Kerpen-Sindorf – Die Gutachter kamen zum richtigen Zeitpunkt, um am 29. April gegen 11.30 Uhr auf dem Sindorfer Bahnsteig folgende Szene beobachten zu können: Auf dem Bahnsteig fuhr gerade die S-Bahn ein. Eine Mutter mit Kinderwagen und einem weiteren Kleinkind an der Hand wartete dort und wollte einsteigen: Doch als sie versuchte, die Tür der S-Bahn zu erreichen, strömten ihr Menschen entgegen, die gerade aus der Bahn ausgestiegen waren und an denen sie nicht so einfach vorbeikam.
„Als sie schließlich den Zug erreichte, gelang es ihr zwar, die Tür zu öffnen und das Kleinkind zum Einsteigen zu bewegen“, schrieben die Gutachter hinterher. „Als sie sich umdrehte, um den Kinderwagen zu ergreifen, schlossen sich die Türen und der Zug fuhr ab.“ Ein Kind saß im Zug, die Mutter mit dem Kind im Kinderwagen blieben auf dem Bahnsteig zurück.
Gutachten über 23 Seiten verfasst
Zwar konnten der Mutter und ihren Kindern hinterher geholfen werden, doch die Szene sei bezeichnend für die Situation auf dem Bahnsteig, schrieben Sascha Behnsen und Hans-Peter Kleemann vom Büro für angewandten Umweltschutz in ihrem Gutachten, das sie für den Verkehrsverbund Nahverkehr Rheinland erstellt hatten. Selbst außerhalb der Hauptverkehrszeiten könnten Ein- und Aussteigende auf dem Bahnsteig nicht behinderungsfrei aneinander vorbei gehen.
Die beiden Gutachter haben auf 23 Seiten neben einer Kurzanalyse auch Verbesserungsvorschläge gemacht: Ihr Fazit: Zwar entspricht der rund 150 Meter lange Bahnsteig in Sindorf in seinen Dimensionen den europäischen und nationalen Normen. Auch sei er nach den anerkannten Regeln der Technik gebaut worden. Dennoch gebe es dort immer wieder Engpass-Situation, da auf dem insgesamt knapp drei Meter breiten Bahnsteig auch drei Wartehäuschen stehen, die den Weg versperren.
So gebe es nur 64 Zentimeter Abstand zwischen den Pfosten der Wartehäuschen und der weißen Linie entlang der Bahnsteigkante, die möglichst nicht überschritten werden soll. Die Gutachter empfehlen deshalb, den Bahnsteig in drei Schritten zu optimieren: So sollen kurzfristig die Menschen auf dem Bahnsteig per Laufband-Anzeigetafel aufgefordert werden, sich dort besser zu verteilen. Als zweiter Schritt solle ein Wartehäuschen in Fahrtrichtung Köln versetzt werden, das sich direkt am Treppenaufgang befindet und dort für Enge sorgt.
Als dritter Schritt könnten alle Wartehäuschen in Nischen in der Lärmschutzwand nach außen hin integriert werden.Bei dieser sogenannten „Balkonlösung“ wäre dann der der drei Meter breite Bahnsteig komplett von Hindernissen frei. Ob und wie schnell der NVR die Vorschläge umsetzen will, war dort nicht zu erfahren. Immerhin: Die Laufbandanzeige mit der Bitte, sich auf dem Bahnsteig besser zu verteilen, läuft schon.