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Kommentar zum Aachener-AusBrühler Innenstadt droht ein fataler Abwärtstrend

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Lesezeit 3 Minuten
Auf dem Foto ist die Aachener-Filiale in Brühl zu sehen.

Die Aachener-Filiale in Brühl schließt Ende September. Der Handel sieht dies mit großer Sorge.

Die Zeiten der großen Warenhausketten und Textiler gehen dem Ende entgegen. In Brühl ist der Schlag ins Kontor besonders schmerzhaft.

Die Nachricht kam dann doch überraschend – für die Belegschaft wie für die Verantwortlichen im Rathaus: Beim Modehaus Aachener im Herzen von Brühl gehen gerade mal zwei Jahre nach der Eröffnung die Lichter aus. Spätestens Ende September schließt das Fachgeschäft, rund 35 Mitarbeitende verlieren ihren Job. Das haben sie am Mittwoch dieser Woche in einer Belegschaftsversammlung erfahren, Bürgermeister Dieter Freytag (SPD) durch einen Anruf dieser Redaktion einen Tag danach.

Erst hatte Firmengründer Friedrich Wilhelm Goebel sich durch Flucht einem Haftbefehl entzogen, dann die Insolvenz, jetzt schließlich das Aus:   Was sich auf noch höherem Level mit der Warenhauskette Kaufhof bereits vollzog, findet im Untergang des noch jungen Modehauses Aachener – wer hat sich bloß diesen Namen ausgedacht? – seine Entsprechung. Es sind traurige Beispiele für ein Unternehmertum, das sich durch Größenwahn und Egoismen leiten lässt statt durch Weitsicht und Verantwortungsbewusstsein.

Vollmundiges Versprechen bei der Eröffnung der Filiale 2022

Hier heißt der eine Benko, dort der andere Goebel. Es spottet jeder Beschreibung, dass Letzterer sich als Retter von Kaufhof-Filialen aufschwang. In Leverkusen hielt er nicht mal ein Jahr durch.

Den Schaden haben die Beschäftigten, wie so oft im Einzelhandel Frauen. Sie durften nach dem Rückzug von Sinn vor zwei Jahren hoffen, dass ihnen Aachener eine Perspektive bieten würde. Denn so klangen die Worte, die Goebel im Beisein von Bürgermeister Freytag bei der Eröffnung gewählt hatte. Er versprach sogar, dass sein Unternehmen nach dem Abriss des ehemaligen Kaufhof-Gebäudes aus den 1970er Jahren zu den Mietern in einer neuen Immobilie gehören werde.

Händler und Gastronomen werden spüren, dass ein Magnet fehlt

Die Pläne, die ein Investor im Mai 2022 vorgestellt hatte, kann er getrost überarbeiten. Wer jetzt noch an einer großzügigen Warenhaus-Nutzung festhält, betreibt Augenwischerei. Solche Kaufhäuser werden in Zeiten des Onlinehandels nicht überlebensfähig sein.

Brühl, das als eine der wenigen Städte im Rhein-Erft-Kreis über eine weitgehend intakte Innenstadt mit vitalem Geschäftsleben verfügt, droht der Verlust von Kaufkraft und ein nicht absehbarer Leerstand. Er mag nicht auf den ersten Blick ins Auge fallen, weil das Gebäude-Klotz etwas abseits der trubeligen Uhlstraße liegt – aber auch die Händler und die Gastronomen dort werden es zu spüren bekommen, dass ein Magnet fehlen wird.

Was kann bei der Neuausrichtung funktionieren? Braucht die Schlossstadt, die nicht arm an gastronomischem Angebot ist, noch mehr Restaurants? System-Gastronomie wie L'Osteria oder Alex könnte die Palette sicher ergänzen.

Für Discounter ist die Lage ein Filetstück, längst zieht es beispielsweise Aldi nicht mehr nur auf die grüne Wiese. Vielerorts entstanden Kombinationen aus Lebensmittelmarkt und Wohnungen darüber. In Wesseling gibt es das beispielsweise, in Köln plant der Discounter ein Quartier rund um seinen Markt herum mit 600 Wohnungen.

Es braucht schnelle Antworten, damit sich keine Negativspirale entwickelt

Oder aber der Investor setzt komplett auf die Karte „Wohnen in der Innenstadt“. Ohnehin waren Wohnungen für 300 Menschen vorgesehen. Das entspricht auch dem allgemeinen Trend, dass Menschen in die Zentren drängen. Gerade für eine ältere, zahlungskräftige Klientel dürfte das attraktiv sein.

Es müssen schnell Antworten her, ehe sich eine Negativspirale entwickelt. Frechen mit seiner sterbenden Innenstadt sollte alle Beteiligten als abschreckendes Beispiel reichen.