Waldlehrpfad WitzheldenOben Mammutbäume, unten Seelilien
Leichlingen-Witzhelden – Im Jahre 2021 scheint selbst ein Wanderweg nicht mehr ohne QR-Codes auszukommen: Der 1965 von der Waldjugend Witzhelden errichtete Waldlehrpfad, der 4,5 Kilometer lang um den Süden von Witzhelden führt, wurde vom Verkehrs- und Verschönerungsverein (VVV) nun – über 20 Jahre nach der letzten größeren Überarbeitung – nochmal neu erfunden. „Dank vieler ehrenamtlicher Helfer konnten Waldwege neu befestigt werden, aber auch die Beschilderungen der nun etwa 60 Stationen auch inhaltlich umfassend überarbeitet und erneuert werden“, erläuterte Ulrich Braun, der Vorsitzende des VVV, bei der Einweihung des renovierten Weges am Samstag.
Wanderer können jetzt nicht mehr einfach nur die Schilder lesen, sondern dank Hans Peters-Becher mit Smartphones auch QR-Codes für ergänzende Informationen scannen, die dann zu Wikipedia-Artikeln der verschiedenen Baumarten führen – vorausgesetzt man hat eine Netzverbindung im Wald.
Unterricht mit dem Förster
„Der Waldlehrpfad ist für mich schon eine lange Institution“, sagt Karl Zimmermann, „hier kann ich Vielfältiges zeigen.“ Der Revierförster besucht den Waldlehrpfad seit Jahrzehnten mit Kindergartenkindern zum Blättersammeln und um Schülerinnen und Schülern aus Grundschulen das Ökosystem näher zu bringen. Für ihn seien die neuen Stationen, die es nun gibt, eine große Bereicherung, sagte er, denn damit gingen auch viele Neuanpflanzungen einher. Das Mischwaldstück sei vor allem erkenntnisbringend, da hier in den 1970er-Jahren viele nicht heimische Exemplare wie zum Beispiel Mammutbäume gepflanzt wurden.
Aufgrund des Klimawandels und der zunehmenden Trockenheit braucht es nach Zimmermann solche „Experimentierbäume“ auch: „Wir tun alles nach heutigem Stand der Wissenschaft, die Zeit wird zeigen, welche Entscheidungen richtig waren. Ein Wald ist immer ein Generationenvertrag.“
Unter den neuen Stationen sind auch einige, die sehr interessante geologische Aspekte mit aufnehmen. Man erkennt sie an den silberfarbenen Tafeln, während die anderen in Messing gehalten sind. Federführend für diese Ergänzung war Robin Schaumann, ein aus Witzhelden stammender junger Geologe. Er hat den Waldlehrpfad in seiner Grundschulzeit selber oft besucht. So war klar, dass er seinen Teil zur Erneuerung beitragen wollte.
Und so machte er eine spannende Entdeckung: An zwei Findlingen aus bergischer Grauwacke – auf denen die Schilder angebracht sind – fand er Seelilien-Abdrücke, welche einen eindeutigen Beweis liefern, dass das Bergische Land als Teil des Rheinischen Schiefergebirges vor 510 Millionen Jahren in der Nähe des Äquators in Form eines tropischen Meeres lag.
Durch Verschiebung der tektonischen Platten wurde es in die Höhe gedrückt und nach Norden verschoben. Das Gebirge sei zu dieser Zeit höher gewesen als der heutige Himalaya. „Als Geologe sieht man die Welt durch ganz andere Augen. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, wie stark geologische Prozesse unsere Erde beeinflussen und wie schützenswert Naturdenkmäler sind, um die Geodiversität aufrecht zu halten“, ist Schaumann froh, dass der Pfad einen Teil dazu beitragen wird.
Auf dem Weg hat er ein Schurfprofil angelegt, anhand dessen man die Entstehung von Boden beobachten kann: Man sieht an verschiedenen Bodenhorizonten klar, wie von unten aus Sandstein der spezielle Bodentyp „Ranker“ wird, aus dem dann später die für das Bergische Land typische besonders fruchtbare „Braunerde“ wird und wie von oben eine humose Deckschicht entsteht, durch Verwitterung von Blätterfall und ähnlichem. Außerdem sind am alten Steinbruch bei der Wersbacher Mühle verschiedene geomorphologische Merkmale freigelegt, die Zeugen der letzten Eiszeit wurden. Das spezielle Sediment Löss kann man gut erkennen.
Pandemie hat die Wanderlust geweckt
„Spätestens seit der Pandemie ist Wandern wieder bei allen in der Gesellschaft angekommen. Die Menschen haben zurück zur Natur gefunden“, erläutert der privat von Flora und Fauna begeisterte Bürgermeister Frank Steffes beim Eröffnungsrundgang, was man auch an dem großen Andrang von rund 50 Personen sehe, die zur Wiedereinweihung des Pfades gekommen sind.
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Steffes ist besonders froh über die Pflege der langen Tradition dieses Weges und den damit einhergehenden Bildungsauftrag. Er habe dabei geholfen, ein Reitverbot für diesen Weg durchzusetzen. Wenn es nach dem VVV-Vorsitzenden Braun geht, sollte es am liebsten auch noch ein Verbot für Fahrräder geben. Doch hier hält Steffes gegenseitige Rücksichtnahme für das geeignete Mittel.
Die Stimmung auf dem großen Einweihungsspaziergang war nichtsdestotrotz durchweg positiv und gelernt haben die Teilnehmenden bei der anwesenden Fachkompetenz auch mehr als genug für einen Spaziergang. „Da vergisst man fast, durch was für ein wunderschönes Fleckchen Erde man hier wandert“, murmelte eine Nordic-Walkerin.