Erftstadt/Kerpen – Es war nur ein kleiner Satz in einer Geschichte, in der es um die finanzielle Unterstützung der Flutopfer im Rhein-Erft-Kreis und um die komplizierten Formulare, die sie ausfüllen müssen, um das versprochene Geld vom Land zu bekommen. In dem kleinen Satz zwischen allem anderen hatte der Blessemer Jürgen Köllen vom Verlust der Zither erzählt, auf der schon seine Urgroßmutter gespielt hatte. Er sagte: „Das Instrument hat zwei Weltkriege überstanden, aber die Flutkatastrophe nicht.“Als Anita Hüttig aus Kerpen-Sindorf das las, kam ihr sofort der Gedanke, dass sie Köllen die Zither ihres verstorbenen Vaters schenken würde, die sie seit Jahrzehnten verwahrt.
Es ist ein emotionaler Moment, als die beiden sich treffen. Als Jürgen Köllen die Zither – das Instrument wird auch Tischharfe genannt – ausgepackt hat, muss er sich setzen. „Wunderschön“, murmelt er und streicht über das Holz. In der Tat ist es ein wunderschönes Instrument, mit einer kunstvoll gedrechselten Strebe und leichten Gebrauchsspuren, die davon zeugen, dass viel darauf gespielt worden ist.
„Mein Vater hat sehr an der Zither gehangen“, bestätigt Anita Hüttig. Sie zeigt ein Bild aus dem Jahr 1955: Sie selbst ist als kleines Mädchen zu sehen und ihre Geschwister, dazu ihr Vater, der die Zither spielt, und ein anderer Mann mit einer Gitarre. „Wie lang er das Instrument damals schon hatte, weiß ich nicht.“ Die Familie sei nach dem Krieg aus dem Osten nach Sindorf gekommen, ihre Mutter habe Mandoline gespielt, erzählt sie.
Sie hört betroffen zu, als Köllen von der Flut und ihren Folgen berichtet. Erst seit zwei Wochen wohnten seine Frau und er wieder in ihrem Haus, zuvor hätten sie im Wohnmobil gelebt. Auf keinen Fall wolle er jemals wieder Regale aus Holz im Keller, habe er seiner Frau gesagt. Sie habe geantwortet: „Was machst du dir Gedanken um Regale? Wir haben sowieso nichts mehr, das wir einräumen könnten.“
Auch sein fast neues Keyboard hat das Hochwasser nicht überstanden. Sobald die Fluthilfe ausgezahlt sei, wolle er sich ein neues kaufen, erzählt Köllen. So wertvoll wie Zither wird es aber auf keinen Fall sein. Und so endet die Geschichte, die mit einem kleinen Satz begann, mit zwei großen Sätzen: „Die Zither bekommt einen Ehrenplatz in meinem Haus“, sagt Jürgen Köllen zu Anita Hüttig. „Und Sie haben für immer einen Platz in meinem Herzen.“