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Anspruchsvoller JobHebammen aus Brühl fordern eine bessere Bezahlung

Lesezeit 3 Minuten
Das Foto zeigt die Hebammen der Praxis „Kleine Wunder“.

Die fünf Kolleginnen der Praxis Kleine Wunder unterstützen und begleiten Schwangere an der Immendorfer Straße in Brühl.

Die Arbeitszeiten seien nur schwer planbar, die Berufshaftpflicht sei teuer, sagt Hebamme Larissa Beesé über ihren Job.

Hebamme Larissa Beesé sagt es deutlich: „Eine Geburt ist nichts mehr wert.“ Sie liebt ihren Beruf sehr und möchte ihn ausführen, „wie es sein sollte – mit einer intensiven Begleitung der Frau vor, während und nach der Geburt“, sagt die 34-Jährige. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen kämpft sie für eine faire und wertschätzende Vergütung und bessere Arbeitsbedingungen, damit ihr Berufsstand überleben kann.

Brühl: Hebamme hat geholfen, 2500 Kinder auf die Welt zu bringen

Beesé hat bereits dabei geholfen, 2500 Kinder auf die Welt zu bringen. Viele Jahre war sie angestellt in großen Kliniken, sie hat als Hebamme im Personalleasing und freiberuflich gearbeitet. Und sie hat die Erfahrung gemacht, dass Gebärende in den Kreißsälen immer wieder abgewiesen wurden – weil es an Personal oder Kapazitäten mangelte.

Für sie war das ein Grund mehr, gemeinsam mit vier erfahrenen Kolleginnen die Hebammenpraxis „Kleine Wunder“ mit Räumen in Brühl an der Immendorfer Straße zu gründen. Die Praxis gibt es nun seit Oktober 2023. Alle Hebammen sind hier freiberuflich tätig, ergänzen sich mit ihren verschiedenen zusätzlichen Qualifikationen, von der Akupunktur bis zur Stillberatung.

Betreuung vom Schwangerschaftstest bis zum Wochenbett

All das komme den Frauen aus Brühl, Wesseling, Weilerswist, Erftstadt, Euskirchen, Hürth und Zülpich, die sie hier betreuen, zugute, berichtet Beesé. „Jeden Monat kümmern wir uns um mehr als 20 Frauen und bis zu zwölf Geburten. Wir bieten diverse Kurse wie zum Beispiel Geburtsvorbereitung und Rückbildung an.“

Dem Team geht es um eine selbstbestimmte, ganzheitliche Hebammenbetreuung: vom positiven Schwangerschaftstest über die Wehenbegleitung zu Hause und der Hausgeburt, mit der Möglichkeit, jederzeit für eine Beleggeburt ins Marienhospital Brühl zu wechseln, sowie dem gesamten Wochenbett bis hin zur Beikost. „Aber auch dieses Modell droht zu scheitern“, befürchtet Beesé.

„Wir Hebammen sind hoch spezialisiertes Fachpersonal, das sowohl im häuslichen Umfeld als auch im klinischen Setting stets die Verantwortung für das Wohlergehen von Mutter und Kind trägt. Selbst bei Hinzuziehung eines ärztlichen Kollegen werden wir nicht aus dieser Verantwortung entlassen und dafür auch in Regress genommen“, sagt sie.

Teure Berufshaftpflicht und verpflichtende Fortbildungen

Die Vergütung durch den GKV-Spitzenverband, der Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, spiegele die Qualifikation, den täglich geleisteten Einsatz und die große Verantwortung der Hebammen nicht wider. Dennoch seien Beleghebammen dazu verpflichtet, eine hohe Berufshaftpflicht abzuschließen, sowie Beiträge für Berufsverbände, Qualitätsmanagement und verpflichtende Fortbildungen sowie alle Arten von Weiterbildungen zu zahlen.

Schwer planbare Arbeitszeiten, Rufbereitschaften, lange Geburten, unbezahlte Ruhezeiten und nicht verlässliche Auszahlung von zugesagten Hilfezahlungen des GKV verschärften die Bedingungen. Bessé: „Für eine Entbindung mit einer Betreuung der Frau von einer Stunde an vor der Geburt bis drei Stunden danach beispielsweise gibt es von der Krankenkasse eine Pauschale von brutto 195,60 Euro.“

Eine solche Geburtshilfe sei nicht mal mehr kostendeckend möglich. „Das hieße, wir müssten künftig die werdenden Mütter, die sich für eine Eins-zu-Eins-Betreuung während der Geburt entschieden haben, abweisen. Das bricht uns das Herz.“ Diese „existenzgefährdende Entlohnung“ wirke sich negativ auf die Qualität der gesamten geburtshilflichen Versorgung aus und habe langfristig Folgen für die Gesellschaft. Das müsse sich ändern, fordert sie.