Viele Besucherinnen und Besucher schauten sich im Künstler:innenarchiv auf dem Abteigelände um und tauschten sich mit den Fachleuten aus.
RestaurierungBesucher schauten Fachleuten im Archiv in Pulheim über die Schulter
Eigentlich klingt das alles doch ganz niedlich: Papierfischchen, Archivkäfer, Holzwurm. Doch in Archiven sind die Tierchen nicht nur unerwünscht, ihr Auftreten ist die reinste Katastrophe. Was sie für Schäden anrichten, wie man das verhindert oder im schlimmsten Fall repariert, das und noch viel mehr erfuhren die Besucherinnen und Besucher am Sonntag im Künstler:innenarchiv der Stiftung Kunstfonds.
Das Archiv, das seit 14 Jahren auf dem Gelände der Abtei Brauweiler beheimatet ist, hatte zum Tag der Restaurierung seine Türen geöffnet. „Ich bin schon oft hier vorbeigegangen, aber ich war noch nie drinnen“, sagt Isabel Grobien-Krause. Eine Aussage, die Anna Wondrak an diesem Tag öfter hört. Seit drei Jahren leitet sie das Archiv, und sie möchte es mehr für alle Kunstinteressierten öffnen.
Pulheim: Reger Besuch
Denn zu den Aufgaben der Einrichtung gehört ihrer Ansicht nach nicht nur, Kunst zu bewahren, zu erforschen und auszustellen, sondern sie eben auch öffentlich zugänglich zu machen. Der rege Besuch und die lebhaften Gespräche belegten, dass Interesse da ist. Schließlich gab es viel zu sehen und zu erfahren.
Sunniva Vohland hatte eigens ihr Feinstrahlgerät mitgebracht, um zu zeigen, wie sie die Plastiken von Renate Weh reinigt. Die Künstlerin hat Alltagsgegenstände mit einer Schicht aus Quarzsand und Gipspulver überzogen. Die grobporige, teilweise schrundige Oberfläche war im Laufe der Jahrzehnte arg eingestaubt. Einschalten konnte die Restauratorin ihr Feinstrahlgerät zwar nicht, aber sie konnte anschaulich erklären, wie sie damit den Kunstwerken ihr ursprüngliches Aussehen zurückgibt.
Restaurieren gehört eigentlich nicht zu den Aufgaben des Künstler:innenarchivs, das vor allem Nach- und Vorlässe aufbewahrt. Doch immer wieder kämen Kunstwerke, die für Ausstellungen verliehen worden sein, beschädigt zurück, berichtete Anna Wondrak. Oder, schlimmer noch, von Schädlingen befallen.
Deshalb müssen die Bilder erst einmal in Quarantäne. Bevor sie wieder ins Archiv einziehen dürfen, verbringen sie einige Wochen luftdicht verpackt. Stamatis Kouspakeridis zeigt an einem Bild den Befall mit Papierfischchen. Die Tiere, die ähnlich wie Silberfischchen aussehen, haben kleine Löcher ins Papier gefressen.
Jetzt liegt das Blatt auf einem Tisch, umstellt mit Insektenfallen, die wie aufgefaltete Pappschachteln aussehen, und ringsum mit einem Klebeband gesichert, die Flucht unmöglich macht. „Das einzige Insekt, das Papierrestauratoren keine Kopfschmerzen macht, ist der Buchskorpion“, sagt der Papierrestaurator. Denn der fresse Schädlinge.
Kouspakeridis hat sein Handwerkszeug ausgebreitet und demonstriert, wie er Fraßspuren der Papierfischchen überdecken wird, wenn es ans Restaurieren geht. Das Sammelsurium, das Florian Szibor auf einem Tisch ausgebreitet hat, macht auf den ersten Blick ratlos. Es ist der Inhalt einer Notfallbox. Ein Notfall könnte beispielsweise ein Rohrbruch sein, der das Archiv unter Wasser setzt.
In der Box finden sich Hilfsmittel, um die Kunstwerke zu retten. Aber: „Man darf die Mitarbeiter nicht vergessen“, sagt Florian Szibor. Deshalb gibt es auch Sonnencreme, Mineralwasser und Müsliriegel. Das Wichtigste aber ist die Telefonliste, auf der unter anderem auch Ansprechpartner stehen, die notfalls Kunstwerke einlagern können.
Isabel Grobien-Krause ist in ihrem Gespräch mit Marjatta Hölz von der Stiftung Kunstfonds mittlerweile bei der Kulturpolitik angelangt. „Es wird so viel gestrichen bei der Kunst“, beklagt die Frau aus Brauweiler. Das Geld werde für Dinge ausgegeben, die viel weniger wichtig seien: „Das macht mich traurig.“ Bei Marjatta Hölz stößt sie damit auf offene Ohren. Denn von den Sparmaßnahmen ist auch die Stiftung Kunstfonds betroffen, deren Förderung der Bund im kommenden Jahr halbieren will.