Mit dem Ende der Arbeitspferde verschwand auch der Stellmacher. Fast – denn Walter Keil versteht sich noch auf die alte Handwerkskunst.
StellmacherWarum ein Erftstädter (71) sich für ein ausgestorbenes Handwerk begeistert
Sieben Stellmacher gab es früher in Gymnich. Früher, das ist in diesem Fall in den 50er-Jahren. Jetzt gibt es nur noch einen, und der ist nicht nur der einzige in dem Erftstädter Ort, sondern in weitem Umkreis. Als die Traktoren sich in der Landwirtschaft durchsetzten, bedeutete das nicht nur das Aus für die Arbeitspferde, sondern auch für den Beruf des Stellmachers.
„Die meisten Leute wissen gar nicht, was der macht“, sagt Walter Keil: „Der Stellmacher fertigt hölzerne Fahrzeuge, die von Lebewesen bewegt werden.“ Der 71-Jährige bezeichnet sich selbst als Quereinsteiger, gelernt hat er den Beruf nicht. Der ist nämlich seit 1955 nicht mehr als Ausbildungsberuf bei der Handwerkskammer gelistet.
Maschinenbaumeister aus Erftstadt kann alte Wagenräder reparieren
Keil hat sich nicht nur mit der Technik, sondern auch mit der Geschichte der Stellmacherei beschäftigt. Er erklärt seine etwas sperrige Definition des Berufs: „Das Fahrzeug kann für Pferd, Ochse, Ziege, Hund oder auch Mensch sein. Das reicht vom Brauereiwagen über Kutsche und Leiterwagen bis zur Schubkarre oder zum hölzernen Pflug.“
Seine Begeisterung für Pferde und Wagen hat der gelernte Maschinenbaumeister vom Großvater, der einen Bauernhof in Thüringen hatte. Nach der Wende holte Keil einen alten Leiterwagen aus Erfurt und wollte ihn restaurieren. Aber wie repariert man ein Wagenrad?
Stellmacher aus Erftstadt zeigt seine Kunst im Freilichtmuseum Kommern
Durch Zufall kam der Kontakt zu einem 92-jährigen Stellmacher in Lendersdorf zustande. Der sagte, er werde ihm weiterhelfen, aber machen müsse er die Arbeit schon selbst. Mittlerweile stehen unzählige Wagenräder im Hof an der Kerpener Straße in Gymnich – Speichen und Felge aus Holz, Büchsen und Reifen aus Eisen.
Walter Keil hat auch nicht eine Werkstatt, sondern zwei: eine für die Holzarbeiten, die andere für Metall. Genau genommen hat er noch eine dritte, nämlich eine im Freilichtmuseum in Kommern. Dort kann man dem Stellmacher am Wochenende bei der Arbeit zuschauen.
Maschinenbaumeister lernte das zweite Handwerk in seiner Freizeit
Lafetten für historische Kanonen hat er schon gefertigt, Leiterwagen gebaut, sogar hölzerne Räder für Oldtimer erneuert. Gerade liegen in seiner Werkstatt Teile einer Schrotmühle, die er für ein Museum instand setzt. „Traditionsvereine, die historische Fahrzeuge haben wie beispielsweise alte Feuerwehrspritzen, sind froh, dass es mich gibt.“
Bei einem Arbeitsunfall hat Walter Keil vor Jahrzehnten den linken Arm verloren. Seinen Lebensunterhalt hat er seitdem bei der Stadt Erftstadt verdient. Und in der Freizeit das Stellmacherhandwerk gelernt. Mit einer Hand bedient er Zieheisen und Zapfenhobel – ersteres, um Holz in Form zu bringen und zu glätten, letzteres, um die Zapfen zu formen, die dann die Speiche in der Felge halten.
Bleibt die Frage, warum der Stellmacher eigentlich Stellmacher heißt. Natürlich kann Walter Keil sie beantworten: „Wenn jemand hölzerne Teile zusammenfügt, entsteht ein Gestell.“ Allerdings habe der Beruf in unterschiedlichen Gegenden auch unterschiedliche Namen. Viele davon sind als Familiennamen geläufig. Wagner beispielsweise, aber auch Karrenbauer oder Radermacher.