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Schüsse über Hecke abgefeuertAngeklagter im Prozess um Schüsse am Tennisclub könnte gelogen haben

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Die Figur der Justitia mit Richtschwert und Waage ist auf dem Glasfenster einer Tür im Gerichtsgebäude zu sehen.

Nach Schüssen in einem Tennisclub wird der Fall nun vor Gericht verhandelt. Der Angeklagte soll zu seinen Motiven gelogen haben.

Im Prozess nach Schüssen in einem Tennisclub in Hürth soll der Angeklagte vor Gericht gelogen haben. Nun wurden weitere Tatzeugen angehört.

Im Prozess um die Schüsse auf eine Frau am Tennisclub Kendenich verdichten sich die Hinweise, dass der Angeklagte gelogen hat. Vor der 5. Großen Strafkammer sagte am zweiten Verhandlungstag die Zeugin aus, die unmittelbar nach den Schüssen die Polizei verständigt hatte.

Die 63-jährige Softwareentwicklerin berichtete, dass sie sich am Tattag, am 30. Oktober 2022, auf der Rückbank des eigenen Wohnmobils befand, das sie und ihr Ehemann auf dem Parkplatz am Tennisplatz abgestellt hatten. Da das Paar dort gewohnheitsmäßig Urlaubsreisen ausklingen lässt, bevor es sich in seine nahe gelegene Wohnung begibt, hatte es sich der 68-jährige Ehemann auf dem Beifahrersitz gemütlich gemacht, sie auf der Rückbank.

Der 63-Jährige bemerkte den Tatverdächtigen kurz vorher

Er schilderte dem Schwurgericht, dass er durch die Windschutzscheibe einen kleinen, muskulösen Mann auf dem Parkplatz bemerkte. „Er benahm sich nicht wie ein Tennisclub-Besucher oder Spaziergänger, sondern streunte herum.“ Dabei soll er zweimal nah am Wohnmobil des Ehepaares vorbeigekommen sein.

Bis in schneller Abfolge Schüsse fielen, habe er dem Mann jedoch keine weitere Beachtung mehr geschenkt. Der Wohnmobilbesitzer, der aufgrund seiner Bundeswehrerfahrung das Feuer einer Pistole identifiziert haben will, habe seiner Ehefrau auf der Rückbank zugerufen, in Deckung zu gehen und die Polizei zu verständigen.

Durch die Hecke: Schüsse auf eine Frau

Sie berichtete, dass sie sich schnell noch das Kennzeichen des Autos merkte und aus der Deckung so weit wie möglich den weiteren Tathergang durch die Wagenfenster beobachtete. Demnach sah sie, wie ein Mann mit ausgestreckten Armen eine Waffe auf ein Ziel richtete. Dabei habe er neben einem dunklen Auto gestanden, in das er später einstieg und wegfuhr. Wie ihr Ehemann will sie die Frau, auf die über eine 80 Zentimeter hohe Hecke hinweg geschossen wurde, die den Parkplatz von einem Fußweg trennt, erst wahrgenommen haben, als diese humpelnd in Richtung des Tennisplatzeingangs floh.

Zwei befreundete Mütter und ihre kleinen Töchter befanden sich zur Tatzeit in Höhe des Glascontainers am Parkplatz, als sie die Schüsse bemerkten. Eine der beiden bezeugte, dass der Angeklagte mit beidhändig gehaltener Waffe und ausgestreckten Armen hinter einer Hecke stand und dass nach den ersten Schüssen eine Frau weghumpelte. An beiden Zeuginnen soll der Mann wenig später mit heruntergekurbeltem Fenster vorbeigefahren sein. Die Zeugin, die er dabei ansah, fotografierte das Autokennzeichen.

Motiv des mutmaßlichen Schützen: Tötungsabsicht oder Angst

Der mutmaßliche Schütze wurde noch am selben Tag verhaftet und sitzt seither in Untersuchungshaft. Um zu klären, ob der Angeklagte der Geschädigten in Tötungsabsicht aufgelauert hat, hörte das Schwurgericht unter Vorsitz von Richter Peter Koerfers den Leiter des Instituts für Rechtsmedizin, Prof. Dr. Markus Rothschild, der die Schusswunden des Opfers begutachtet hatte.

Denn der Angeklagte hält nach wie vor an seiner Behauptung fest, er habe der Freundin seiner Ex-Partnerin nur Angst einjagen, sie aber nicht verletzen wollen, weil sie der Mutter seiner Tochter bei der Trennung von ihm half. Doch die forensischen Beweise trugen nicht abschließend dazu bei, den Vorwurf des versuchten Mordes endgültig zu erhärten. Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.