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Hoher MigrationsanteilElternbrief einer Bergheimer Schule ersetzt 27 Sprachen

Lesezeit 3 Minuten

Die Lehrerinnen Jutta Schulze (l.) und Lisa John haben mit Kolleginnen Familienbriefe mit Piktogrammen entwickelt.

Rhein-Erft-Kreis/Bergheim – Das Leben an der Schule Am Schwarzwasser ist bunt. Von den rund 200 Schülerinnen und Schülern haben etwa 130 einen Migrationshintergrund. Bunt, aber nicht einfach. Denn die Sprachenvielfalt verhindert oft, dass die Eltern verstehen, was die Lehrerinnen und Lehrer von ihnen wollen.

„Wir hatten immer wieder den Fall, dass Eltern nicht zu Gesprächen erschienen sind, weil sie schlicht nicht lesen konnten, was in unseren Briefen stand“, sagt Jutta Schulze, Lehrerin an der Grundschule. Und so machte sie sich zusammen mit ihren Kolleginnen Lisa John, Christine Schönauen und Melanie Gresser auf die Suche nach einer Lösung für das Problem. „Wir wollen die Eltern ja auch für unser Schulleben gewinnen“, sagt Lisa John. Es entstand eine Kooperation mit dem Kommunalen Integrationszentrums des Rhein-Erft-Kreises.

„Sprachenporträts“

Der Kreis erprobt unter wissenschaftlicher Begleitung der Universität Hamburg Ansätze zur Förderung der Mehrsprachigkeit an Grundschulen. Eines der Projekte: die „Familienbriefe“ an der Grundschule in Ahe, die auch tatsächlich von allen Eltern verstanden werden können.

Eine der ersten Überlegungen war, alle Briefe in die Muttersprache der Eltern zu übersetzen, wie es an anderen Schulen durchaus praktiziert wird. Um auszuloten, wie groß der Aufwand werden würde, baten die Lehrerinnen die Schüler, „Sprachenporträts“ zu malen, an denen man ablesen kann, welche Sprachen bei ihnen zu Hause gesprochen werden.

Zeichen müssen her

Das Ergebnis: Die Schülerinnen und Schüler nannten gleich 27 Sprachen, die bei Übersetzungen zu berücksichtigen wären, darunter Berberisch, Hebräisch, Litauisch oder Thailändisch. Ein Sprachenschatz, den die Schule zu schätzen weiß. „Wir fördern im Unterricht ja die Mehrsprachigkeit“, sagt Jutta Schulze. Übersetzungen von Elternbriefen aber sind bei der Vielzahl von Muttersprachen unmöglich. „Das ist schlicht nicht zu leisten“, sagt Lisa John.

Wenn Worte nicht helfen, müssen es eben Zeichen tun: Die Lehrerinnen versahen herkömmliche Elternbriefe auf der Rückseite mit Piktogrammen, also schlichten Symbolen, die den Inhalt des Briefs auf simple Weise wiedergeben sollen. Ein Kalenderblatt und eine Uhr helfen, Termine mitzuteilen, ein Häkchen weist darauf hin, dass etwas mitzubringen ist, Daumen hoch und Daumen runter zeigen an, dass Eltern zu- oder absagen müssen, und das Piktogramm mit dem Lehrer, der sich mit Eltern unterhält, steht für den Elternsprechtag.

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Rund 100 Piktogramme hat der aus Syrien stammende Künstler Mohamad Jamal Aljarah inzwischen für das Projekt gezeichnet, das an der Schule in Ahe Erfolge feiert. „Die Beteiligung der Eltern ist höher“, sagt Jutta Schulze. Die Familien würden sich auch stärker untereinander über schulische Veranstaltungen austauschen, weil sie verstehen könnten, worum es gehe.

An dem Projekt beteiligen sich inzwischen auch drei Hauptschulen aus dem Kreis: die Wilhelm-Busch-Schule in Wesseling, die Adolph-Kolping-Schule in Kerpen und die Erich-Kästner-Schule in Bergheim. Schulen, die sich über das Projekt Elternbriefe informieren möchten, wenden sich an Yvonne Rogoll vom Kommunalen Integrationszentrum des Kreises.