35 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind in Brühl von der Aufgabe betroffen. Insolvenzverwalter spricht „von einem schwierigen Marktumfeld“ für die Häuser.
Kein Investor gefundenModehaus Aachener schließt – Brühler Filiale betroffen
Beim Modehaus Aachener kann man Karriere machen. Zumindest scheint es so: Auf der Internetseite werden Modeberaterinnen für die Filialen in Brühl und in Mayen gesucht, in Göppingen ein Abteilungsleiter. Entsprechend überrascht war die Belegschaft in Brühl, als ihr am Mittwoch (26. Juni) mitgeteilt worden ist, dass das Unternehmen bis zum 30. September die Filiale in der Schlossstadt schließen wird – so wie die übrigen neun Häuser in ganz Deutschland auch.
Insolvenzverwalter Dr. Schulte-Kaubrügger teilte auf Anfrage mit, dass „alle Beteiligten sämtliche Anstrengungen zur Sanierung von Aachener“ unternommen hätten. Dennoch sei es nicht gelungen, dieses Ziel zu erreichen. „Wegen des schwierigen Marktumfeldes und der Kaufzurückhaltung der Kunden ist die Einstellung der Geschäftstätigkeit alternativlos“, so Schulte-Kaubrügger.
Rund 35 Mitarbeitende verlieren in Brühl ihren Job, insgesamt sind es bundesweit knapp 300. Anfang Juli soll der Ausverkauf beginnen. Zuerst hatte das Branchenmagazin TextilWirtschaft berichtet.
Zuletzt hatte der Insolvenzverwalter noch Optimismus verbreitet
Zuversichtlich klangen auch noch zuletzt Aussagen der Verantwortlichen aus dem Modehaus in Brühl, dass es ungeachtet des am 1. März vom Amtsgericht Dortmund eröffneten Insolvenzverfahrens weitergehen würde.
Schulte-Kaubrügger, Anwalt der Kanzlei White & Case Partner, hatte sich unlängst noch optimistisch gezeigt, dass der Geschäftsbetrieb von Aachener „in leicht veränderter Form“ fortgesetzt werden könne. Offenkundig musste sich das Unternehmen dem Druck in der Branche beugen – ein Investor wurde nicht gefunden.
Für die Brühler Innenstadt und deren Einzelhandel ist das Aus des größten Modehauses am Standort ein schwerer Schlag. Es hatte das Geschäftsgebäude, das jahrzehntelang von der Warenhauskette Kaufhof betrieben wurde, erst im August 2022 übernommen. Zuvor verkaufte in dem Bau aus den 1970er-Jahren das Unternehmen Sinn Textilien. Zudem kündigte Aachener bei der Eröffnung an, dass es auch nach dem Abbruch des arg in die Jahre gekommenen Gebäudes in einigen Jahren in den Nachfolgebau einziehen wolle.
Die Nachricht über die Schließung von Aachener hat Brühls Bürgermeister Dieter Freytag (SPD) „völlig überraschend aus der Presse“ erfahren. Die Zeichen für den Brühler Standort hätten gut gestanden, und er habe Ende Juni eine offizielle Information über die Beendigung des Verfahrens erwartet. Dass nun kein Investor gefunden werden konnte, sei auf das Gesamtpaket für die Modekette zurückzuführen, teilte Freytag mit. Der Brühler Standort habe sich seiner Kenntnis nach wieder in die richtige Richtung entwickelt.
Der Brühler Einzelhandel verliere mit der Schließung der Filiale an Angebotsvielfalt im Textil-Sortiment und einen Akteur, der sich mit seiner Geschäftsleiterin Heike Boerger gesellschaftlich in die Stadt integriert und engagierte habe. „Die Stadt Brühl pflegt weiterhin einen engen Kontakt zum Aachener Modehaus Brühl, um die Filiale und das betroffene Personal zu unterstützen“, versicherte Freytag. Sollte es zu einer Schließung kommen, werde er gemeinsam mit dem Hauseigentümer nach Wegen gesucht, um einen Leerstand zum wiederholten Mal zu vermeiden.
Das noch recht junge Modehaus war Ende 2023 in Schieflage geraten. Der Chef und Gründer der Modekette, Friedrich Wilhelm Goebel, wird wegen eines Haftbefehls gesucht. Dem Manager wird vorgeworfen, im Jahr 2020 falsche Angaben zu seinem Vermögen gemacht und bei einer eidesstattlichen Versicherung gelogen zu haben.
Goebel war einige Jahre für Sinn tätig – bis zu seiner Entlassung 2021 durch seine Ex-Frau, der das Unternehmen gehört. Medienberichten zufolge habe es zwischen den beiden einen deftigen Rosenkrieg gegeben. Der Geschasste gründete schließlich seine eigene Modekette, die in einem ähnlichen Segment unterwegs ist wie Sinn. Aachener bietet Mode, Schuhe und Accessoires an, vor allem im gehobenen Mainstream.
Bei der Eröffnung der Filiale in Brühl hatte Goebel versichert, sein Engagement in Brühl sei langfristig angelegt, das Modehaus werde nach Abriss und Neubau des Objekts dort verbleiben. Zusammen mit der Brühler Wirtschaftsförderung werde bereits jetzt nach einer Zwischenlösung für die Bauzeit gesucht.
Das ist nun nicht mehr erforderlich – zum Leidwesen der Beschäftigten und der Kunden.