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GastronomieAb Januar bieten Restaurants im Erft-Kreis Mehrwegboxen fürs Essen

Lesezeit 4 Minuten
Sophie Gerasis in der Küche ihres Brühler Restaurants „A Mano Pasta e Basta“. Sie füllt die Pasta, Salate und Desserts in mikrowellentaugliche Kunststoffboxen eines Mehrweggeschirr-Anbieters.

Sophie Gerasis, Inhaberin des Brühler Restaurants „A Mano Pasta e Basta“, füllt die Pasta, Salate und Desserts in mikrowellentaugliche Kunststoffboxen eines Mehrweggeschirr-Anbieters.

Umweltbewusste Verbraucher dürfte das freuen. Sie können von 2023 an eine wiederverwendbare Verpackung einfordern. Einige Gastronomen haben schon längst umgestellt, andere sondieren noch den Markt der Verpackungen.

Wer Essen bei Restaurants, Cafés und Imbissstuben abholt oder sich von dort liefern lässt, blickt anschließend nicht selten auf viel Verpackungsmüll. Ein bundesweit gültiges Verpackungsgesetz soll dies mit dem Jahreswechsel ändern.

Umweltbewusste Verbraucher dürfte das freuen. Sie können von 2023 an bei allen Betrieben mit mehr als fünf Beschäftigten und mehr als 80 Quadratmetern Verkaufsfläche eine wiederverwendbare Verpackung einfordern – ohne dass sie dies teurer zu stehen kommt.

Sophie Gerasis aus Brühl hat schon vor zwei Jahren umgestellt

Für viele Restaurants und Lieferdienste an Rhein und Erft bedeutet dies eine Umstellung. Manche greifen auf individuelle Lösungen zurück, andere auf die Kooperation mit überregional tätigen Anbietern von Mehrwegsystemen, zu denen etwa die Unternehmen „Recup“ und „Vytal“ zählen, die Mehrwegbehälter zur Verfügung stellen.

Bereits vor rund zwei Jahren hat sich Sophie Gerasis für einen Mehrweganbieter entschieden. Die Inhaberin des Brühler Restaurants „A Mano Pasta e Basta“ an der Kirchstraße hat viele Kunden, die ihr Essen mit nach Hause oder ins Büro nehmen. „Mir ging es in erster Linie darum, Müll zu vermeiden“, sagt sie.

Wer die Box nach zwei Wochen nicht zurückbringt, muss zehn Euro zahlen

Gerasis füllt die Pasta, Salate und Desserts seitdem in unterschiedlich große, mikrowellentaugliche Kunststoffboxen des Anbieters Vytal, „aber auch in andere mitgebrachte Behältnisse“. Für die neue gesetzliche Regelung ist sie also gewappnet.

Wer Mehrwegverpackungen vorzieht, muss sich zuvor in einer App registrieren. Digital vermerkt wird dann die Ausleihe. Pfand muss niemand entrichten. Erst wenn die Essensboxen nach zwei Wochen nicht wieder in einem der teilnehmenden Restaurants zurückgegeben wurden, werden zehn Euro berechnet.

„Dann gehört die Box aber auch dem Kunden“, sagt Gerasis, die wiederum rund 20 Cent je Außer-Haus-Verkauf an den Anbieter entrichtet, dafür aber Boxen bereitgestellt bekommt und sich nicht um die Software kümmern muss.

Kaffeebecher sind ein willkommenes Werbemittel

Einen anderen Weg hat einige Straßen weiter Dimitrios Zisimou eingeschlagen. „Ich wollte mich keinem Lizenzsystem anschließen und habe 100 Coffee-to-go-Mehrwegbecher bestellt - mit unserem Logo darauf“, erklärt der Betreiber des „Cafés Kaffeenote“ und der gegenüberliegenden „Eis-Stube!“. Die eigenen Becher böten schließlich auch eine Möglichkeit, den Bekanntheitsgrad zu steigern und Kunden zu binden.

Ob die 100 Becher genügen und wie hoch das Pfandgeld wird, weiß er noch nicht. Auch für seine Eisdiele wolle er sich noch etwas einfallen lassen. Diese öffnet aber erst wieder nach Karneval.

„Grundsätzlich bemühe ich mich sowieso um Umweltschutz. Unsere Einwegbecher und Kaffeeverpackungen sind alle plastikfrei und das Besteck aus Holz“, sagt Zisimou, der seinen eigenen Kaffee röstet. Die neue Regelung beschere Gastronomen eine weitere wirtschaftliche Hürde, er gehe aber davon aus, dass sich die Anschaffung irgendwann auszahle, weil weniger Einwegmaterial gekauft werden müsse.

Gerichte sind appetitlicher verpackt als in Einwegbehältnissen

Michaela Quadt, Inhaberin der „Gaststätte Braunsfeld“ in Hürth-Fischenich, füllt ihren Gästen die Speisen schon seit der Corona-Zeit in mitgebrachte Schüsseln oder Töpfe. Während des Lockdowns hat die Wirtin einen Lieferservice auf die Beine gestellt.

Geliefert wird jetzt nicht mehr, das Tagesgericht kann man sich aber immer noch dienstags bis samstags in der Gaststätte abholen. „Die Leute haben mitgedacht, viele haben schon die Schüssel für den nächsten Tag mitgebracht“, berichtet die Wirtin. Mit viel Aufwand sei das nicht verbunden, und die Speisen seien appetitlicher verpackt als in Einwegbehältnissen.

Dominic Ide steht vor seinem Restaurant Em Äädjeschoss, in Kerpen.

16.03.2022 Dominic Ide, Inhaber des Restaurants Em Äädjeschoss in Kerpen, hat sich nach Mehrweg-Geschirr-Anbietern umgesehen.

Dominic Ide, Inhaber der Gaststätte „Em Äädjeschoss“ in Kerpen-Türnich, hat sich noch nicht ausführlich mit der Mehrwegpflicht befasst, sondern sich bisher lediglich nach Mehrweg-Geschirr-Anbietern umgesehen. „Ich glaube aber auch, dass das Ganze einige Monate Anlaufzeit braucht“, sagt der Gastronom.

Dehoga berät Gastronomen bei der Wahl der Systeme

„Solche digitalen Mehrweganbieter sind sinnvoll, aber vermutlich eher für jüngere Menschen ansprechend. Ältere hätten womöglich Probleme damit, sich erst in einer App oder ähnlichem zu registrieren, um Mehrweg-Behälter zu erhalten.“ Ide vermutet, dass das den Kunden zu aufwendig wird und sie sich deshalb für Einwegverpackungen entscheiden.

Auch Georg Frey, Kreisvorsitzender der Dehoga, hält sich mit Kritik an der neuen Regelung zurück: „Es ist in Ordnung, dass man in diesem Bereich etwas auf die Reise gebracht hat.“ Viele Gastronomen seien aber noch nicht perfekt vorbereitet. „Mancher Kollege hat sich mit günstigen Boxen eingedeckt, die mehrmals genutzt werden können, aber ohne Anspruch auf Rückgabe herausgegeben werden.“

Betrieben, die viel außer Haus verkauften, empfehle man, sich einem bestehenden System anzuschließen. „Wir stehen gerne beratend zur Seite“, versichert Frey.


Das Kölner Unternehmen „Vytal“ wurde im Sommer 2019 von dem Wesselinger Sven Witthöft und Tim Breker gegründet. „Mehrweg zum neuen Standard für To-Go Konsum und Lieferessen“ zu machen sei das Ziel, so teilt das Unternehmen auf seiner Webseite mit – das Prinzip funktioniert nach einem offenen Bibliothekssystem.

Anders als bei herkömmlichen Pfandsystemen fällt erst eine Gebühr an, wenn der ausgeliehene Behälter nach 14 Tagen nicht zurückgegeben wurde.

„Es ist Wahnsinn, welchen Rückenwind unser Geschäft in den letzten Monaten erfahren hat,“ sagt Tim Breker. „Ab 1. Januar gilt die Mehrwegangebotspflicht für Mitnahme- und Lieferessen. Das wird die Branche verändern.“ Das Unternehmen Vytal sei als „größte europäische Mehrweglösung“ ein wichtiger Teil der Veränderung.