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Schwimmen nur mit Online-AnmeldungFreibad Hoffnungsthal öffnete am Pfingstsamstag

Lesezeit 4 Minuten

Der Sprung ins Becken ist in dieser Saison nur mit Online-Anmeldung möglich. Die ersten Badegäste kamen aber voll auf ihre Kosten.

Rösrath – Tag X der Eröffnung und der Parkplatz des Freibades in Hoffnungsthal ist nicht einmal halb voll. Sehr seltsam. Wollte ich doch über laute, volle, chlorgeschwängerte Freizeitfreuden nach Pandemiemaßnahmen-Lockerung berichten; und auch ein wenig meine Skepsis gegenüber der Vernunft meiner Mitbürger überprüfen.

Auf dem Weg zum Eingang kommen mir zwei Jungs entgegen mit höchst mürrischer Miene. Auf meine Nachfrage zum Gesichtsausdruck zuckt ihr Kinn stumm auf ein vor dem Eingang aufgestelltes Schild: Eintritt nur nach Online-Anmeldung. Nach einer Geste des Bedauerns werfe ich mich – inzwischen Routine – in die Maske, die ich hinter dem Eingangsbereich wieder ablegen darf. Ich blicke mich um und mein erster Gedanke ist: Stell dir vor, es ist Freibaderöffnung, und keiner geht hin. Ein paar Dutzend sind es, die meisten recht reglos auf ihren Handtüchern liegend. Ich sehe meine Story schwinden.

Eröffnung kam kurzfristig

Schwimmmeister Kamill Redlich hatte sich auf die zulässigen 1 000 Besucher gefreut – knapp ein Drittel derer, die ohne Auflagen an einem sonnigen Tag ins Bad drängen. Er erklärt, dass die Eröffnung sehr kurzfristig umgesetzt werden musste. Der Einbau einer neuen Filteranlage hatte sich verzögert, die Abstimmung über Hygienemaßnahmen mit dem Gesundheitsamt kam obendrauf und so stand erst kurz vor knapp fest, dass das Bad an diesem Samstag öffnen kann. Dazu kam eine Panne in der Software. Ab 8.30 Uhr, eine halbe Stunde vor Öffnung, war keine Reservierung für den laufenden Tag mehr möglich. Bis dahin hatten aber nur rund 180 Personen den Weg ins Reservierungssystem gefunden.

Online-Anmeldung

Besucher des Freibads Hoffnungsthal müssen sich vorher online namentlich anmelden. Sie erhalten dann eine E-Mail mit Pdf-Datei, die ausgedruckt mitzubringen ist. Die Software soll kurzfristig angepasst werden, so dass Anmeldungen auch nach 8.30 Uhr für den gleichen Tag möglich werden. Die Anzahl der angemeldeten Personen ist im Reservierungssystem einsehbar. Ebenfalls gearbeitet wird an einer Anmeldung mit QR-Code, um den Eintritt mit dem Handy statt mit Ausdruck zu ermöglichen. (kgr)www.stadtwerke-roesrath.de

Viele von ihnen waren Stammgäste, die warteten „wie kleine Kinder, die zur Toilette müssen“, erzählt Redlich. Jeder hätte als erster ins Wasser gewollt. Ein sympathisches Bild. Ich lächele. Für die Schwimmer war die Welt morgens um neun wieder in Ordnung. „Es war, als hätten wir nie zugemacht“, sagt Redlich und lächelt auch. Dann hört er auf zu lächeln und spricht vom „Schilderwald“. Startblöcke gesperrt. Drei-Meter-Brett gesperrt. Liegen und Sonnenschirme sind nicht zu mieten. Alles, was übermäßig spritzt, ist bleiben zu lassen. Ihm scheint ein wenig das Herz zu bluten. Ich finde es gerade gar nicht so schlimm. Ein Mann mit einem Baby in der Trage vor der Brust sagt im Vorbeigehen: „So geil, dass hier offen ist.“ Es klingt wie ein Stoßseufzer.

„Man muss sich herantasten“, sagt Schwimmmeister Kamill Redlich zu einem Freibad-Betrieb mit bis zu 1000 Besuchern. Mit den nur rund 180 Badegästen am Samstag gab es keine Probleme.

Das hier ist nicht die Wiederkehr des Normalen, geht mir durch den Kopf. Das Normale ist zum Besonderen geworden. Ich finde, dieser Gedanke hat was. Aber was mache ich jetzt mit meiner Geschichte? Mit ein bisschen gutem Willen könnte ich es schaffen, mit jedem im Bad zu sprechen, aber ich will niemanden wecken, um ihn zu fragen, ob er gerade trotz Corona entspannt rumliege. Also schlendere ich ziellos durchs leere Bad und schnappe die wenigen Fragmente des bewegten Freibad-Lebens von Tag X auf.

„Wie im Urlaub. Nur mit kurzer Anreise!“

Ein Junge ruft seinem am Beckenrand stehenden Vater atemlos, aber stolz aus dem Wasser zu: „Das ist mein persönlicher Rekord – also an einem Stück!“ André Brauner aus Bensberg, der seine sechs Monate alte Tochter Ella durchs Wasser schlenkert, findet: „Wie im Urlaub. Nur mit kurzer Anreise!“ Oben an der Rutsche, dort wo es so wirkt, als ginge das kleine Becken direkt in das große über, tuscheln und kichern zwei Jungen, alt genug, um das „nur eine Person“ lesen zu können. „Achtung“, zischt einer von den beiden, „der Bademeister guckt!“

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Am Ende meines Rundgangs des inneren Lächelns steige ich ins türkisfarbene Wasser. Wie herrlich. Außer mir ist nur noch eine einzige Schwimmerin im 50-Meter-Becken. „Besser geht’s nicht“, sagt sie. Stimmt, denke ich, und sende einen heimlichen Dank an den Softwarefehler. In den kommenden Tagen wird es voller werden. Dann werden Kamill Redlich und seine Kollegen beweisen müssen, dass sie die Auflagen einhalten können: höchstens 80 Personen im Schwimmerbecken, 50 bei den Nichtschwimmern; der Abstand wird zur Herausforderung werden. „Man muss sich herantasten“, sagt Kamill Redlich, und das erscheint mir die einzig realistische Vorgehensweise. Das Team hinterlässt bei mir einen souveränen und gewappneten Eindruck und ich wünsche ihm das erlaubte Drittel Besucher.

Auf dem Weg zum Ausgang fällt mein Blick auf den verwaisten Volleyballplatz. Feiner weißer Sand. Ich kann nicht anders und drehe ab. Meine Füße graben sich in den Sand. Was für ein vermisstes Gefühl. Okay, das Meer und die griechische Insel drumrum fehlen, aber man kann nicht alles haben. Zumindest nicht sofort und vollumfänglich. Das leichte Knirschen von Sand zwischen Zehen und Flipflops stellt mich auf der Heimfahrt im Auto zunächst mal ziemlich zufrieden.