Vom Hochwasser mitgerissenFamilie will um die stark beschädigte Burg Blessem kämpfen
Erftstadt-Blessem – Mindestens einmal am Tag fährt Alexander Engels an eine bestimmte Stelle bei Köttingen. Dort fehlt ein Stück in der Lärmschutzwand, und durch die Lücke kann er den grün schimmernden Zwiebelturm von Burg Blessem sehen. Dann weiß er: Sie steht noch.
Aber sie steht auf unsicherem Grund. Als nach den Regengüssen am Mittwoch die Kiesgrube an Rand des Erftstädter Stadtteils abbrach, riss sie auch Teile des Burggeländes mit. Engels zeigt das Bild eines Gebäudes, dessen Wand im riesigen Loch verschwunden ist. „Dort habe ich gewohnt“, sagt er. Bis ein Feuerwehrmann vor der Tür stand und ihm sagte, dass er sein Zuhause verlassen müsse. Sofort. Da sei man im Burghof schon durch hüfthohes Wasser gewatet.
„Wir hatten keine Zeit nachzudenken, auch keine Zeit, Angst zu haben“
Die Bewohner hatten da schon aufregende und anstrengende Stunden hinter sich, hatten mit aller Kraft gegen das Wasser gekämpft. „Als am Mittwochabend der Regen etwas nachließ, habe ich noch gedacht, jetzt haben wir es geschafft“, erinnert sich Engels. Sie hätten aufgehört zu pumpen. Und seien davon ausgegangen, dass es viel Arbeit sein werde, die Schäden zu beseitigen,
„Wir hatten keine Zeit nachzudenken, auch keine Zeit, Angst zu haben“, erzählt sein Schwager Andreas Negro, der ebenfalls auf dem Burggelände gewohnt hat. Rund 40 Menschen haben dort gelebt, in mehreren Nebengebäuden waren im Laufe der Jahre Mietwohnungen eingerichtet worden.
Alexander Engels Vorfahr August Osterrieth hatte das historische Gebäude, das Wahrzeichen Blessems, 1807 gekauft. „Jeder von uns ist erzogen nach dem Motto: alles für die Burg.“ Und das sei bis heute, bis zur jüngsten Generation so. „Die Burg ist für uns mehr als ein Zuhause.“ Auch die Mietwohnungen seien geschaffen worden, um Geld für den Erhalt des historischen Gebäudes zu erwirtschaften.
Burg Blessem: Anwohner suchen Wohnungen
Die Vorstellung, dass die Burg einstürzen könne, lassen Engels und Negro nicht an sich heran. Alexander Engels wohnt mit seiner Lebensgefährtin Jeannine Heinrich in einem Hotel in Hürth-Gleuel, Andreas Negro ist in Lechenich untergekommen. Jetzt suchen sie Wohnungen für die ganze Familie. „Möglichst in der Nähe, damit wir schlagkräftig sind“, sagt Negro. Auch für ihn steht außer Frage, dass sie die Burg retten.
„Die Ansprüche werden immer bescheidener“, hat Engels beobachtet. Anfangs habe er noch gedacht: „Wenn wenigstens die Burg stehenbleibt. Dann: „Wenigstens das Haupthaus.“ Mittlerweile: „Wenigstens das Tor.“
Burg Blessem: Anwohner kritisieren Stadt und Kreis
Dass sie im Moment nichts tun können, um ihre Heimat zu retten, macht ihnen am meisten zu schaffen. Und die Ungewissheit. Einmal schon hatte Alexander Engels eine SMS erreicht, die Burg sei eingestürzt. Deshalb muss er sich ja jetzt immer wieder versichern, dass der Turm noch steht.
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Die Burgbesitzer klammern sich an das, was sie am Sonntag auf einer Versammlung für die Blessemer Bürger gehört haben. Landrat Frank Rock habe zugesagt, um die Burg und um Blessem-Ost zu kämpfen. Er kritisiert, dass die Verantwortlichen von Stadt und Kreis nicht deutlich kommunizierten: „Wir könnten besser damit umgehen, wenn man uns klar sagen würde, wie die Lage ist.“
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Im Erdgeschoss des Haupthauses hat seine Mutter Dagmar Büsges-Osterrieth gewohnt. Die 82-Jährige ist derzeit in Urlaub. Es gehe ihr gut, sagt der Sohn, „weil sie es noch nicht gesehen hat“. Er selbst schläft schlecht, Jeannine Heinrichs berichtet, dass sie von den dramatischen Momenten beim Kampf gegen die Fluten träumt.