Kerpen-Sindorf – Die Hühner auf der Wiese am Reiterhof im Jagdfeld sind richtig zutraulich. Während Landwirt Manfred Riesen erläutert, wie der mobile Hühnerstall von einem Computer überwacht wird, lässt sich eine der etwa 700 Legehennen genüsslich im Nacken kraulen.
Mit Menschen, so scheint es, hat das vorwitzige Federvieh bislang nur gute Erfahrungen gemacht. Es pickt nicht und erschrickt nur, wenn man sich zu schnell bewegt – oder ein Bussard am Himmel erscheint. Dann aber kommt Bewegung in die muntere Hühnerschar auf dem Feld. Innerhalb weniger Sekunden haben sich die Tiere unter ihrem Stall in Sicherheit gebracht.
Keine Angst vorm Bussard
„Der Bussard ist mehr auf kleinere Tiere aus, deshalb nennt man ihn ja auch Mäusebussard. Den Hühnern tut er nichts“, sind Riesen und Frank Esser sich sicher. Gemeinsam schauen sie bei den Hühnern nach dem Rechten – auf seinem Smartphone hat Landwirt Riesen gerade die Meldung erhalten, dass der Wasservorrat für die Tiere zur Neige geht. Frank Esser füllt ihn wieder auf. Gleich nebenan steht ein kleines Häuschen, in dem ein Automat untergebracht ist. Darin werden die frischen Eier aus der Freilandhaltung unweit des Vogelrutherfelds angeboten.
In dem „Verkaufsregiomat“ werden rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche nicht nur Eier von der Wiese nebenan verkauft, sondern auch Rotwildprodukte aus der Eifel wie Gulasch und Schaschlik. Dazu gibt es Bolognese-Soße, Chili con Carne, Nudeln oder auch Kartoffeln im Angebot. Außerdem Honig aus Sindorf und Apfelsaft. Der Apparat hebt die Produkte sanft heraus und wechselt auch Geld.
Das Geschäft floriert. Für viele der Sindorfer aus dem angrenzenden Neubaugebiet gehöre ein Spaziergang mit ihren kleinen Kindern zu den Hühnern und den angrenzenden Pferdekoppeln des Reiterhofes schon zu einer liebgewonnenen Gewohnheit, berichtet Riesen: „Es ist auch sehr erfreulich, wie gut die Menschen bisher mit unseren Einrichtungen umgegangen sind.“ Und Esser ergänzt: „Hier findet man so gut wie nie Müll, und auch der Verkaufsraum wird immer sehr ordentlich hinterlassen.“
Automatische Beleuchtungsanlage
Dafür sorge auch eine automatische Beleuchtungsanlage, die die Hütte in taghelles Licht taucht, sobald sie jemand betritt. An einer Pinnwand sind Kommentare gesammelt, die die Kunden hinterlassen haben: Sie sind sehr zufrieden mit dieser neuartigen Form der Direktvermarktung.
Moderne Technik geht mit einer artgerechten Tierhaltung einher, sie hilft sogar dabei. Abends, wenn es langsam dunkel wird, ziehen die Hühner sich wieder an ihre Schlafplätze in dem Wagen zurück. Innen ist es hell. Je nach Sonnenuntergangszeit draußen schließt das mobile Hühnerhaus seine Klappen automatisch per Computersteuerung – der Fuchs bleibt draußen. Zurzeit beginnt die Nachtruhe des Federviehs etwa gegen 23 Uhr.
Morgens um 10 Uhr öffnet sich das Hühnermobil wieder – „nach getaner Arbeit“, wie Bauer Riesen lachend berichtet, denn dann hätten die meisten Hennen schon ein Ei gelegt. Es rollt vorsichtig auf ein mit Noppen gepolstertes Band, das auf eine Sammelstelle zuläuft, wenn die Landwirte auf einen Knopf drücken. Lüftung, Licht, Futter, Wasser, Schließzeiten – alles kontrolliert der Computer.
Vergnügt durch das hohe Gras
Die Hühner kümmert’s wenig, sie laufen vergnügt durchs hohe Gras und picken und scharren. Ab vier Quadratmetern pro Vogel dürfe man von Freilandhaltung sprechen, berichtet Riesen: „Wir haben 20 Quadratmeter für jedes Tier.“ Regelmäßig wird der Hühnerstall auf dem Gelände versetzt.
Manfred Riesen freut sich, dass es den Tieren gut geht – und sein Angebot so gut angenommen wird. Er plant schon eine Vergrößerung der Anlage, denn: „Immer mehr Leute denken darüber nach, woher ihre Lebensmittel eigentlich kommen.“