Ein bundesweites Verbot lässt auf sich warten. Volker Mießeler (CDU) sieht aber Handlungsbedarf. Bergheim wäre die erste Stadt im Rhein-Erft-Kreis.
Freizeitdroge immer beliebterBergheims Bürgermeister will Verkauf von Lachgas an Minderjährige verbieten
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Ein Warenautomat, unter anderem mit Lachgasflaschen bestückt, steht vor einem Ladengeschäft.
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Als erste Kommune im Rhein-Erft-Kreis will die Kreisstadt Bergheim dem Verkauf von Lachgas an Minderjährige verbieten. Zumindest wenn es nach dem Willen von Bürgermeister Volker Mießeler geht. Der CDU-Politiker kündigte in einem Post auf seinem Facebook-Profil an, dass er der Politik eine entsprechende Verordnung zeitnah vorlegen werde. Derzeit werde ein Entwurf im Rathaus erarbeitet.
Nach Mießelers Erkenntnissen wird Lachgas bei Jugendlichen als Freizeitdroge immer beliebter. Das zeige sich auch an den zahlreichen Kartuschen, die auf öffentlichen Plätzen – unter anderem auf Kinderspielplätzen – zurückblieben. Mießeler ist sicher: „Der einfache Zugang, etwa über Kioske, fördert diese besorgniserregende Entwicklung. Dabei birgt der Konsum erhebliche Gesundheitsrisiken, von kurzfristigen Ausfallerscheinungen bis hin zu langfristigen Nervenschäden.“
Es ist wichtig, dass Lachgas als Droge stärker in den Fokus rückt und der Gesetzgeber durch Verkaufseinschränkungen tätig wird
Da es bislang kein bundesweites Verkaufsverbot gebe, gehen einige Städte eigene Wege. Denen möchte der CDU-Bürgermeister sich anschließen – „zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen“, wie er schreibt.
Nach Auffassung von Experten wie Ralf Wischnewski, Leiter der Fachstelle für Suchtprävention der Drogenhilfe Köln in Hürth, ist es wichtig, „dass Lachgas als Droge stärker in den Fokus rückt und der Gesetzgeber durch Verkaufseinschränkungen tätig wird. In der Prävention sprechen wir das Thema im Rahmen unserer Lehrerfortbildungen und Elternabende immer mit an“. Ein Problem sieht er darin, dass Lachgas auf offizieller Seite, bei Behörden und Politik, in Drogenstatistiken kaum auftaucht. „Meist läuft es nur unter sonstige Substanzen oder wird gar nicht abgefragt.“
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Der Bergheimer Bürgermeister Volker Mießeler (CDU) will ein Verkaufsverbot von Lachgas an Minderjährige durchsetzen.
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Verkauft wird Lachgas an Tankstellen, in Kiosken oder über das Internet, oft direkt zusammen mit den typischen schwarzen Ballons – ganz legal, denn Lachgas ist ohne Altersbeschränkung frei verkäuflich. Es handelt sich meist um Kartuschen mit 100 oder 200 Portionen, die direkt in Luftballons abgefüllt werden können, aus denen das Gas inhaliert wird. Zweieinhalb Liter flüssiges Gas kosten rund 75 Euro – im Internet oft weniger – und reichen für etwa 300 Konsumeinheiten. Manche Kioskbetreiber werben offensiv mit Aufstellern vor ihren Geschäften.
Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) warnt vor schweren Folgen des Konsums, vor allem von intensivem und Langzeitkonsum. Sie reichten von Bewusstlosigkeit (durch Verdrängung des Sauerstoffs in der Lunge) über Lähmungserscheinungen bis zu im schlimmsten Fall bleibenden Hirnschäden.
Da Bundeskabinett hatte 2024 einen Entwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gebilligt, der ein Abgabeverbot über Automaten und Spätkaufläden vorsieht. Wegen des Bruchs der Ampel-Koalition wurde das Papier vor der vorgezogenen Bundestagswahl nicht mehr ins Parlament eingebracht, sodass darüber nicht abgestimmt werden konnte.
Etliche Kommunen, vor allem Großstädte, wollen nicht so lange warten, bis sich eine neue Regierung gebildet hat und ein Verkaufsverbot an Minderjährige erneut auf die Tagesordnung kommt. Hamburg und Osnabrück haben es schon, seit kurzem auch Dortmund als erste Stadt in NRW, Frankfurt will es – und jetzt prüft auch die Stadt Köln die rechtlichen Voraussetzungen für ein örtliches Verkaufsverbot von Lachgas an Kinder und Jugendliche.
In Bergheim war 2024 Lachgas aus einem Kiosk gestohlen worden
2024 war Lachgas gehäuft im Zusammenhang mit Delikten wie Einbrüchen oder Unfällen aufgetreten. So war Ende Juni in Kerpen ein 19-Jähriger mit seinem Auto in die Mauer eines Supermarktparkplatzes gekracht. Im Fahrzeug wurden Lachgaskartuschen und Luftballons gefunden.
In Bergheim warfen ebenfalls Ende Juni Unbekannte nachts die Scheibe eines Kiosks mit einem Gullydeckel ein und stahlen zahlreiche Gasbehälter. Schlagzeilen machte zudem der Prozess gegen drei Männer im Alter von 17, 18 und 21 Jahren vor dem Kölner Landgericht, die Anfang Juli für eine Serie von Tankstellen- und Straßenüberfällen in Kerpen, Elsdorf und Bedburg zu Haftstrafen verurteilt wurden. Geldnot wegen des Konsums von Cannabis und Lachgas soll ein Motiv gewesen sein.