Personen aus dem rechtsgerichteten Spektrum kündigten an, den Besuch von FDP-Spitzenpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann zu stören. Ein Kommentar.
Hetze gegen Strack-Zimmermann in FrechenWenn aus „Hau ab!“ unversehens „Hau drauf!“ wird
Allein die Ankündigung und die Wortwahl lassen all jene, die Anstand besitzen und für die Werte von Freiheit und Demokratie einstehen, kalt erschaudern. Es ist eine nicht einmal mehr getarnte Drohung, wenn jemand vor dem Besuch der FDP-Spitzenpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann gestern Abend in Frechen schreibt: „Stellt die Kriegstreiber, fallt ihnen in den Arm!“ Was nichts anderes als ein Aufruf bedeutet, die Veranstaltung der Liberalen zu stören – wie und mit welchen Mitteln, lässt der Verfasser in seinem Facebook-Post offen. Natürlich bewusst.
Ein anderer wurde da konkreter: Die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl im Juni sei eine „Kriegshetzerin“ und man solle ihr „mit Hau-ab-Rufen einen lauten ablehnenden Empfang“ bereiten. Werden Menschen einmal derart aufgestachelt, kann sich vor allem in einer Gruppe eine Dynamik entwickeln, in deren Folge Handlungen nicht mehr kontrollierbar sind und zu verheerenden Ergebnissen führen.
Was Frechen mit dem Kapitol in Washington zu tun hat
Wie war das doch gleich im Januar 2021 in den USA? Der damalige Präsident Donald Trump hatte zuvor in einer Rede seine Anhänger dazu aufgerufen, zum Kapitol zu marschieren und zu kämpfen. Ihm wird vorgeworfen, den Sturm aufs Kapitol verursacht zu haben und während der Gewalt stundenlang untätig gewesen zu sein. Vorangegangen waren die verlorene Präsidentschaftswahl der Republikaner, Trumps Leugnen des Wahlergebnisses und eben der Versuch, die Anerkennung durch die Abgeordneten zu torpedieren – oder zumindest einen Abgang mit einem lauten Knall zu inszenieren.
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Fünf Menschen bezahlten dies mit ihrem Leben.
Trump kandidiert im November erneut um das Präsidentenamt.
Und wie war das noch im Januar dieses Jahres? Landwirte hinderten Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) daran, im Hafen von Schlüttsiel am schleswig-holsteinischen Wattenmeer eine Fähre zu verlassen. Es war der negative Gipfel der Proteste zu Jahresbeginn, als Bauern gegen die Streichung von Subventionen mobil gemacht hatten.
Es fehlte nicht viel, und der Mob hätte Habecks Fähre mit 30 Reisenden geentert. Weil der Kapitän sein Schiff wieder ablegte und Polizei Schlimmeres verhinderte, blieben der Vizekanzler und alle anderen Passagiere an Bord unversehrt.
Schaden nahmen die Demokratie mit ihrem Recht auf (friedliche) Versammlungsfreiheit und die Mehrzahl der friedlich demonstrierenden Landwirte, die mit Konvois und Blockaden auf ihre wirtschaftliche Situation aufmerksam gemacht hatten. Und es blieb die Erkenntnis, dass es offenkundig in zunehmendem Maße Menschen in unserer Gesellschaft gibt, die nicht davor zurückschrecken, anders Denkende zu bekämpfen – und das mit allen Mitteln.
In Kerpen formiert sich Widerstand gegen den Bau einer Unterkunft für Geflüchtete
Diese Entwicklung macht längst nicht mehr vor Kommunalpolitikern und lokalen Amtsträgern halt. Noch gut in Erinnerung ist der Umstand, dass Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach (SPD) Drohbriefe erhalten hatte – auch gegen seine Familie gerichtet –, weil er Standorte für Flüchtlingsunterkünfte benannt hatte.
Letzteres tat er nicht, weil Bedburg als erstes „Hier“ geschrien hat, sondern weil Bund und Land die Geflüchteten den Kommunen zuteilen. So wie jetzt auch in Kerpen Unterkünfte für 700 Menschen geschaffen werden. Was unter anderem dazu führt, dass unsere Redaktion anonyme Schreiben erreichen mit der Aufforderung, dies durch Berichterstattung zu verhindern.
Was wir gewiss nicht tun werden.