Winternacht beim Fuchsansitz um die Ohren geschlagen hätten, habe der Hase einfach bessere Chancen, zu überleben und für Nachwuchs zu sorgen.
Doch genau so wichtig sei es, den Tieren ein artgerechtes Biotop zu bieten. Denn große Felder, auf denen entweder Raps oder Mais angebaut werde, biete nicht den richtigen Lebensraum. Die Kreisjägerschaft stelle jedem Hegering im Jahr 500 Euro zu Verfügung, damit Blühstreifen angelegt werden könnten. Davon profitierten nicht nur der Hase, sondern auch Fasan und Rebhuhn.
Kein Schutz im Bau
Vorsichtig optimistisch ist auch Joachim Kühlborn. Jahrelang hat er in jedem Frühjahr mit seiner Mannschaft die Feldhasen gezählt im Lehr- und Versuchsrevier, das der Hegering Erftstadt, die Kreisjägerschaft und der Naturschutzbund in der Nähe des Umweltzentrum Friesheimer Busch unterhalten. Auch wenn die Zählungen seit ein paar Jahren ausgesetzt sind, geht er davon aus, dass der Hase vom Wetter der letzten Jahre profitiert.
Rücksicht auf die Jungtiere
Das schöne Wetter lockt in die Natur, zumal in Zeiten, wo Straßencafés und Biergärten tabu sind. Doch gerade jetzt sei die heimische Natur besonders sensibel, gibt die Kreisjägerschaft zu bedenken. Viele heimische Wildtiere bringen im Frühjahr ihren Nachwuchs zur Welt.
„Wir verstehen nur zu gut, dass viele Menschen in Coronazeiten auch Zeit in der Natur verbringen“, sagt Franz-Josef Kipshagen, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Rhein-Erft. „Dabei muss sich aber jeder bewusst sein, dass wir Rücksicht nehmen müssen. Die Brut- und Setzzeit ist in vollem Gange.“ Zur Erklärung für Nicht-Jäger: Setzen nennt man es, wenn Wildtiere wie Hasen oder Rehe Junge bekommen. Wenn das weibliche Wildschwein, die Bache, Nachwuchs – nämlich Frischlinge – bekommt, frischt sie.
Junge Feldhasen, Frischlinge und die frischgeschlüpften Küken der Bodenbrüter brauchen aktuell viel Ruhe. Die Elterntiere könnten, wenn sie gestört werden, sogar ihren Nachwuchs verlassen oder das Füttern einstellen, warnt Kipshagen: „Deswegen appellieren wir an alle Naturbesucher: Verhalten Sie sich bitte achtsam.“
In den Zeiten, in denen die Wildtiere ihre Jungen zur Welt brächten und aufzögen, sei es besonders wichtig, Hunde unter Kontrolle zu halten – am besten ander Leine. „Freilaufende Hunde können den Jungtieren schaden“, sagt Kipshagen. Zwar gelte auf Feldwegen und auch im Wald keine Anleinpflicht, doch er bittet um Rücksicht.
Viele Wildtiere ließen ihre Jungen längere Zeit allein, um auf Futtersuche zu gehen. Die Kleinen seien gut getarnt und gäben kaum eigenen Geruch ab, damit Fressfeinde sie nicht fänden. Ein Hund, der über den Acker tolle, könne aber natürlich trotzdem auf einen Junghasen oder ein Fasanengelege stoßen.
Der Fachmann warnt auch davor, junge Wildtiere mitzunehmen, auch wenn man den Eindruck habe, sie seien von ihren Eltern verlassen. Das sei meistens nicht der Fall, die Mutter komme zurück, auch wenn sie vor Spaziergängern geflüchtet sei. Immer wieder kommt es vor, dass wohlmeinende Menschen Rehkitze – sie kommen im Mai oder Juni zur Welt – mitnehmen und glauben, sie damit zu retten. Schon das Anfassen eines jungen Wildtieres kann fatale Folgen haben: Das Muttertier bemerkt den menschlichen Geruch und nimmt sein Junges dann nicht mehr an. (uj)
„Die letzten Winter waren gut, die Frühjahre auch“, sagt Kühlborn. Als es in den ersten Wochen des Jahres viel geregnet habe, seien wohl noch keine Junghasen da gewesen. Die könnten trockene Kälte durchaus verkraften, Nässe aber nicht: „Dann verklammen sie.“ Hasen bringen ihre Jungen in flachen Mulden auf dem Feld, Sasse genannt, zur Welt, sie haben keine Höhle oder keinen Bau, der ihnen Schutz bietet. Und das Fell des Junghasen kann den Regen nicht abhalten.
Vom warmen, trockenen Frühjahr profitierten auch Rebhuhn und Fasan, erklärt Franz-Josef Kipshagen. Denn dadurch seien auch schon genügend Insekten unterwegs, von denen sich die Küken der Hühnervögel ernährten.