Kerpen-Sindorf – Elf Stolpersteine erinnern vor den Häusern Heppendorfer Straße 37 und Herrenstraße 65 an die jüdischen Familien Kahn und Nathan. Den Initiator der Erinnerungskultur an die Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns, Gunter Demnig, konnte Bürgermeister Dieter Spürck zur Feierstunde mit der Verlegung der Steine aber nicht begrüßen. Der städtische Straßenwärter Sascha Janke verlegte die Steine.
Die Stolpersteine erinnern mit in Messing eingravierten Namen und Kurzbiografien an jüdische Bürgerinnen und Bürgerinnen, von denen allein sieben in einem Waldstück im polnischen Maly Trostinec ermordet wurden. Es waren der Viehhändler Hermann Kahn, seine Ehefrau Regina und die Tochter Else aus der Heppendorfer Straße 37. Und es waren die Eheleute Moritz und Sibilla Nathan mit ihren Kindern Herbert, Walter, Hilde, Benno, Elly und Ernst aus der Herrenstraße.
Gedenken in Sindorf: Auch der Judenfriedhof wurde verwüstet
Im Haus der Kahns sei es in der Pogromnacht am 10. November 1938 zur Zerstörung der Wohnungseinrichtung gekommen, erinnerte Dieter Spürck. Ortsfremde SA-Leute hätten zunächst das gegenüberliegende Haus stürmen wollen. Auch der Sindorfer Judenfriedhof mit den Gräbern der Familien seien verwüstet und später landwirtschaftlich genutzt worden.
In der Metzgerei der Familie Nathan habe die SA die Schaufensterscheibe eingeschlagen, das Geschäft und Wohnräume zerstört, so Spürck weiter. Moritz Nathan hatte eigentlich das Haus erweitern wollen und noch 1937 eine erteilte Baugenehmigung verlängern lassen. Zwei Wochen nach dem Überfall habe die Bauakte nur lapidar bemerkt „Baut nicht mehr“, so Spürck.
Sindorfer Familien wurden deportiert und ermordet
Weitere zwei Wochen später habe die Familie Haus und Hof in Sehnrath verkauft und sei nach Köln gezogen. Unter welch menschenverachtenden Umständen die Familien Nathan und Kahn am 20. Juli 1942 in einem Zug mit 1164 Menschen aus Köln, Bonn, dem Umland und dem heutigen Rhein-Erft-Kreis von Köln nach Maly Trostinec deportiert wurden, schilderte Stadtarchivarin Susanne Schmidt. Im Wald bei Maly Trostinec hätten sich „grauenhafte und für uns alle unvorstellbare Szenen“ abgespielt, Erschießungen an ausgehobenen Gräben und der mögliche Einsatz von Motorgasen in so genannten „Gaswagen“.
Mahnende Worte zu Antisemitismus und Hass in heutiger Zeit fand die Integrationsbeauftragte Annette Seiche. Etwa 50 Menschen, darunter Mitglieder des Heimatvereins Sindorf, waren zur Gedenkstunde vor die letzten selbst gewählten Wohnsitze der jüdischen Familien gekommen. Unter ihnen Pfarrer Frank Drensler und Hans Gerd Wolfgarten, Jutta Faasen vom interreligiösen Arbeitskreis zusammen mit Muslimen. Shuli Grohmann sprach das jüdische Totengebet „Kaddisch“.