„Zuletzt sah es hier erbärmlich aus“Bahnhofsgebäude in Schwadorf wird wieder bewohnt
Brühl-Schwadorf – Gut zehn Jahre stand das alte Bahnhofsgebäude an der Haltestelle Brühl-Schwadorf leer. Seit November letzten Jahres herrscht dort wieder Leben. Mit seiner Frau und drei Kindern ist Thomas Ludwig in das alte Haus gezogen. Nach einer Besichtigung des Gebäudes im Oktober 2020 stand für die Familie schnell fest, dass sie ihre Heimat Zweibrücken in Rheinland-Pfalz verlassen und ins Rheinland ziehen wollte.
Dort, wo früher der Fahrdienstleiter das alte Stellwerk bediente, hat Ludwig den Verkaufsraum für seinen Modelleisenbahnen-Handel eingerichtet. „Nur die alte Kabelanlage hat noch im Keller gestanden, die ist aber inzwischen ausgebaut“, berichtet er.
Dirk Collin: „Zuletzt sah es hier erbärmlich aus“
„Das Stellwerk wurde schon 1987 mit Inbetriebnahme des neuen Zentralstellwerks in Hürth-Kendenich abgestellt“, erzählt Dirk Collin. Als Vorsitzender der Köln-Bonner Eisenbahnfreunde und Mitarbeiter der Hafen- und Güterverkehr Köln AG (HGK) kennt er sich mit der Geschichte der Köln-Bonner Eisenbahn gut aus.
Er freut sich über die neue Nutzung des um 1905 erbauten Dienstgebäudes. „Zuletzt sah es hier erbärmlich aus“, berichtet er. Scheiben seien eingeschlagen und das Gebäude rundum mit Graffiti besprüht gewesen. „Um das Haus vor Vandalismus zu schützen, hat die HGK sogar die Fenster zugenagelt“, erinnert Collin sich.
Hinter dem Bahnhofsgebäude in Schwadorf hält die Linie 18
Inzwischen ist das Bahnhofsgebäude, hinter dem heute die Linie 18 hält, von innen saniert. Gitter schützen die neuen Fenster. Auch wenn das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht, findet Collin es doch erhaltenswert. Hoch oben im First sind vom Bahnhof Schwadorf sogar noch die gemauerten Buchstaben „KBE“ zu erkennen. „Auf jeden Fall hat das Gebäude Geschichte“, sagt Collin. Vor 100 Jahren habe dort der 1897 eingeweihte legendäre „feurige Elias“ gehalten.
Und nebenan an der Laderampe der ehemaligen Güterabfertigung, wo heute eine Weinhandlung ist, hätten früher die Landwirte aus dem Vorgebirge ihre Erzeugnisse in die Züge verladen, um sie zu den Märkten nach Köln und Bonn zu schaffen.
Zwei Stunden Fahrzeit zwischen Köln und Bonn
„Die Vorgebirgsbahn ist die älteste Strecke der späteren KBE“, erklärt Collin. Der Feurige Elias sei sogar noch als Schmalspur-Dampfbahn gebaut worden. In Brühl verkehrte er über Uhlstraße und Markt, so dass Obst und Gemüse aus dem Vorgebirge direkt auf dem Wochenmarkt landeten. „Die Fahrzeit zwischen Köln und Bonn dauerte damals bis zu zwei Stunden“, berichtet Collin.
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Der Feurige Elias sei sehr gut angenommen worden – mit über 10.000 Fahrgästen monatlich im ersten Betriebsjahr. „Diesem Ansturm war die Bahn nicht gewachsen“, erklärt er. Schon 1899 hätten deswegen die Planungen für eine neue Trasse begonnen. Doch erst 1934 wurde die Normalspurstrecke komplett eröffnet, ab Brühl sogar bis Köln zweigleisig.
„Es wohnt sich gut hier“, sagt Ludwig. Das bestätigt seine Frau Sarah. Zwei ihrer drei Kinder gehen in Brühl in die Kita. Die Familie war schon öfter in Wesseling, wo über Jahre hinweg die Freundschaft mit den Köln-Bonner Eisenbahnfreunden gewachsen ist. „Deswegen ist uns der Umzug ins Rheinland auch nicht schwergefallen“, sagt Ludwig.