Leichlingen-Witzhelden – Die musikalische Mischung ist ungewöhnlich: Dudelsack, Harfe, Gesang, Akkordeon, Percussion, Flöten und Saxofone ziehen in der Weihnachtszeit in der evangelischen Barockkirche in Witzhelden, dem „Alten vom Berge“, auf die Bühne und begeistern ihr Publikum mit Weihnachtsmusik. Die Spillyck (Spielleute) und ClasSax gaben auch in dieser Adventszeit wieder ein Konzert.
Der Witzheldener Musiker Christian Starke spielt gleich in beiden bergischen Ensembles. Studiert hat er Fagott, spielt aber auch Saxofon und Dudelsack. Doch die Sackpfeife, wie dieser auch genannt wird, lernt man nicht mal so nebenbei. „Das ist ein Instrument, das eine gewisse Koordination voraussetzt. Es hat den Sack, den man aufblasen muss. Die Finger spielen die Melodiepfeife und die Bordunen müssen auch stimmen. Es ist also ein komplexes Instrument.“
Laut, dennoch oft überhört
Die Bordunen, das sind die Haltetöne, der Brummbass, der von G auf A oder von D auf E gestimmt werden kann. Laut ist der Dudelsack und trotzdem wurde er in der Musikgeschichte zunehmend überhört. Christian Starke jedoch kann eine Renaissance feststellen. Er und seine Spillyck tun alles, um die historischen Bezüge wieder herzustellen. Denn der Dudelsack hat eine lange Tradition.
Das lässt sich am besten in den Darstellungen in alten Kirchen ablesen. Und die sind mitunter augenzwinkernd: Ein Schwein spielt in einer der berühmten „bunten Kirche“, in Marienberghausen im Bergischen Land, fröhlich einen Dudelsack. Im Altenberger Dom spielt ein gotischer Engel im Westfenster den Dudelsack. Auch auf einem Stützbrett im Chorgestühl (Miserecordie) ist ein Mischwesen (Chimäre) mit Fledermausflügeln und Paarhufen mit Dudelsack dargestellt.
Den reichsten Fundus an Dudelsackdarstellungen weist der Kölner Dom auf. „Es gibt tatsächlich 15 Darstellungen aus sechs Jahrhunderten vom Engel in der Bronzetür bis zu den Mosaiken, Bleiverglasungen, Fresken und natürlich auch den Schnitzereien im Chorgestühl“, weiß Starke. Direkt über dem Haupteingang gibt es ein Relief aus der Hand von Dombildhauer Peter Fuchs, das einen Dudelsack zeigt.
Als Instrumente der Hirten hatten sie ihre eigene Bedeutung. Zumal die Pfeifenbläser, die Pifferari, gehörten zu den malerischsten Gestalten Roms. In der Adventszeit kamen sie aus dem Gebirge, um vor den Marienbildern und an den Straßenecken zu spielen. Mit Schalmei (Piffero), Dudelsack (Zampogna) und monotonem Gesang musizierten sie, sammelten Geld. Ihre Lieder und Weisen sind sehr alt. Jedem Vers folgt ein Adagio, zu dessen Schluss ein Schriller Pfiff aufgellt.
Klar waren die Rollen zugeteilt. Ein Alter mit Spitzhut und Kragenmantel spielte den Dudelsack, ein schwarz gelockter, in Fell gehüllter Junge die Schalmei. Heute verbindet man den Dudelsack eher mit Schottland. Doch im Bergischen Land, im Rheinland und am Niederrhein hat er laut Starke durchaus Tradition. Lehrer zu finden, sei allerdings schwer, er selbst fahre zum Unterricht nach Belgien. Und auf seinen französischen Dudelsack hat er sieben Jahre gewartet, bis das Wunschinstrument die Werkstatt verließ.
Blasebalg aus Tierhaut
Vegan ist der Dudelsack nicht. Aus Tierhäuten, am liebsten luftdichten Hundemägen, fertigten die früheren Instrumentenbauer den Sack und auf Malta gibt es diese Variante noch heute. 150 verschiedene Arten des Instruments spielen europaweit. Aber auch in den Golfstaaten oder Indien kommt er zum Einsatz. In Pakistan gehört der Dudelsack zu den Militärparaden. Die britische Queen lässt sich jeden Morgen Punkt neun Uhr von einem Dudelsack-Spieler vor dem Fenster des königlichen Schlafzimmers wecken. 15 Minuten dauert das. Musik, bei der nicht jeder mitmacht. Als „Schreijauche“ geißelten die Dudelsack-Kritiker das näselnde Blasebalg-Gequengel. Und die Schotten führten es noch im Ersten Weltkrieg als abschreckende Waffengattung.