Wissenschaftler der Uni Hohenheim haben festgestellt: Die Backtechnik macht den Unterschied, ob ein Brötchen nach Verzehr zu Unverträglichkeit führt.
Handwerk in Rhein-ErftDeshalb sind Brötchen aus der Bäckerei verträglicher
Es war ein Zufall, der Willi Immerath zu der Erkenntnis brachte, dass seine Brötchen sehr bekömmlich sind, weit bekömmlicher, als er dachte. „Mein Hausarzt, der eine Weizenunverträglichkeit hat, muss irgendwie die Dinkel- mit den normalen Weizenbrötchen verwechselt haben“, berichtet Immerath. „Er rief mich an und wollte wissen, was er da gegessen habe – denn zu seiner Überraschung hat er das Weizenbrötchen gut vertragen.“
Rückmeldungen von Kunden, die an Weizenunverträglichkeit oder Reizdarm leiden und seine Weizenprodukte dennoch gut vertragen, bekommt Immerath öfter. Und inzwischen weiß er auch, woher die Bekömmlichkeit seiner Brötchen kommt – und die seiner Ansicht nach alle Brötchen haben, die von Handwerksbäckereien hergestellt und gebacken werden. Wissenschaftler der Uni Hohenheim haben festgestellt: Die Backtechnik macht den Unterschied.
Zuckerarten geraten unverdaut in den Darm und bereiten Schmerzen
„Wird der Teig lange geführt, sind Brot und Brötchen besser verträglich“, sagt Immerath. Die Forscher hätten herausgefunden, dass Teig, der lange ruht und lange arbeitet, bestimmte Zuckerarten abbauen kann, die oft Verdauungsprobleme bereiten können. Lange Teigführung bedeutet demnach also: bekömmliches Brot.
Bei zu kurzer Teigführung hingegen geraten diese Zuckerarten bei Menschen mit Reizdarm-Syndrom unverdaut in den Darm, bilden dort Gase, blähen auf und bereiten Schmerzen.
„Die lange Teigführung über viele Stunden ist ein klarer Vorteil, den wir Handwerksbäcker haben – die großen Ketten aber nicht, denn die haben gar nicht die Lagerkapazitäten, um so viel Teig für etliche Filialen ruhen und arbeiten zu lassen“, sagt Immerath
Allein die Herstellung des Teigs dauert drei Stunden
In Immeraths Backstube dauert allein die Herstellung des Teigs rund drei Stunden. Vormittags werden der Teig angerührt und die Teiglinge geformt, dann ruhen sie 15 Stunden lang in der Aromakammer, zunächst bei minus drei Grad.
Ab 17 Uhr werden sie werden sie allmählich in den Plusbereich beführt – bis etwa 15 Grad. „In dieser Phase arbeiten die Enzyme, die die unverträgliche Stoffe im Teig zersetzen“, sagt Immerath. „Schon nach fünf Stunden sind dreiviertel der unverträglichen Stoffe abgebaut.“
Ab zwei Uhr in der Nacht wird dann gebacken, berichtet der 78-jährige Willi Immerath senior, der noch immer täglich mit seinem Sohn Willi in der Backstube steht. Von der langen Teigführung profitierten dann die Weizenprodukte: „Brötchen, Stuten und süße Brötchen“, sagt Immerath. Von den Brötchen verlassen täglich rund 2000 Stück die Backstube.
Dem Teig gäben die Handwerksbäcker deswegen so lange Zeit, weil der Geschmack sich besser entfalte. „Kleine Brötchen haben übrigens mehr Geschmack als große“, sagt der Elsdorfer Bäcker, der seine Backwaren nicht nur an der Mittelstraße, sondern auch in Kerpen-Mödrath und in Bergheim-Kenten verkauft. Denn: „Einem Brötchen kann man nur eine Portion Geschmack mit auf den Weg geben.“ Das sei wie bei einem Luftballon, den man aufblase. „Der kleine ist noch zum Beispiel schön rot, aber wenn man ihn weiter aufbläst, verliert er Farbe und wird eher rosa.“