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SprachprojektSchüler helfen Schülern beim Deutschlernen im Europagymnasium in Kerpen

Lesezeit 3 Minuten
Das Foto zeigt Schüler und Lehrer in einem Klassenraum.

Gymnasiallehrer Vissarion Chouliaras, Lehrerin Liudmyla Parshykova aus der Ukraine, die Lehrerinnen Michaela Müller und Nada Kecman von Grund- und Hauptschule sowie einige Lernteams sind an dem Projekt beteiligt.

Rund 70 Schülerinnen und Schüler helfen zugewanderten Kindern und Jugendlichen dabei, die Sprache in ihrer neuen Heimat zu erlernen.

„Ich hatte auch Hilfe, als ich mit sieben Jahren aus der Slowakei nach Deutschland gekommen bin. Jetzt kann ich was zurückgeben. Das finde ich wichtig“, sagt die 18-jährige Ema Milde. Sie besucht das Europagymnasium in Kerpen und ist Teil des Projekts „Schüler für Schüler“. Seit 2014 unterstützen jährlich rund 70 Schülerinnen und Schüler der Oberstufe in ihrer Freizeit Kinder und Jugendliche, die in Kerpen eine neue Heimat gefunden haben.

Organisiert wird das Projekt von Vissarion Chouliaras, Lehrer am Europagymnasium und der Journalistin Birgit Broich-Jansen. „Aus einer spontanen Hilfsaktion wurde ein nachhaltiges Sprach-Projekt“, sagt Broich-Jansen. Drei Jugendliche, die aus dem Irak flohen, hätten sie 2014 um Hilfe beim Lernen der für sie neuen und schweren Sprache gebeten.

Kerpen: Hilfe nicht nur für Schüler aus der Ukraine

Bis heute haben sich knapp 800 Kerpener Gymnasiasten nach Angaben der Organisatoren in ihren Freistunden als „Personal Trainer“ ehrenamtlich engagiert und mehr als 12.000 Deutschstunden erteilt. „Der 1:1-Unterricht ist sehr effektiv. Wir reden über die Woche, machen Übungen zusammen und ich korrigiere die Hausaufgaben“, sagt Tino Thomas, der heute mit Matvii Smetanin Deutsch übt. Matvii ist vor dem Krieg in der Ukraine geflohen und besucht jetzt das Kerpener Gymnasium. „Wir haben gerade ein Spiel gemacht, bei dem man Personen beschreiben muss. Da habe ich wieder neue Wörter gelernt“, sagt der Schüler.

Nicht nur die ukrainischen Schülerinnen und Schüler erhalten Unterstützung. Andere Gymnasiasten gehen in ihrer Freizeit in die benachbarte Adolph-Kolping-Hauptschule und die Albertus-Magnus-Grundschule. Hier werden sie von den Lehrerinnen Michaela Müller und Nada Kecman in der Einzelförderung eingesetzt.

Junge Menschen erhalten Bescheinigung für Engagement

Die Schulleitung des Europagymnasiums stellte damals die öffentliche Bibliothek der Schule als Lernort zur Verfügung. Schnell fanden sich Lernende aus der Oberstufe, die helfen wollten. „Viele unserer Gymnasiasten haben selbst Zuwanderungsgeschichte und sind für die Sprachschüler ein Vorbild. Somit bringt dieses Projekt junge Menschen zusammen, die sich austauschen und gegenseitig bereichern. Es entwickelt sich Verständnis in beide Richtungen und der gesellschaftliche Zusammenhalt wird gestärkt“, fasst Lehrer Vissarion Chouliaras die Idee des Projekts zusammen.

Schülerinnen und Schüler, die ein halbes Jahr lang regelmäßig unterrichten, erhalten eine Bescheinigung über ihr soziales Engagement von der Schule. „Ich fühle mich wirklich gut, wenn ich helfen kann, und auch das Zertifikat wird mir nützlich sein. Außerdem habe ich ein neues Berufsziel entdeckt. Vielleicht werde ich Lehrerin“, erzählt Felina Reinartz mit einem Lächeln. „Sie geht immer gerne in die Grundschule zu ihrem Lernpartner Wissam Alali. Die Kinder freuen sich, wenn die Gymnasiasten kommen und sie individuell betreut werden“, ergänzt Lehrerin Nada Kecman.

In den vergangen zehn Jahren sei das Projekt mehrfach mit Preisen wie dem Integrations- und Heimatpreise der Stadt Kerpen und des Rhein-Erft-Kreises, dem Lions-Preis der Stadt und des Kreises, Helferherzen sowie als Schule des Jahres ausgezeichnet worden, so die Veranstalter. Öffentliche Gelder sind ihnen zufolge nie geflossen. „Der Erfolg beruht einzig und allein auf dem ehrenamtlichen Einsatz jedes Beteiligten“, unterstreicht Birgit Broich-Jansen und freut sich, dass die Sprachschülerinnen und -schüler so erfolgreich lernen. Denn, so Lehrerin Liudmyla Parshykova aus der Ukraine: „Es ist so wichtig, gut Deutsch zu lernen. Nur so hat man die Chance auf eine gute Ausbildung.“