Angst, Freude und bestialischer GestankBewohner der Burg Blessem können wieder zurück
Erftstadt-Blessem – Raphael Rill hat vorsichtshalber die Winterjacken mitgenommen. „Wer weiß, wann ich nochmal in meine Wohnung kann“, sagt der 32-Jährige. Er hat in einem Nebengebäude der Burg Blessem gewohnt. Am Mittwoch durfte er zum ersten Mal seit der Flutkatastrophe in sein altes Zuhause, um ein paar persönliche Dinge zu holen.
„Zwischen Freude und unglaublicher Angst“ hat er die Nacht davor schlaflos verbracht. „Ich weiß gar nicht, ob ich die Wohnung betreten will“, hatte er noch am Dienstag gesagt. Aus dem Küchenfenster könne er gewissermaßen in den See springen, in den sich die Kiesgrube durch die Fluten der Erft verwandelt hat. Begleitet von je einem Vertreter des Ordnungsamtes und der Polizei und einer Nachbarin ist er dann doch reingegangen. Die Tür sei aufgebrochen gewesen, der Boden bedeckt von schlammigen Fußabdrücken der Rettungskräfte, die nachgeschaut hatten, ob wirkliche niemand bei der Evakuierung zurückgeblieben war. Ansonsten sei alles unversehrt, berichtet Rill.
Anwohner der Burg-Blessem: „Selbst mein Computer stinkt“
„Aber es stinkt bestialisch.“ Kühlschrank und Tiefkühlgerät seien ausgelaufen, Schimmel habe sich gebildet. Die Kleidung, die er mitgenommen habe, habe er bereits gewaschen, aber der Gestank sei nicht weggegangen. „Selbst mein Computer stinkt.“
In der halben Stunde, die er Zeit hatte, habe er auch noch die verdorbenen Lebensmittel ausräumen und Kühl- und Gefrierschrank ins Freie bringen müssen. Unterlagen, Andenken, zwei Schallplatten – Raphael Rill hatte sich einen Plan gemacht, was er mitnehmen wollte. Weil er auf Anhieb dann doch nicht alles gefunden hat, muss er noch einmal in seine Wohnung. Allerdings steht für ihn fest: „Dort wieder einziehen will ich auf keinen Fall mehr.“
Blessem: Boden in der Burg hat sich noch nicht gewölbt
Alexander Engels, dessen Familie die Burg gehört, durfte sie mittlerweile mehrfach betreten. Ob das historische Gebäude aber je wieder bewohnt werden kann, weiß er noch nicht. Eine Vertreterin der Unteren Denkmalbehörde habe Risse im Gemäuer mit Marken versehen und wissen wollen, welche Schäden alt und welche neu seien.
Die nassen Teppiche aus der Wohnung seiner Mutter im Erdgeschoss habe er nach draußen geschleppt, auch Sessel, die schon schimmelig waren. „Das Eichenparkett hat schon ein Hochwasser überstanden“, sagt Engels. „Aber damals war das Wasser auch schnell wieder draußen.“ Immerhin habe der Boden sich bisher nicht gewölbt, obwohl er jetzt seit fast zwei Wochen feucht sei.
Burg Blessem: Putz könnte reißen
Im Keller stehe das Wasser immer noch rund einen Meter hoch, das werde wohl langsam versickern. Abpumpen dürfe er nicht. Trockner könne er auch nicht laufen lassen, weil sie die Schimmelpilze in der Raumluft verteilten, und Wärme zur Trocknung sei auch keine Option, weil dann der Putz reißen könne.
Immerhin sei er durchs ganze Haus gegangen – die Türen der drei vermieteten Wohnungen hatten die Retter ohnehin aufgebrochen – und habe überall die Fenster gekippt. Die oberen Stockwerke sähen gut aus, es rieche auch nicht muffig.
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Am Donnerstag, sagt Engels, hätten dann auch die Bewohner der sechs Wohnungen im Torbogen kurz hineingedurft. Für die Wohnungen, und den Reitstall, die Richtung Köttingen lägen, sehe es recht gut aus. Die Bewohner hätten schon bis zu einer Stunde hineingedurft. Die Tagespflegeeinrichtung Burgwichtel, die dort untergebracht war, werde aber nicht wieder eröffnet: Die Eltern hätten gesagt, dass sie nicht wollten, dass ihre Kinder wieder in das Gebäude gingen.