Erftstadt-Köttingen – Die Anspannung der vergangenen Wochen und Monate ist Eugen Neigert anzusehen. Vor wenigen Tagen hat er mit seinem Zirkus Laola endlich das Quartier wechseln können. Als er im Oktober 2019 das Winterquartier in Erftstadt-Konradsheim nahe dem Golfplatz ansteuerte, ahnte er noch nicht, dass die Pandemie den Zirkus ausbremsen würde. Kein Weiterziehen im Frühjahr, keine Vorstellungen.
Die letzte Vorstellung gab Laola im Oktober 2019 in Köln-Ossendorf. „Normal verdienen wir ja in den Sommermonaten immer so viel, dass wir für die Wintermonate eine kleine Reserve zurücklegen können“, erzählt Neigert. Nach mehr als einem Jahr seien die Reserven aufgebraucht. „Das Schöne am Zirkusleben ist die Freiheit“, sagt er. Nicht weiterziehen und kein Geld verdienen zu können, das mache nicht nur krank, sondern auch arm.
Zirkus Laola muss in Erftstadt ein neues Zuhause suchen
Nun musste sich der Zirkus ein neues Quartier suchen, weil der alte Jahnshof abgerissen wird. Dort entsteht ein neues Viertel mit Hotel und Wohnungen. Bauunternehmer Murat Canönde hat sein ehemaliges Firmengelände in Köttingen Am Giezenbach zur Verfügung gestellt. „Hier hoffen wir nun, ein bisschen zur Ruhe zu kommen“, sagt Neigert.
„Wir sehnen uns richtig danach, dass wir für unseren Lebensunterhalt wieder selber aufkommen können.“ Er vermisse die tägliche Arbeit mit den Tieren, das Training in der Manege, die Vorführungen und den Applaus. Der 63-Jährige steht nicht nur als Zirkusdirektor, sondern auch als Clown vor dem Publikum. „In meinem Zirkus bin ich darüber hinaus auch Mädchen für alles.“
Außer ihm und seiner Frau zählen drei seiner vier Kinder zum Team. „Und natürlich unsere Tiere.“ Auf einem eingezäunten Sandplatz stehen Ivan das Kamel, Bubi das Lama und die beiden Alpakas zwischen den Pferden. „Wenn der Bauschutt weggeräumt ist, wollen wir dort unsere Manege aufbauen“, berichtet der Zirkusdirektor. Er dankt nicht nur Canönde, sondern auch Bürgermeisterin Carolin Weitzel, die bei der Suche nach einem neuen Quartier geholfen habe. Auch viele Bürger unterstützen den Zirkus.
Weihnachten verbringt die Familie in Erftstadt im Wohnwagen
„Jetzt ist erst einmal großes Aufräumen und Saubermachen angesagt“, sagt Neigert. Sein Sohn Daniel (20) hat bereits damit begonnen, die 13 Zirkuswagen und fünf Wohnwagen von außen abzuspritzen, während Daniels Freundin Marike Peplow (19) ihren Wohnwagen von innen auf Hochglanz bringt. Sie zählt erst seit einem Jahr zum Team und ist eigentlich für die Kostüme zuständig. „Wenn die Manege steht, möchte ich am Trapez üben“, erzählt sie.
„Weihnachten wollen wir mit unseren Kindern im Wohnwagen feiern“, sagt der Senior. Er wohnt in einem rund 15 Meter langen Wagen, der mehr als 50 Jahre alt ist: „Hier haben wir reichlich Platz.“ Gemeinsam wollen sie dort an Heiligabend kochen und essen. Doch richtig Feierabend hätten sie nie: „Unsere Tiere unterscheiden nicht zwischen Wochen- und Festtagen.“