In Wesseling sorgt eine Kunst-Installation für Aufmerksamkeit — in Brühl sind es die Berichte zweier Deutsch-Iranerinnen bei einer Gesprächsrunde in einer Buchhandlung.
AktionstagGewalt gegenüber Frauen bei Veranstaltungen in Brühl und Wesseling angeprangert
Sie fallen auf, sind markant und haben eine Botschaft: Jede einzelne der insgesamt 222 Schaufensterpuppen, die mit orangefarbenem Flatterband umwickelt und mit eindringlichen Slogans beschriftet sind, prangern symbolisch unterschiedliche Formen massiver Gewalt an, denen Frauen weltweit ausgeliefert sind.
Am Samstag stand die Installation „Broken/Unbroken“ des Künstlers Dennis Josef Meseg wieder auf dem Wesselinger Rathausplatz, um am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen auf die Grausamkeiten aufmerksam zu machen, die Frauen auf der ganzen Welt jeden Tag angetan werden.
Auf einer neben der Installation stehenden Infotafel ist unter anderem zu lesen, dass es nur sehr wenige roten Fäden gibt, die sich so zerreißfest durch die gesamte Menschheitsgeschichte zieht, wie die psychische und physische Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen. „Kein Krieg, dessen Sieger die Frauen der Verlierer nicht verschleppt, vergewaltigt und ermordet hätte. Keine Religion, die Frauen nicht als Wurzel allen Übels sieht.“
In Brühl berichteten zwei Deutsch-Iranerinnen
In der Nachbarkommune Brühl waren am frühen Abend viele Frauen und Männer der Einladung der stellvertretenden Gleichstellungsbeauftragten Susanne Skiba gefolgt. In Kooperation mit der VHS und der Buchhandlung Brockmann begrüßte sie zwei Deutsch-Iranerinnen in der Buchhandlung: die Journalistin und Moderatorin Susan Zare und die Aktivistin Mariam Claren. In einem Gespräch schilderten die beiden Frauen den vielen Besuchern zum einen die verheerende Situation für Frauen in der islamischen Republik Iran, wo Frauen schon inhaftiert, gefoltert und geprügelt werden, wenn ihr Kopftuch nicht regelkonform umgebunden ist.
Zum anderen erklärte die Kölner Aktivistin Mariam Claren aber auch ihr ganz persönliches Schicksal. Denn ihre Mutter wurde bei einem Besuch in ihrer Heimat Iran im Oktober 2020 unter fadenscheinigen Gründen verhaftet. „Sie war auf dem Weg von Freunden zu ihrer kleinen Wohnung. Die Revolutionsgarde ist über sie hergefallen“, berichtete sie.
Erst viel später, nach mehr als 200 Tagen in der Einzelhaft, wo ihre Mutter in einem engen Raum mit weißen Wänden und Steinboden, ohne Bett, ohne Stuhl und Tisch eingesperrt war, habe sie ihr erzählen können, dass diese Verhaftung wie ein Überfall gewesen sei. „Meine Mutter hat geschrieen“, berichtete sie. Die Revolutionsgarde habe ihr daraufhin eine Kalaschnikow an den Kopf gehalten und gesagt: „Wir erschießen dich jetzt und sagen allen, du warst eine flüchtige IS-Kämpferin.“
Bei der Wohnungsdurchsuchung hätten sie ihrer Mutter Geld und wertvollen alten Schmuck gestohlen. Ihre über 200 Bücher seien mitgenommen worden, als Beweise. „Wochenlang haben wir zuerst nichts von meiner Mutter gehört“, schilderte Claren die weiteren Geschehnisse. Sie und ihre Familie hätten schon gedacht, sie sei tot.
In zwei Showprozessen sei sie schließlich zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. „Das war dann der Moment, als ich zur Aktivistin wurde“, erklärte sie. Ihre Mutter teile sich in Teheran mit der Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi eine Zelle. Inzwischen könne sie mehrmals in der Woche mit ihrer Mutter telefonieren. Einmal in der Woche dürfe auch die Familie sie besuchen. Doch das Ziel sei, ihre Mutter früher aus dem Gefängnis zu bekommen. „Und dabei kann jeder helfen“, erklärte Susan Zare, die sich auch von der deutschen Politik Unterstützung erhofft.