In Frechen hat sich eine Gruppe von Feuerwehrleuten gefunden, die ihren Beruf auch als sportliches Hobby weiterführen.
Sportart aus den USAFeuerwehrleute schwitzen bei „Fire Sports“ in Frechen

Lauftraining und Sprintübungen in der Gruppe dienen zum Aufwärmen.
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Sie hauen mit dem Vorschlaghammer auf den federnden Mantel eines Traktorreifens, ziehen eine Holzkiste beladen mit zwei Benzinkanistern voll Sand am Feuerwehrschlauch über den rauen Asphalt, sie schultern unhandliche Schlauchpakete, schmeißen sie nach zwei Schritten hin, um sie erneut zu schultern, oder sie schleppen eine mannsgroße und -schwere Puppe im Rückwärtsschritt über den Hof der Frechener Feuerwehr. Es geht um Kraft, Ausdauer und Koordination.
Frechen: Die Gruppe der Sportler wächst stetig
17 Stationen haben die Feuerwehrleute vor dem Gebäude der Feuer- und Rettungswache Frechen aufgebaut. Im Zirkel absolvieren zehn von ihnen an diesem Sonntagnachmittag für jeweils 45 Sekunden die schweißtreibenden Übungen, gefolgt von 45 Sekunden Pause, den Takt gibt eine Stimme aus dem Lautsprecher vor. Drei Durchgänge sind geplant, der letzte in voller Feuerwehrmontur. „Es ist eine Quälerei“, flucht der Feuerwehrmann Mike Darwin Gau, „aber eine, die Spaß macht.“

Ein Gruppenfoto nach dem Training gehört zum für die Sportler der Fire Sports Frechen dazu.
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Die Gruppe trainiert eine hierzulande bislang wenig verbreitete Sportart, den von den Rettungskräften in den USA ausgehenden „Fire Sports“ mit internationalen Wettkämpfen namens „Firefighter Combat Challenge“, kurz FCC.
2019 habe sich die Gruppe in Frechen gegründet, mit dem Ziel, an Meisterschaften in Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Polen und England teilzunehmen, schildert Oberbrandmeister Benjamin Henne.
Am 14. Juni reisen sie zum ersten Wettbewerb des Jahres, dem „Toughest Firefighter Alive“ in Mönchengladbach, dann steht der FCC in an der Mosel in Edigger-Eller vom 4. bis 6. Juli an.

Den rund 200 Kilogramm schwere Reifen eines Radladers heben und kippen gelingt nur mit der richtigen Technik.
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Vor allem gehe es um den Spaß, mit Kolleginnen und Kollegen sportliche Herausforderungen in der Freizeit zu meistern. Bei aller Berufsbezogenheit, bezahlt werde der Sport natürlich nicht, sagt Henne. 2009 habe er den Sport zuerst bei der Feuerwehr in Göttingen ausgeübt.
Die Community, die hauptsächlich über den Instagram-Account „firesportsfrechen“ kommuniziere, wachse stetig, Zulauf habe sie nicht nur von Feuerwehrleuten, auch Polizeibeamte, RWE-Mitarbeiter oder solche vom Stromversorger West-Netz und Kollegen vom Rettungsdienst machten mit.
Interessierte reisen weit, um am Training teilzunehmen
Zum Training mit den außergewöhnlichen Gerätschaften sind einige zum ersten Mal dabei, unter ihnen mit 17 Jahren Luke Sterzenbach und sein Freund Sillas Hartl als jüngste. Martin Boden ist aus dem 194 Kilometer entfernten Greven bei Münster angereist. Als „ausgeprägter Fitnessnerd“, bezeichnet sich Martin Boden. In seinem Beruf arbeite er überwiegend im Büro. Als ehrenamtlicher Feuerwehrmann brauche er den Sport zum Aufbau der nötigen körperlichen Reserven: „Wenn ich irgendwo mit Pressluftatmer reingehe, weiß ich dann, worauf ich mich verlassen kann.“
Marina Nikic, die sich in Mainz in der Brandmeisterausbildung befindet, erklärt den Neulingen die einzelnen Disziplinen. Die Liegestütze mit Wechsel der Arme im Abstand der Sprossen einer Rettungsleiter oder die Technik, wie man den rund 200 Kilo schweren Reifen des Radladers auf die Kante stellt und wieder überkippt, „dotzeln“ genannt. Der Umgang mit anderen Geräten ist selbsterklärend, wie die zwei mit Wasser gefüllten 20-Liter-Kanister an einer rund 50 Meter langen Laufstrecke.
Manche Trainingsgeräte bauen die Feuerwehrleute selbst
Manches haben die Feuerwehrleute aus Holz selbst gebaut, wie eine Rinne, in der sie mit dem Vorschlaghammer einen rund 70 Kilo schweren Betonquader von einem Ende zum anderen treiben. Martin Boden lässt sich die effektivste Schlagtechnik von Benjamin Henne erklären. „Dafür hat sich die Fahrt schon gelohnt“, schwärmt Boden, bei Wettbewerben verliere man wertvolle Sekunden, wenn man das Gewicht mit dem Hammer falsch treffe. Das Trainingsgerät fänden die Sportler selten vor, erläutert Henne, das Original aus Stahl, bekannt als „Keiser Force Maschine“, koste viele Tausend Euro.
Für Feuerwehrmann Timon Hennemeyer liegen die Vorteile des „Fire Sports“ auf der Hand, er sei realitätsnah, und Gerätschaften, mit denen man hantiere, seien solche, die ohnehin im Einsatz eine Rolle spielten. Den Dummy zu ziehen, als Simulation einer Personenrettung, gehöre übrigens zum Einstellungstest bei Feuerwehren, schildert Benjamin Henne. 66 Meter weit müsse dann die 80 Kilo schwere Puppe in 60 Sekunden gezogen werden.
Die Puppe werde übrigens demnächst noch schwerer werden, weiß Mike Darwin Gau. Denn nicht selten retteten die Feuerwehrleute „sehr schwere Menschen“ auch aus oberen Stockwerken mehrgeschossiger Häuser. Die Rettungskräfte hätten für diesen Umstand eigens den Begriff „Einsatz in Feuerwehrparterre“ geprägt.