Kerpen-Sindorf – Eigentlich wollte Ahmet Özdemir mit seinem ersten Kinderbuch „Ali und Anton. Wir sind doch alle gleich!“ für Werte wie Toleranz und Respekt werben. Doch das Bilderbuch, in dem es auf eine kindgerechte Weise um das Thema Integration geht und mit dem der Sindorfer schon auf Lesereise etwa in Kindergärten und Schulen gegangen ist, wird nicht von allen Menschen gutgeheißen.
Es ist – wie sein Autor – im Internet selbst zum Objekt hasserfüllter Reaktionen geworden.
Dabei ist die Handlung ganz simpel und harmlos: Während sich die Kindergartenkinder Ali und Anton wegen ihrer unterschiedlichen Herkunft und ihres unterschiedlichen Aussehens streiten und ausgrenzen, erteilt ihnen Rudy, ein Mädchen mit dunkler Hautfarbe, eine Lektion in Sachen Offenheit, sodass schließlich alle drei zu Freunden werden. Das Buch wird von Pädagogen gelobt, weil es bunt illustriert ist und Kleinkinder es aus der Handlung der Bilder selbstständig erschließen können.
Menschen, die deutscher, türkischer und afrikanischer Herkunft sind und zu Freunden werden – das missfällt einigen, die sich im Internet bei Twitter und Facebook dazu inklusiver zahlreicher Rechtschreibe- und Zeichensetzungsfehler äußern – etwa ein „Stefan Erich Wilhelm“, der wohl aus Norddeutschland kommt: „Ein derartiger Kinderbuchautor sollte hier unsere Kinder nicht infiltrieren mit dem so friedsamen Islam. Er sollte seine Koffer packen und dort schreiben, wo sozialisierte Gewalt vorherrscht. Unsere Leitkultur hat den Namen dagegen verdient.“
Oder „Chris K“, der sich wenig gewählt ausdrückt: „Blubberst in den Kitas was von dem behinderten Moslem Schwachsinn? Ein „Böser Rechter“ meldet sich mit folgenden Worten: „Na was für Kinderbücher schreiben Sie? Anleitung zum köpfen? Wie Mann seine Frau zu schlagen hat das man keine blaue Flecken sieht, das muss früh gelernt werden am besten schon um Kindesalter. Ach Moment, da braucht ja keine extra Kinderbücher .. Der Koran reicht.“
Einer wirft Özdemir vor, ein „IS-Krieger auf Missionstrip“ zu sein, ein anderer, Kinder auf „perfide Art“ zu „indoktrinieren“. Schließlich wird gefordert, Özdemir, wegen „Unfähigkeit zur Assimilation umgehend zu remigrieren“.
Schlechte Bewertungen bei Amazon
Runde 15 solcher Reaktionen bekomme er in der Woche, sagt der Sindorfer. Zudem habe er bemerkt, dass es beim Internet-Händler Amazon eine regelrechte Welle schlechter Rezensionen für sein Buch gegeben habe, die, so vermutet er, von rechts gesteuert sei.
„Es ist furchtbar. Ich habe das Gefühl, die Leute verstehen nicht, was ich geschrieben habe.“ Doch er wolle kein „Opfer“ sein, betont Özdemir, der selbst im Internet auszuteilen versteht: Lutz Bachmann, Organisator der Pegida-Demonstrationen in Dresden, habe ihn deshalb schon geblockt.
Der gelernte Marketing-Manager, der in der Alevitischen Gemeinde sowie in der Kerpener CDU aktiv ist, kann aber auch von positiven Reaktionen auf sein Buch berichten: Rund 1500 Exemplare seien schon verkauft worden. Es gebe nun auch Interesse einer Drehbuchautorin, die das Werk verfilmen wolle.
„Lieber Ahmet“, schreibt diese. „Ich fürchte, es hat nie eine Zeit ohne hasserfüllte, dumme Menschen gegeben und die wird es wohl auch nie geben. Ich habe das selbst bei vielen Büchern und Filmen erlebt, es ist schmerzhaft, aber ich fürchte, da kann man nicht viel tun. Falls es Ihnen ein Trost ist: Gerade bei Amazon bekommt ein Buch umso mehr Aufmerksamkeit, je kontroverser es bewertet ist und desto mehr es polarisiert.“
Ahmet Özdemir: Ali&Anton. Wir sind doch alle gleich!“ Aachen, Shaker Media 2017.