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Verschuldet und kaum NachwuchsVielen Frechener Unternehmen geht es schlecht

Lesezeit 3 Minuten

Mit Muskel- und Motorkraft ging der Vorstand der Interessenvereinigung Frechener Unternehmen auf eine Tour zu Betrieben.

Frechen – Unter dem Motto „Wir sind mit dem Radl da“ hätte der „Ausflug“ des Vorstandes der IFU, der Interessenvereinigung Frechener Unternehmen, in der vergangenen Woche stehen können. „Da während der Pandemie und des Lockdowns keine Präsenzveranstaltungen möglich sind, haben wir uns entschlossen, einige Betriebe aufzusuchen und persönliche Gespräche mit den Inhabern zu führen“, so der IFU-Vorsitzende Professor Dr. Jürgen Höser.

„Denn ein persönliches Gespräch ist durch eine Mail-Abfrage oder eine Online-Konferenz nicht zu ersetzen“. Höser schnappte sich seinen Motorroller, wurde auf dem Moped von seinem Stellvertreter Franz Pierenkemper begleitet, während Geschäftsführer Markus Besserer mit einem PS-starken Motorrad und Schatzmeister Marc Bonte mit dem Rennrad anrückten. Als sachkundiger Gast war – ebenfalls auf dem Motorrad – Frank Gensch von der Agentur für Arbeit dabei. Erkundet werden sollte, wie die Unternehmen die vergangenen Monate überstanden haben, welche Auswirkungen die Pandemie für sie hat und wo die IFU sie unterstützen könnte.

Erster Halt: Elektro-Geuer

Erste Station war die Firma Elektro-Geuer, wo die Gruppe von Wolfgang und Niklas Geuer empfangen wurde. In dem Gespräch beklagten die Unternehmer die Situation ihres Auszubildenden. „Sechs Wochen hatte er Kundenkontakt, dann mussten wir schließen. Wie soll der Auszubildende Erfahrungen im Verkauf und Beratung bekommen?“ Das Unternehmen selber stehe noch relativ gut da, denn Reparaturen und Montagen seien weiterhin auch außer Haus möglich gewesen.

Außerdem sei die Firma schon vor Corona im Netz aktiv und mit Werbeaktionen präsent gewesen. Was die Unternehmer aber als besonders ärgerlich empfinden, ist die Informationspolitik. „Auch wir erfahren nur aus den Medien, was wir dürfen und was nicht. Die letzte offizielle Info der Stadt kam am 17. März 2020“, so Niklas Geuer, der auf kommunaler Seite einen konkreten Ansprechpartner in dieser Zeit vermisst.

Ware ausgemustert

Ähnlich sah man das auch bei der Firma Robert Ley an der Europaallee, wo Geschäftsführer Georg Cruse und Filialleiter Lars Berndt die Gäste begrüßten. Von einem Umsatzminus von 75 Prozent berichteten sie ihren Gästen. Problematisch ist in der Textilbranche vor allem der schnelle Kollektionswechsel.

Cruse: „Wir müssen die alte Saisonware, die noch nie zum Verkauf stand, ausmustern und unter Wert veräußern, denn die Neuware steht schon vor der Tür.“ Ein Ausweichen auf den Internetverkauf ist für das Unternehmen keine Lösung: „Das ist dank der großen Anbieter ein schwieriger Markt und lohnt sich für uns kaum.“

Auch im Fitnessstudio erkundigte sich der IFU-Vorstand.

Wie schon an der ersten Station klagten die Gesprächspartner über das geringe Interesse der jungen Menschen am Einzelhandel: „Neben der schlechten ÖPNV-Anbindung in der Europaallee lässt vor allem die Tatsache, dass bei uns auch samstags gearbeitet wird, das Interesse schwinden. Die Work-Life-Balance ist den jungen Leuten schon bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz wichtig.“

Diese Aussage bestätigte auch Frank Böhme, der den IFU-Vorstand vor seinem Just-Fit- Studio an der Heinrich-Geist-Straße empfing. „Unsere Studios haben ja sieben Tage in der Woche sowie an Feiertagen geöffnet. Das schreckt schon ab.“ Die Fitness-Branche hat unter dem Lockdown nach seinen Worten schwer zu leiden.

Böhme wollte in diesem Jahr eigentlich weiter expandieren, sechs neue Studios eröffnen. Doch die monatelangen Schließungen haben diese Pläne zunichte gemacht, denn man hat sich nach seinen Worten „ordentlich verschuldet“: „Wir haben bei unseren Mitgliedern keine Beiträge mehr abgebucht, solange sie nicht trainieren können. Doch unsere Kosten laufen weiter.“ Die Zahl der Mitglieder sei stark gesunken.

Frank Böhme, der sich für seine Branche auch auf der politischen und der Verbandsebene stark macht und die Öffnung der Studios fordert, befürchtet, dass viele Studios nach dem Lockdown für immer geschlossen bleiben.