Bausubstanz ist schlechtDem alten Rathaus in Bedburg droht der Abbruch

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An einem prächtigen gelben alten Haus fahren Autos vorbei.

Das alte Rathaus in Bedburg ist in einem schlechten Zustand. Ein Abbruch steht im Raum.

Erstmals bringt mit der SPD eine Partei den Abbruch des alten Rathauses in Bedburg ins Spiel. Die Kosten für eine Sanierung wären hoch.

Fällt das alte Rathaus in Bedburg der klammen Stadtkasse zum Opfer? Schon jetzt müssen aus finanziellen Gründen Projekte aus dem Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzept für die Bedburger Innenstadt (Isek) abgespeckt, verschoben oder gestrichen werden. Neue Fördertöpfe werden gesucht. Einer der mutmaßlich teuersten Posten: die Sanierung und künftige Nutzung des alten Hauses am Marktplatz, in dem bis vor drei Jahren noch Teile der Bedburger Stadtverwaltung untergebracht waren.

Rudolf Nitsche, Fraktionsvorsitzender der SPD, warf im Stadtentwicklungsausschuss erstmals aus dem politischen Raum die Frage auf: „Ist das alte Rathaus der Klotz am Bein, den man loswerden möchte, um weiterzukommen?“ Und Torsten Stamm von der Stadtverwaltung sagte: „Das alte Rathaus ist ein dickes Brett, für das es keine einfachen Lösungen gibt.“

Das alte Bedburger Rathaus könnte ein wirtschaftlicher Totalschaden sein

Schon vor zwei Jahren hatte die Verwaltung vorgebracht, dass es um das aus der Barockzeit stammende und denkmalgeschützte Haus nicht gut steht. Damals jedoch war es die einhellige Meinung im Bauausschuss, das historisch bedeutsame Gebäude zu erhalten. „Die Bausubstanz ist so schlecht, dass unser ganzes Budget für die Sanierungsplanung allein schon für Untersuchungen draufgegangen ist“, sagte Stamm. Nun komme noch die schwierige Finanzlage der Stadt hinzu.

Die Frage, ob das Haus ein wirtschaftlicher Totalschaden ist, sei heute noch nicht zu beantworten. Immerhin: „Es konnte einigermaßen stabilisiert werden.“ Doch steht auch immer noch die geschichtliche Bedeutung des Hauses im Raum. Die Immobilie gehörte einst der jüdischen Kaufmannsfamilie Franken, bis die Nazis es den Frankens unter Zwang für einen Spottpreis abkauften. „Das Haus hat einen Symbolwert“, sagte Stamm.

Die genauen Kosten müssen erst noch ermittelt werden

Zumal vor dem Hintergrund, dass die Stadt Bedburg vor drei Jahren eine Partnerschaft mit der israelischen Stadt Pardes Hanna-Karkur geschlossen hat, in der Nachfahren der früheren Bewohner leben. 15 000 Mark hat die Stadt 1950 als Entschädigung an die jüdische Familie Franken gezahlt, das Haus wurde als Verwaltungssitz genutzt. Es beherbergte verschiedene Ämter, unter anderem das Standesamt.

Laut Stamm müsste nun erst geklärt werden, wie das alte Rathaus genutzt werden soll. Eine Nutzung als Haus für die Bürger und Vereine sei ja bereits angedacht. „Dann wissen wir, wie das Gebäude saniert werden muss und können die Kosten ermitteln“, sagte Stamm. Und dann erst könne man entscheiden, ob das Gebäude, in dem Rettungswege fehlten und noch keine Barrierefreiheit gegeben sei, gerettet werden soll. Klar ist: Es werden Kosten in Millionenhöhe. „Das ist ein historischer Balanceakt.“

Ohne Rathaus gäbe es einen direkten Zugang zur Erft

Sollte sich der Rat gegen eine Rettung des markanten Gebäudes entscheiden, stelle sich die Frage, was dann geschehe. „Wir könnten das Gebäude niederlegen und hätten einen Marktplatz mit Zugang zur Erft – für einen Stadtplaner eine feine Sache“, skizzierte Stamm. Zu klären sei dann, ob Ersatzgebäude nötig seien, auch weil die Nachbargebäude womöglich eine Stütze brauchen.

In Bergheims Nachbarstadt Kerpen steht der Umgang mit dem jüdischen Erbe ebenfalls auf der politischen Agenda. Die FDP hat einen Vorstoß unternommen, den jüdischen Friedhof ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken. Es dürfe nicht vergessen werden, dass die jüdische Gemeinde fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in der Kolpingstadt gewesen sei.

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