Das Unwetter traf den historischen Ortskern bei Bedburg am Dienstagabend kurz nach 21 Uhr. Augenzeugen berichten von ausgerissenen Bäumen.
„Baum ist wie ein Streichholz weggeflogen“Tornado hinterlässt Schneise der Zerstörung in Bedburg
Vermutlich eine Windhose hat den historischen Ortskern von Kaster schwer getroffen. Der Sturm entwurzelte Dutzende Bäume, Dachziegel fielen auf Autos, Äste schlugen Scheiben ein. Nach ersten Erkenntnissen wurde niemand verletzt. Reinhold Deutzmann, der außerhalb des historischen Ortskerns in Kaster wohnt, hat die Windhose gesehen. „Das sah aus wie ein Tornado in den USA“, sagt Deutzmann.
Am Dienstagabend, 9. Juli, zog die Windhose nach 21 Uhr durch Alt-Kaster. „Das kam aus dem Nichts, ohne Vorankündigung“, sagt Josef Voigt, der zu dem Zeitpunkt gerade nach seinen Hühnern in einem Stall außerhalb der Stadtmauern schaute. „Ich war mittendrin. Links und rechts von mir wurden Bäume ausgerissen.“
Stufe eines Treppengiebels stürzte in den Innenhof des Vogthauses
Auch das 1686 errichtete und von ihm bewohnte Vogthaus erlitt Schäden. Eine Stufe des Treppengiebels stürzte in den Innenhof, und ein Walnussbaum kippte auf das Haus, vermutlich aber ohne das Mauerwerk stark zu beschädigen. „Den Baum habe ich 1976 hier gepflanzt, nachdem ich ihn vorher aus dem Garten der früheren Synagoge in Bergheim ausgegraben hatte.“ Da sei er schon fünf Meter hoch gewesen.
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Auch die alte Kellnerei mit ihren Wirtschaftsgebäuden wurde getroffen. Die Windhose deckte Teile eines Scheunendachs ab, Äste eines Kastanienbaums trafen das im 17. Jahrhundert errichtete Haus selbst, in dem derzeit Geflüchtete aus der Ukraine leben. Ein Ast durchschlug eine Bank. „Hier in Alt-Kaster waren beim Ricardamarkt am Samstag und Sonntag noch Tausende Menschen“, sagt Besitzer Bernd Schmitz-Lothmann.
„Der Baum wurde komplett entwurzelt und ist wie ein Streichholz weggeflogen“
Die Feuerwehr sperrte die Eulengasse zwischen dem Burghof mit der alten Kellnerei und dem Vogthaus. Am Mittwochmorgen lagen auf dem Kopfsteinpflaster noch kaputte Dachziegel. Es besteht die Gefahr, dass noch weitere Dachpfannen herunterfallen. Schmitz-Lothmann berichtet von einem Baum, der an einem Parkplatz an der Kellnerei genau zwischen zwei Autos stand. „Er wurde komplett entwurzelt und ist wie ein Streichholz weggeflogen“, sagt Schmitz-Lothmann. An den Autos sei kein Schaden entstanden.
Schwere Schäden hat die Windhose innerhalb weniger Minuten auch außerhalb der Stadtmauern hinterlassen. Vor allem am Spielplatz an der Burgruine sind viele alte Bäume entwurzelt worden. Auf dem Friedhof warf der Sturm einen Bildstock des Kreuzwegs um. Ein Baum stürzte am Erfttor auf das Eufonie-Denkmal und beschädigte es.
Die Feuerwehr löste am Dienstagabend Stadtalarm aus und besetzte sämtliche Gerätehäuser. Innerhalb einer Stunde fuhren die Wehrleute 30 Einsätze. „Der Großteil der Einsätze bezog sich auf Alt-Kaster, Kaster und Königshoven“, teilte die Feuerwehr mit. Auch der städtische Bauhof war im Einsatz. Außerhalb von Bedburg gab es allerdings kaum Schäden. Bei der Kreisverwaltung ist von zehn Einsätzen in den anderen neun Kommunen des Kreises die Rede.
Stadt sperrt zahlreiche Wege im Naherholungsgebiet rund um den Ort
Die Feuerwehr ließ am Morgen eine Drohne über Alt-Kaster fliegen, um Schäden festzustellen. Mitarbeiter der Stadt sperrten zahlreiche Wege im Naherholungsgebiet rund um den Ort und beseitigten umgestürzte Bäume oder entfernten abgebrochene Äste aus Baumkronen. Über die sozialen Medien mahnte die Feuerwehr, die Feuerwehr, die Absperrungen nicht zu missachten: „Lose Äste und Bäume können immer noch herunterfallen oder abstürzen! Es besteht Lebensgefahr!“
Nach Rücksprache mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) schließt die Feuerwehr einen Tornado als Ursache nicht aus. „Möglich ist jedoch auch eine sogenannte Konvergenzlinie, die Windgeschwindigkeiten um die 110 bis 120 km/h verursachen kann“, teilte die Feuerwehr mit. An einer solchen Linie strömen Winde aus verschiedenen Richtungen aufeinander.
Das sagt der Deutsche Wetterdienst zum Unwetter in Bedburg
Der Deutsche Wetterdienst spricht von mehreren Hinweisen auf einen Tornado über Bedburg. „Wir werten nun zum einen die Schadenslage und zum anderen Radardaten aus“, sagt Andreas Walter, Pressesprecher des DWD. Auch Augenzeugenberichte spielten eine Rolle. Mit Ergebnissen sei aber vermutlich erst Anfang nächster Woche zu rechnen.
Bedburg ist in diesem und im vorigen Jahr immer wieder schwer von Unwettern getroffen worden. Im vorigen Jahr gab es zweimal starke Überschwemmungen, und im Mai dieses Jahres ging bei Starkregen ein Acker in Lipp ab, Schlamm wurde in Häuser gespült. Im Juli vorigen Jahres hat vermutlich ebenfalls eine Windhose Verwüstungen in Frechen hinterlassen.
„Offenbar hatten wir Glück im Unglück. Es hätten auch Menschen ernsthaft zu Schaden kommen können“, sagt Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach. „Mich macht die Serie an Unwetterereignissen langsam sehr nachdenklich. In den vergangenen Jahren trifft es uns gefühlt häufiger als andere.“ Die Stadt habe sich an den DWD gewandt, um besser zu verstehen, was passiert ist.