Niklas Geuer klagt über einen zu hohen Zeitaufwand für immer neue Regeln. Er sieht darin eine Gefahr für seine Branche.
Kontroll-OverkillElektrofachhändler in Frechen kritisiert zu viel Aufwand für Bürokratie

Der Elektrofachhändler Niklas Geuer ärgert sich über den zunehmenden Bürokratieaufwand für seine beide Geschäfte in Frechen und Kerpen. Für die Pflegemittel, die er anbietet, muss er lange Listen führen.
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„Wieviel Bürokratie soll denn im Einzelhandel noch auf uns zukommen?“ Diese Frage stellt der Frechener Elektrofachhändler Niklas Geuer mit einem verzweifelten Lachen. Der 36-jährige, der den Familienbetrieb EP:Geuer an der Hauptstraße in fünfter Generation mit 17 Mitarbeitern erfolgreich führt, sieht sich zunehmend von neuen Regeln und Gesetzen bedrängt: „Es wird immer mehr, was wird als nächstes kommen? Mehrere Stunden pro Woche bin ich im Einsatz, um den Vorschriften zu entsprechen. Und der Januar ist eh immer komplett mein Bürokratiemonat.“
Frechen: Unangekündigter Besuch des Kreisgesundheitsamts
Erst kürzlich ereilte den Unternehmer, der auch eine Filiale in Kerpen führt, der unangekündigte Besuch einer Vertreterin des Kreisgesundheitsamts, deren Anliegen ihn überraschte: „Die nette Dame hat 20 Minuten lang unsere Entkalker und Reiniger, alles von namhaften Herstellern, überprüft und mehrere Beanstandungen festgestellt“, berichtet er. Bei dem Original-Klarspüler von Miele habe sie zum Beispiel bemängelt, dass eine Kindersicherung fehle.
Für diese Betriebsinspektion nach dem Chemikaliengesetz habe er grundsätzlich Verständnis, so Geuer, auch wenn kaum einer aus seiner Branche so etwas kenne. Aber gerade in seinen Fachgeschäften liege der Fokus auf einer persönlichen Kundenberatung und -betreuung. Die Marken-Pflegeprodukte für die Haushaltsgeräte stehen gut sichtbar und original verschlossen im Kassenbereich. „Wie wird das denn in Super- oder Drogeriemärkten gehandhabt?“, fragt er sich.
Ich muss in Zukunft überlegen, ob es bei dem Aufwand überhaupt Sinn macht, die Produkte weiter zu verkaufen
Und für jedes der Produkte solle er jeweils ein 17-seitiges DinA-4 Dokument mit Daten vorhalten. Dies müsse auf Nachfrage vorgezeigt werden können, berichtet Geuer, aber es fände sich nicht einmal im Miele-Onlineshop. Dass die Inspektion auch noch kostenpflichtig ist, er aber keine Information über die Höhe habe, sei zudem ärgerlich. „Ich muss in Zukunft überlegen, ob es bei dem Aufwand überhaupt Sinn macht, die Produkte weiter zu verkaufen“, resümiert der Einzelhändler.
Ein Sprecher der Kreisverwaltung erläutert:„ Die Überwachung erfolgt gemäß der Verwaltungsvorschrift Chemikaliensicherheit. Kreise und kreisfreie Städte sind verpflichtet, jährlich mindestens 0,1 Regelinspektionen pro 1.000 Einwohner in Einzelhandelsbetrieben durchzuführen.“ Für den Rhein-Erft-Kreis bedeute dies etwa 50 regelmäßige Inspektionen pro Jahr, hinzu kämen anlassbezogene Inspektionen.
Kosten für die Kontrollen liegen zwischen 25 und 3000 Euro
Die Kosten für Inspektionen und andere Überwachungsmaßnahmen werden als Gebühren erhoben, sie liegen zwischen 25 und 3000 Euro, abhängig vom Umfang der Inspektion.
Erst im Juli 2024 ist zudem noch eine weitere Regelung für die Einzelhändler dazu gekommen – die Anzeigepflicht beim Kreisveterinäramt von Lebensmittelbedarfsgegenständen. Hinter dem umständlichen Wort versteckt sich alles, was mit Lebensmitteln in Kontakt kommt oder kommen könnte.
Butterdosen in neuen Kühlschränken müssen aufgelistet werden
Und so muss Geuer neuerdings in aufwendigen Listen aufführen, wieviele Kunststoff-Butterdosen in seinen neuen Kühlschränken sind oder wieviele Wasserkocher und Toaster er im Angebot hat. „Es ist ja sinnvoll, dass geprüft wird, aber die Ressourcen in der Kreisverwaltung könnten doch besser eingesetzt werden. Wie kann es sein, dass dafür Kapazitäten frei sind, wo so vieles liegen bleibt aufgrund von Personalmangel?“, hinterfragt Geuer.
„Die Verpflichtung zur Meldung für Betriebe, die Lebensmittelbedarfsgegenstände in den Verkehr bringen, besteht seit dem 1. Juli 2024“, bestätigt die Kreisverwaltung. Seitdem hätten sich bereits zahlreiche Betriebe beim Rhein-Erft-Kreis registriert. Die genaue Anzahl der betroffenen Betriebe im Kreis sei nicht bekannt.
Wir setzen uns klar gegen neue bürokratische Hürden im Einzelhandel ein und fordern gleichzeitig den konsequenten Abbau überflüssiger Bürokratie
Nach der Registrierung unterlägen diese Betriebe regelmäßigen Kontrollen und amtlichen Probenentnahmen – analog zur Lebensmittelüberwachung. Falls Betriebe ihrer Meldepflicht nicht nachkommen, werden Bußgelder verhängt.
Unterstützung erhält der besorgte Frechener Geschäftsmann von Jörg Hamel, Geschäftsführer des Handelsverbands NRW Aachen-Düren-Köln: „Wir setzen uns klar gegen neue bürokratische Hürden im Einzelhandel ein und fordern gleichzeitig den konsequenten Abbau überflüssiger Bürokratie.“
„Bei der Kontrolle von Geschäften und Waren durch die örtlichen Behörden stehen wir jedoch vor einem Balanceakt“, erläutert Hamel. „Einerseits lehnen wir übermäßige Bürokratie ab, andererseits kämpfen wir entschieden gegen schwarze Schafe, die Regeln umgehen und insbesondere im Elektronikbereich unsichere oder gar gefährliche Produkte in Umlauf bringen.“

Der Geschäftsführer des Handelsverbands NRW Aachen-Düren-Köln, Jörg Hamel, setzt sich gegen Bürokratie aber für eine wirksame Produktkontrolle ein.
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Die Debatte um chinesische Plattformen wie Temu zeige deutlich, wie essenziell eine flächendeckende und wirksame Produktkontrolle sei – nicht nur zum Schutz der Verbraucher, sondern auch zur Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen für all jene Händler, die verantwortungsvoll handeln und für die Qualität ihrer Waren einstehen. So wie Geuer, der 2019 mit dem Wirtschaftspreis der Interessenvereinigung Frechener Unternehmen (IFU) ausgezeichnet wurde.
Die häufigsten Verstöße würden bei den Inspektionen Kennzeichnungsmängel von Produkten betreffen, teilt Thomas Schweinsburg, Pressesprecher der Kreisverwaltung mit: „Diese werden über ein spezielles Meldeportal der Europäischen Kommission an die für den jeweiligen Hersteller zuständige Behörde weitergeleitet“.
Niklas Geuer, der für Vorschriften seitens der Altgeräteentsorgung, der generellen Überwachung und der Berufsgenossenschaft vollstes Verständnis hat, sieht seine Branche angesichts der vielen bürokratischen Regeln in eine ungewisse Zukunft steuern: „So vieles kommt jedes Jahr auf das normale Geschäft on top. Wenn mich heute junge Kollegen nach einer Gründung fragen, rate ich ihnen, lange darüber nachzudenken - und das obwohl ich meine Job sehr gerne mache.“ Er könne nachvollziehen, dass es immer weniger Gründer gäbe. „Eigentlich müsste es ja für die Wirtschaft genau anderesrum sein“, bilanziert der Frechener Unternehmer.