Auf Antrag der CDU wurde der mobile Bürgerservice beschlossen. Die Verwaltung hatte sich dagegen ausgesprochen, die Umsetzung wird dauern.
BürgerkofferIn Frechen sollen Senioren Amtsgeschäfte zu Hause erledigen können

Auf Wunsch der CDU Frechen soll die Verwaltung bald mit einem digitalen Bürgerkoffer zu den Bürgern in Notsituationen nach Hause kommen, um ihnen den Weg ins Rathaus zu ersparen.
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„Der Bürgerkoffer kommt“ – unter diesen Titel stellt die CDU Frechen die Mitteilung, dass der Sozialausschuss auf ihren Antrag hin in seiner jüngsten Sitzung mehrheitlich beschlossen hat , einen so genannten Bürgerkoffer einzuführen. Er soll als „mobiler Bürgerservice“ vor allem älteren und kranken Menschen ermöglichen, weiterhin selbstbestimmt ihre Angelegenheiten zu erledigen, ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Der Koffer ist als Alternative zum beschwerlichen Gang zum Bürgeramt gedacht.
Jetzt brauchen ältere Menschen nicht mehr zur Verwaltung, sondern die Verwaltung kommt bei Bedarf nun zu ihnen
Der Koffer ist ausgestattet mit einem Notebook, einem Drucker, einem Scanner, einem Fingerabdrucksensor und einem Änderungsterminal. „Für mobilitätseingeschränkte Menschen lassen sich so zahlreiche Dienstleistungen zu Hause erledigen, ohne selbst ins Bürgeramt zu müssen“, sagt der CDU-Stadtverordnete Hans Dieter Moll.
In einigen deutschen Städten gibt es bereits dieses bürgerfreundliche Angebot. „Jetzt brauchen ältere Menschen nicht mehr zur Verwaltung, sondern die Verwaltung kommt bei Bedarf nun zu ihnen“, freut sich Moll. Auch stelle der Bürgerkoffer eine sinnvolle Ergänzung zu den digitalen Angeboten der Verwaltung dar.
Frechen: Aktuell steht kein Geld für einen Bürgerkoffer zur Verfügung
Doch ein Sprecher der Stadt konstatiert: „Nach derzeitigem Stand wird es wohl eine ganze Weile mit der Einführung des Bürgerkoffers dauern. Zur Umsetzung stehen aktuell keine finanziellen Mittel zur Verfügung, zudem sind eine Reihe organisatorischer Fragen zu klären.“ Eine vorsichtige zeitliche Prognose sei, dass „eine Umsetzung mit Inkrafttreten des Haushaltes 2026 gegebenenfalls möglich sei“.
Dies bedeutet, dass es auf jeden Fall noch mehr als ein Jahr dauern wird, ehe mit dem Bürgernkoffer gestartet werden kann. Der Haushalt werde im März 2026 beschlossen, im Anschluss dem Rhein-Erft-Kreis zur Genehmigung vorgelegt, so die Verwaltung. Wann diese erfolge, lasse sich nicht absehen.
Verwaltung wollte auf den Koffer verzichten
Schon vor der Sitzung des Sozialausschusses hatte die Verwaltung vorgeschlagen, auf die Einführung des Koffers zu verzichten. Sie führte mehrere Gründe dafür an: Hausbesuche würden einen deutlich höheren Bearbeitungsaufwand pro Fall bedeuten. Neben der eigentlichen Bearbeitung kämen auch noch Zeiten für An- und Abfahrt sowie Auf- und Abbau dazu. Aufgrund des Gewichts des Koffers mit rund 15 Kilogramm und weiteren Materialien könne dieser nicht alleine von einer Person transportiert und aufgebaut werden, ein zweiter Mitarbeiter sei also notwendig.
Höhere Personal- und Fahrtkosten
Für die Fahrten zu den Bürgern müssten die Mitarbeitenden das Dienstfahrzeug verwenden, auch hier fielen zusätzliche Fahrzeugkosten an. Es könne in der Zeit nicht für andere Dienstfahrten genutzt werden, andere Mitarbeiter müssten dann Privatfahrzeuge nutzen, was wiederum zu erhöhten Kosten für Wegestreckenentschädigungen führen würde.
Auch für die Auslieferung von Ausweisen und Pässen würden wieder Personal- und Fahrtkosten anfallen, so die Verwaltung. Sollten Kunden trotz vorheriger telefonischer Beratung nicht alle notwendigen Unterlagen zusammen gestellt haben, könnten mehrere Fahrten nötig werden.
Das Thema Bürgerkoffer bzw. Hausbesuche hat bislang keine Praxisrelevanz. Es wird von Bürgerinnen und Bürger nicht abgefragt
Sie wies darauf hin, dass in ihrer Mobilität eingeschränkte Personen barrierefreien Zugang zum Bürgeramt haben und sich Bürger für wie An-, Ab- und Ummeldungen durch formlose Vollmachten vertreten lassen können. Viele ältere Personen könnten sich von der Ausweispflicht befreien lassen, damit entfalle für sie die Pflicht im Bürgeramt zu erscheinen. Zusätzlich gebe es bereits digitale Angebote.
Zudem wäre der Einsatz des Bürgerkoffers mit dem vorhandenen Personal im Bürgeramt nur zu Lasten der Öffnungszeiten des Amts möglich – oder die Stellen müssten erhöht werden. Das Fazit der Verwaltung: „Das Thema Bürgerkoffer bzw. Hausbesuche hat bislang keine Praxisrelevanz. Es wird von Bürgerinnen und Bürgern nicht abgefragt. Für nahezu alle Dienstleistungen gibt es wie bereits beschrieben Möglichkeiten der Inanspruchnahme; sei es digital, per Vordruck oder durch Bevollmächtigte.“
Die Einführung wurde trotz der Vorbehalte der Verwaltung mit neun Ja- und sieben Nein-Stimmen sowie einer Enthaltung beschlossen.