Wasser, wo heute Häuser stehenHistorische Bilder zeigen Hochwasser in Rösrath
Rösrath – Nach der Hochwasser-Katastrophe an der Sülz kommt die Diskussion über Vorsorge in Gang. Dabei geht es um das Verhalten in der Vergangenheit, insbesondere die Bebauung in Sülznähe, aber auch um Maßnahmen in der Zukunft.
Bereits als 13-jähriger Junge hat Lothar Köster aus Hoffnungsthal ein extremes Hochwasser der Sülz erlebt und mit der Kamera festgehalten: Am 23. September 1957 stand das Wasser 3,40 Meter hoch und überflutete große Freiflächen, die heute bebaut sind. Dazu gehört die Straße In den Backeswiesen ebenso wie der heutige Ortsteil Sülze: 1957 konnte sich das Sülzwasser auf den unbebauten Flächen ausbreiten, in den Backeswiesen stand ein einziges Haus.
Hochwasserereignisse auf Website aufgelistet
Für Köster ist es daher nicht verwunderlich, dass nun das Hochwasser vom 14./15. Juli dort verheerende Schäden angerichtet hat. Durch die spätere Bebauung seien Überschwemmungsflächen verloren gegangen, die 1957 noch zur Verfügung standen, sagt Köster. „Mir geht es darum zu zeigen, dass man hätte ahnen können, welche Folgen die Bebauung dort hat.“ Menschen, die erst später nach Rösrath kamen und in diesen Gebieten ein Haus bauten, seien sich oft nicht im Klaren gewesen über ihre Gefährdung durch das Sülzwasser, stellt der 76-Jährige fest. Andere hätten durchaus Vorsorge getroffen, so sei etwa das Reusch-Gelände auf einer Aufschüttung angelegt.
Hochwasserschutz
Vorschläge von 2007
Für Maßnahmen zur Vorsorge gegen Hochwasserschäden hat sich bereits 2007 der damalige Ratsherr und Umweltausschuss-Vorsitzende Dieter von Niessen (damals CDU, später parteilos) eingesetzt. In einem Brief an die Stadtverwaltung beantragte er, den Wasserdurchlass an der Sülzbrücke an der Sülztalstraße zu erweitern – um einen Rückstau von Wasser zu vermeiden. Als mögliche Alternative schlug er vor, „die Retentionsflächen auf dem Gebiet der Stadt Rösrath zu erweitern“.
Eine Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen hätte sich bei dem aktuellen Hochwasser am 14./15. Juli positiv ausgewirkt. Die Vorschläge seien aber „ ignoriert worden“, sagt von Niessen. Er sei als „Querulant“ hingestellt worden. Neben ausreichenden Retentionsflächen hält er auch einen Ausbau des Kanalnetzes bei neuen Bauprojekten für erforderlich. (tr)
Daten über Hochwasserereignisse an verschiedenen Flüssen samt Nebenflüssen listet das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz auf einer Webseite auf, darunter auch die Wasserstände der Sülz am Pegel Hoffnungsthal. Daten liegen ab 1949 vor, der höchste Wasserstand wurde bislang am 22. Februar 1970 mit 3,92 Metern gemessen und der zweithöchste am 12. Oktober 1960 mit 3,42 Metern. Das Hochwasser am 23. September1957, das Lothar Köster mit der Kamera dokumentierte, liegt in der Liste auf Rang drei.
Vergangenes Hochwasser war das verheerendste
Das bisher verheerendste Hochwasser vom 14./15. Juli 2021 ist jedoch noch nicht aufgeführt. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv), das die Messung am Pegel Hoffnungsthal betreut, hat den Höchststand für diesen Tag bisher mit 4,02 Metern angegeben – das wäre bereits der höchste jemals gemessene Wert. Allerdings wird die Messung noch überprüft, weil der Pegel offenbar aus technischen Gründen stehen blieb. Der Verein Lebenswertes Sülztal gibt bereits eine begründete Schätzung ab: An einem Haus in der Nähe des Pegels Hoffnungsthal weisen Spuren des Hochwassers auf den Höchststand hin – laut Vereinsvorstand lag der Pegel am 15. Juli demnach bei etwa 4,60 Metern.
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Vor diesem Hintergrund dringt der Verein auf verstärkten Hochwasserschutz. Er plant einen Antrag, die Stadt solle in dem am 14./15. Juli überschwemmten Gebiet keine Bebauung mehr zulassen. Ausnahmen, etwa für das Wöllner-Stift, seien denkbar, müssten aber vom Stadtrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit erlaubt werden. Die bisher von der Bezirksregierung festgelegten Überschwemmungsgebiete sorgten nicht für ausreichenden Schutz, sagt Klaus Hasbron-Blume vom Vereinsvorstand. „Es hat sich gezeigt, dass das absolut unzureichend ist.“ In der Vergangenheit sei „mehr bebaut und versiegelt worden“ als an Schutzmaßnahmen getroffen worden sei.
„Hochwassertag“ geplant
Noch 2007 plante die Stadt ein Baugebiet am „Sülzbogen“ mit 50 Einfamilienhäusern: Nach erheblichen Bürgerprotesten und einem Kreistagsbeschluss, den Landschaftsschutz in dem Gebiet in der Sülzaue beizubehalten, musste die Kommunalpolitik das Projekt schließlich aber begraben. Ab 2010 wollte die Stadt zusätzliche Gewerbeflächen in Lehmbach im nördlichen Hoffnungsthal schaffen, es folgten auch hier heftige Proteste, bis die Bezirksregierung das Gelände im Herbst 2011 zum Überschwemmungsgebiet erklärte und das Projekt damit unmöglich machte.
Angesichts möglicher weiterer Planungen in Sülznähe bereitet der Verein Lebenswertes Sülztal einen „Hochwassertag“ vor, er soll möglichst noch vor der Bundestagswahl stattfinden. Der Verein will die aktuelle Aufmerksamkeit für das Thema Hochwasserschutz nutzen, um auch in Rösrath konsequente Regelungen zu erreichen.