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GesundheitGewinner und Verlierer der Klinikreform in Rhein-Erft

Lesezeit 5 Minuten
Eine Krankenpflegerin schiebt ein Krankenbett durch einen Krankenhausflur.

Wohin für manche Kliniken im Rhein-Erft-Kreis der Weg führt, ist noch unklar.

Krankenhaus Bedburg hat schon aufgegeben, andere Häuser müssen bluten. Brühl und Wesseling profitieren.

Viele Menschen in NRW verbinden mit den Krankenhausreformen von Bund und Land die Befürchtung, dass ihre Wege zur medizinischen Versorgung deutlich länger werden, wenn einzelne Abteilungen oder sogar ganze Kliniken schließen müssen. Vor allem in dünn besiedelten, ländlichen Gebieten geht diese Sorge um.

Unberechtigt ist diese Sorge nicht, denn mit dem Krankenhaus Bedburg gibt es das erste Opfer des Krankenhausplans zu beklagen. Es hat bereits Ende Januar geschlossen. Laut NRW-Gesundheitsministerium sollte das Hubertusstift die Endoprothetik verlieren – dabei waren die künstlichen Gelenke das Aushängeschild des 129 Jahre alten Hauses. Da das Krankenhaus nun nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben gewesen wäre und zudem noch ein Sanierungsstau das Gebäude belastete, entschied sich der Träger, das Hubertusstift zu schließen.

Sana-Krankenhaus in Hürth steht nach eigenen Angaben wirtschaftlich stabil da

Auch das Sana-Krankenhaus in Hürth soll die Leistungsgruppen Endoprothetik Knie und Hüfte ab 2026 verlieren. Geschäftsführer Michael Weckmann fürchtet: „Wir erwarten, dass die verbleibenden Krankenhäuser die Patientenströme kaum auffangen können und es zu sehr langen Wartezeiten kommt.“ Das Sana-Krankenhaus habe seit zehn Jahren ein zertifiziertes Endoptothetikzentrum und stehe wirtschaftlich stabil da. „Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass wir diese Leistungsgruppen doch noch erbringen dürfen.“

Auf der Kippe steht auch die Behandlung von Herzpatienten: Fünf Kardiologien gibt es im Rhein-Erft-Kreis, zwei will das NRW-Gesundheitsministerium ab 2027 schließen. Im Sana-Krankenhaus setzt man darauf, die Kardiologie erhalten zu können. „Um uns für die Zeit nach 2026 aufzustellen, bauen wir ein zweites hochmodern hybrides Herzkatheterlabor mit einer Investition von über fünf Millionen Euro“, sagt Weckmann.

Im Prinzip dürfen wir alle Leistungsgruppen, die wir bisher angeboten haben, fortsetzen
Dr. Franz-Georg Rips

Weiter anbieten darf das Sana-Krankenhaus die Leistungsgruppen Innere Medizin, Intensivmedizin, Gastroenterologie und Allgemeine Chirurgie. Mit Spezialisierungen – teils in Kooperation mit anderen Sana-Krankenhäusern der Region – wie Schulterchirurgie, Fußchirurgie, Schilddrüsenchirurgie und Gefäßmedizin   habe das Krankenhaus sein Angebot breit aufgestellt.

Im Marien-Hospital Erftstadt-Frauenthal entfällt die Endoprothetik Knie und Hüfte. Was das Krankenhaus weiterhin anbietet, ist die Allgemeine Innere Medizin, die Komplexe Gastroenterologie, Interventionelle Kardiologie, Kardiale Devices sowie die höchste Stufe der Intensivmedizin, wie Dr. Franz-Georg Rips, Sekretarius der Stiftung Marien-Hospital, Träger des Krankenhauses, auf Anfrage dieser Redaktion mitteilte. „Im Prinzip dürfen wir alle Leistungsgruppen, die wir bisher angeboten haben, fortsetzen.“

Auf dem Foto ist das Marienhospital in Brühl zu sehen.

Das Marienhospital in Brühl gehört zu den Gewinnern der Krankenhausreform.

Das zum GFO-Verbund gehörende Marienhospital in Brühl gewinnt durch die Reform die Leistungsgruppe Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin hinzu. Nach Auskunft der Klinik arbeitet man derzeit an einem Konzept für Art und Zeitpunkt der Umsetzung. Nicht mehr vorgenommen werden künftig chirurgische Eingriffe bei Mastdarm- und Eierstockkrebs sowie Erkrankungen von Leber- und Bauchspeicheldrüse.

In diesen Fällen will man Patienten Eingriffe in anderen Häusern des Verbunds anbieten. Froh ist man, entgegen anders lautenden Gerüchten die Endoprothetik weiterhin umfassend anbieten zu können, sagt Stephan Muhl, Kaufmännischer Direktor im Marienhospital.

Endoprothetikfälle werden zwischen Brühl und Bergheim aufgeteilt

Das Maria-Hilf-Krankenhaus (MHK) in Bergheim dürfte von der Schließung des Hubertusstiftes in Bedburg profitieren: Von den rund 3000 Fällen, die bisher jährlich in Bedburg behandelt wurden, werden voraussichtlich rund 1000 künftig im MHK Aufnahme finden. Das MHK wird seine bisherigen Leistungen zunächst noch weitgehend anbieten können. Dazu zählen: Allgemeine Innere Medizin, Gastroenterologie, also die Behandlung der Verdauungsorgane, Kardiologie (mit minimalinvasiven Eingriffen am Herz, Allgemeine Chirurgie, Endoprothetik Knie, HNO) Behandlung des Kopfbereichs mit Hals, Nasen, Ohren sowie die Intensivmedizin.

Ab dem 1. Januar 2026 werden die Endoprothetikfälle zwischen den Krankenhäusern Brühl und Bergheim aufgeteilt: Bergheim soll nur noch Knie operieren, Brühl nur Hüften. Das MHK erwartet durch den Entfall der Hüftendoprothetik wirtschaftliche Verluste, die der Zuwachs durch die Bedburger Behandlungsfälle nicht ausgleichen kann.

Auf dem Foto ist Jakob-Josef Schall zu sehen.

Jakob-Josef Schall ist bedient.

Andere Töne sind aus Wesseling zu hören: „Mit den Ergebnissen der Krankenhausplanung sind wir zufrieden“, teilt Daniela Landsch, Kommissarische Kaufmännische Direktorin des Dreifaltigkeits-Krankenhauses, mit. Der Feststellungsbescheid folge in fast allen Punkten dem Antrag des Krankenhauses. Er „bestätigt uns darin, den im stationären Sektor wesentlichen Bereich der Chirurgie durch die Bildung Medizinischer Zentren zu differenzieren und damit zu spezialisieren“.

Das Ministerium hat dem Haus umfangreiche Leistungen zugeteilt. Dazu zählen Allgemeine Innere Medizin, Komplexe Gastroenterologie, Allgemeine Chirurgie, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie,   Eingriffe im Bereich der Darm- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen sowie ein deutlich erhöhter Umfang an Operationen im Bereich der Adipositaschirurgie (Bariatrische Operationen) sowie Intensivmedizin. Darüber hinaus verfügt das Haus über eine Palliativeinheit mit fünf Betten.

Aufgrund dieser etablierten Station erfolgte auch in diesem Bereich eine Zuteilung medizinischer Leistungen. „Konkret ergeben sich durch den Bescheid sowohl was die Zahl als auch was Art und Umfang der Eingriffe betrifft weitere Entwicklungs- und Wachstumschancen für unser Haus für eine Versorgung unserer Patientinnen und Patienten auf höchstem medizinischen Niveau. Dank dieser Optionen wird der ab 2026 stattfindende Einschnitt im Bereich der Endoprothetik und Wirbelsäulenchirurgie deutlich kompensiert“, wird Daniela Landsch in der Mitteilung zitiert.

Mit Unverständnis reagiert dagegen Jakob-Josef Schall, Geschäftsführer des St. Katharinen-Hospitals in Frechen, auf die Beschlüsse: „Es ist vieles unlogisch, die Überkapazitäten in Köln werden festgezogen, aber was ist mit den rund 500.000 Patienten im Rhein-Erft-Kreis?“. Grundsätzlich würden die Krankenhäuser im Kreis nun schlechter gestellt als vor der Krankenhaus-Reform.

Für sein Haus käme zunächst nichts dazu, in den bestehenden Abteilungen sollten keine Leistungen gekürzt werden. Aber drei Spezialbereiche, die im St. Katharinen-Hospital bislang zur Zufriedenheit erfüllt worden wären, gingen zugunsten von Köln verloren. Diese sind: Die Revisionen (Nach-OPs) von Knien und Hüften, einfache Wirbelsäulen-Eingriffe und Karotiden-OPs (Halsschlagader). Schalls Fazit: „Wir müssen dagegen klagen, die Klage ist eingereicht.“ Es sei unverständlich, warum in Frechen beispielsweise weiterhin „schwere“, aber keine „einfachen“ Wirbelsäulen-OPs mehr durchgeführt werden sollten.