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GesundheitSo will eine Ärztin am Frechener Krankenhaus Frauen vor dem Herzinfarkt retten

Lesezeit 5 Minuten
Auf dem Bild sind eine Ärztin und ein Arzt zu sehen, die gemeinsam an einem medizinischen Gerät arbeiten.

Der Chefarzt der Kardiologie des Frechener St.-Katharinen-Hospitals, Prof. Dr. Alexander Schuh, und Dr. Anna-Laura Hirsch arbeiten zum Thema „Herzgesundheit für Frauen“ eng zusammen.

Das Frauenherzzentrum am Frechener St.-Katharinen-Hospital ist eines von nur dreien in ganz NRW. Die Zahl der Patientinnen ist steigend.

Emma ist 36 Jahre alt, alleinerziehende Mutter eines kleinen Sohnes und Unternehmensmanagerin in Vollzeit. Im Dauerstress ihres eng getakteten Berufs- und Familienalltags macht sie sich über ihre plötzlichen körperlichen Beschwerden keine großen Gedanken – Übelkeit, Hitzegefühl und Schmerzen im Oberbauch lassen aber die Alarmglocken bei ihrer Nachbarin schrillen. Sie erkennt die Symptome eines drohenden Herzinfarkts und alarmiert den Notruf, Emma kann in letzter Minute von den Ärzten gerettet werden.

Emma ist die Hauptfigur in einer Comicbroschüre, mit der die Deutsche Herzstiftung unter dem Motto „Frauenherzen schlagen anders“ über die spezifischen Merkmale von Herzerkrankungen bei Frauen aufklären will. Und sie ist kein Einzelfall, die Zahlen sind dramatisch: Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache bei Frauen. Am häufigsten sterben Frauen an der Koronaren Herzkrankheit KHK mit über 51.000 Sterbefällen (2023), darunter rund 17.500 am Herzinfarkt, der längst keine „Männerkrankheit“ mehr darstellt. Allerdings treten diese Erkrankungen bei Frauen aufgrund des hormonellen Schutzes meist etwa zehn Jahre später als bei Männern auf.

Frechen: Seit 2022 gibt es das Frauenherzzentrum

Das Frechener St.-Katharinen-Hospital hat seit 2022 eine speziell aufgestellte Einheit in der kardiologischen Abteilung von Chefarzt Prof. Dr. Alexander Schuh, die immer mehr Zuspruch findet: das Frauenherzzentrum. Es ist das Einzige im Rhein-Erft-Kreis und eines von nur drei Zentren in ganz Nordrhein-Westfalen. Mit dieser Spezialisierung unter der Leitung von Oberärztin Dr. Anna-Laura Hirsch hat das Krankenhaus auf der Basis neuerer wissenschaftlicher Forschung ein Angebot geschaffen, das sich auf die Herzgesundheit von Frauen konzentriert. Nicht nur die Behandlung der Patientinnen, sondern auch die wichtige Aufklärung über die geschlechterspezifischen Unterschiede bei Herzerkrankungen stehen im Fokus.

Nicht nur Männer kriegen einen Herzinfarkt. Frauen auch, aber oft mit anderen Vorboten und anderen akuten Symptomen. Außerdem sterben Frauen häufiger an einem Herzinfarkt, da sie oft die Symptomatik nicht einem akuten Herzinfarkt zuordnen
Dr. Anna-Laura Hirsch, Oberärztin am Frechener St.-Katharinen-Hospital

„Wir haben uns als Klinik frühzeitig entschieden, einen speziellen Fokus auf die weiblichen Risikofaktoren, auf die Prävention und auf die Behandlung von Herzerkrankungen von Frauen zu legen“, erläutert  Dr. Anna-Laura Hirsch, die sich in diesem Bereich in enger Zusammenarbeit mit der Gynäkologie am Frechener Hospital einsetzt. Sie ist seit 2014 nach ihrem Medizinstudium in Köln und Bologna am St.-Katharinen-Hospital tätig, seit 2020 als Oberärztin. 

Auf dem Bild ist das Portrait einer Ärztin zu sehen.

Die Oberärztin Dr. Anna-Laura Hirsch, Fachärztin für Kardiologie, Innere Medizin und Notfallmedizin, trifft mit ihrer Spezialisierung auf Frauenherzgesundheit am St. Katharinen - Hospital auf großes Interesse.

„Nicht nur Männer kriegen einen Herzinfarkt. Frauen auch, aber oft mit anderen Vorboten und anderen akuten Symptomen. Außerdem sterben Frauen häufiger an einem Herzinfarkt, da sie oft die Symptomatik nicht einem akuten Herzinfarkt zuordnen. Sie zögern zu lange, bis sie den Rettungsdienst informieren. Das gilt übrigens auch für die Herzinsuffizienz und Herzklappenerkrankungen. Daher ist Prävention und Früherkennung besonders wichtig“, so Hirsch.

Frauen zögern öfters, den Rettungsdienst zu rufen

Als typische Symptome bei Frauen klassifiziert die Frechener Ärztin Schmerzen im Nacken-Schulter-Bereich, im Brustkorb und beiden Armen sowie Atemnot. Begleiterscheinungen können auch Übelkeit, Erbrechen, kalter Schweiß, Schwindel und niedriger Blutdruck sein – Anzeichen, die Frauen oft als Magen-Darm-Infektion werten. Ein Warnzeichen sei auch eine ungewöhnliche Müdigkeit in den Tagen vor dem Infarkt. Auch Männer könnten diese Symptome zeigen, allerdings hätten sie häufiger die klassischen Brustkorbschmerzen und eine Ausstrahlung in den linken Arm und den Kiefer. Als auslösendes Ereignis gilt bei Frauen häufig psychosozialer Stress, bei Männern eher schwere körperliche Anstrengung.

Zudem zögern Frauen öfter, den Rettungsdienst zu rufen. Sie bräuchten im Schnitt rund 30 Minuten länger als Männer, bevor sie den Notruf anrufen, so Hirsch. Gerade ältere Patientinnen, aber auch Patienten zögerten oft zu lange, ehe der Rettungsdienst alarmiert werde. Wertvolle Zeit geht verloren.

Neue Sprechstunde für gesetzlich versicherte Patientinnen

Die Zahl der Patientinnen, die dem Frechener Frauenherzzentrum zugeordnet werden können, erhöht sich stetig. Seit Oktober kann die Oberärztin auch an einem Vormittag in der Woche eine ambulante Sprechstunde für gesetzlich versicherte Patientinnen anbieten. Rund vier Frauen kommen dafür in der Woche ins St.-Katharinen-Hospital, die Tendenz ist auch hier steigend.

Auf dem Bild ist das Gebäude des St.-Katharinen-Hospitals zu sehen.

Das Frechener St.-Katharinen-Hospital gehört mit rund 1000 Mitarbeitern zu den größten Arbeitgebern in Frechen.

„Kommen Frauen in die Wechseljahre, können die hormonellen Veränderungen die Risikokonstellation für Herz und Gefäße zusätzlich verschärfen. Die Wechseljahre verlangen von Frauen daher besondere Aufmerksamkeit für ihren Herzschutz“, betont Prof. Dr. Christiane Tiefenbacher, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung.

„Allerdings können auch jüngere Frauen weit vor der Menopause an Herz und Gefäßen erkranken und, wenn auch seltener als im hohen Alter, einen Herzinfarkt erleiden oder an einer Herzschwäche erkranken. Dafür müssen wir Frauen mehr sensibilisieren“, so die Chefärztin der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am Marien-Hospital Wesel.

Spätestens mit 40 Jahren sollte jeder seine Blutdruckwerte, seine Cholesterin- und Nüchtern-Zucker-Werte kennen
Dr. Anna-Laura Hirsch, Oberärztin am Frechener St.-Katharinen-Hospital

Als Präventionsmaßnahmen für Frauen empfiehlt die Frechener Oberärztin, dass Patientinnen mit gynäkologischen und rheumatologischen Risikofaktoren auch immer kardiologisch vorgestellt und betreut werden sollten. Frauen in und nach der Menopause sollten vermehrt auf Bluthochdruck untersucht und auch zur Selbstmessung angehalten werden.

„Spätestens mit 40 Jahren sollte Jeder seine Blutdruckwerte, seine Cholesterin- und Nüchtern-Zucker-Werte kennen“, so Hirsch. Übergewicht und Rauchen seien zu vermeiden, Bewegung müsse in den Alltag integriert werden. Am besten wäre es, diese Werte würden aktiv, zum Beispiel ein Jahr lang bei allen abgefragt und es käme dann ein Feedback, zum Beispiel von der Krankenkasse, wünscht sich die Kardiologin. 


Empfehlungen der Deutschen Herzstiftung

Die Deutsche Herzstiftung rät Frauen wie Männern zur Vorsorgeuntersuchung ab 40 Jahren – bei familiärer Vorbelastung früher, um regelmäßig Blutdruck, Blutzucker, Blutfette (Cholesterin) und Körpergewicht zu kontrollieren. Das kann der regelmäßige Gesundheits-Check-up bei Hausärztin oder Hausarzt sein, der ab 18 Jahren einmalig und ab 35 Jahren alle drei Jahre erfolgt. Er wird von der Krankenkasse bezahlt.

„Dadurch lassen sich unerkannte Risikokrankheiten für Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzschwäche aufdecken“, erklärt Prof. Dr. Christiane Tiefenbacher, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung. „Diese Vorsorge ist wichtig. Denn einen hohen Blutdruck oder zu hohes LDL-Cholesterin spürt man nicht“, warnt Tiefenbacher.

Außerdem sollten Frauen wie Männer auf regelmäßige Bewegung (am besten an frischer Luft) und gesunde Ernährung achten sowie nicht rauchen und auf Alkohol möglichst verzichten. (aj)

Geschlechtsspezifische Risikofaktoren bei Frauen

Bluthochdruck (80 Prozent der Frauen über 75 Jahren haben erhöhten Bluthochdruck, nur bei rund 30 Prozent wird er ausreichend behandelt)

Hohe Fettwerte (häufig schlechter medikamentös eingestellt wegen Unverträglichkeit

Frühe und vorzeitige Menopause

Schwangerschaftsdiabetes

Bluthochdruck in der Schwangerschaft

Schwangerschaftsvergiftung (Präeklampsie)

Autoimmunkrankheiten wie Lupus oder rheumatoide Arthritis (kommen bei Frauen viermal häufiger vor)

Polycystisches Ovarialsyndrom

Diabetes und Rauchen gilt für beide Geschlechter als massiver Risikofaktor und wird auch als „deadly two“ (tödliche Zwei) bezeichnet.