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SchöffengerichtOverather steht wegen Kinderpornografie vor Gericht –  Prozess zunächst geplatzt

Lesezeit 3 Minuten
Eine Kriminaloberkommissarin sitzt in einem Büro vor einem Auswertungscomputer auf der Suche nach Kinderpornografie und Fällen von sexuellem Missbrauch.

Eine Kriminaloberkommissarin sitzt in einem Büro vor einem Auswertungscomputer auf der Suche nach Kinderpornografie.

Weil die Polizei kinderpornografische Videos auf seinem Handy gefunden hat, muss ein Overather vor Gericht. Doch deswegen platzt der Prozess.

„Wir können ja schon einmal in die Akte schauen“, sagt Schöffengerichtsvorsitzende Britta Epbinder äußerlich ungerührt und cool, wohingegen der rechts von ihr sitzende Schöffe im nächsten Moment zurückzuckt und sich augenscheinlich angeekelt für einen Moment abwendet.

Es geht um den Besitz von Kinderpornografie, und der Prozess gegen den 28-jährigen Overather Benjamin G. (Name geändert) droht zu platzen, weil Verteidiger Dr. Peter-René Gülpen für das Gericht überraschend eine Einlassung vorträgt, für die nun Computerexperten der Polizei geladen werden müssen.

Wohnungsdurchsuchung war bereits im März 2022

Etwa ein Dutzend verbotene kinderpornografische Darstellungen, Videos vor allem, hat die Polizei auf dem Smartphone und dem Laptop des Overathers gefunden, nachdem sie dessen Wohnung im März 2022 durchsucht hat. Im Prozess muss die Staatsanwältin zu Beginn verlesen, worum es geht: um Videos, die zeigen, wie die Körper kleiner Mädchen im Grundschulalter von erwachsenen Männern missbraucht werden.

Sich so etwas zugänglich zu machen und zu besitzen ist nach Paragraf 184b des Strafgesetzbuchs ein Verbrechen. Während der Nicht-Jurist sich fragen mag, wo da noch der Unterschied ist macht, geben Verteidiger und Mandant schon die Antwort: Zu Beginn der Corona-Pandemie habe sich Benjamin G. in einer anonymen Chatgruppe herumgetrieben, in der es lauter Links zu legalen Erwachsenenpornos gegeben habe. Zwischendurch habe er aber auch Links zu Kinderpornos zuschickt bekommen.

Angeklagter will nachhaltig gelöscht haben

„Die hat er nicht gutgeheißen und sofort gelöscht“, sagt der Verteidiger, und der Angeklagte ergänzt: „Auch aus dem Papierkorb.“ Damit sei der Besitz vom Tisch, sagt der Verteidiger und mit dem „zugänglich“ sei das auch so eine Sache: „Wenn mir jemand etwas in den Kanzleibriefkasten schmeißt, was ich öffnen muss, um feststellen, dass ich es nicht will, kann man mir das auch nicht vorwerfen.“

Bei Benjamin G., mittlerweile verheiratet, kam es aber anders: Die Polizei stellte Handy und Laptop sicher und fand den verbotenen Dreck. „Wenn die Polizei das schafft, kann er das auch schaffen“, wirft der Schöffe fragend ein, doch der Verteidiger widerspricht: „Die Polizei hat sehr spezielle Software, die es für Bürger nicht gibt.“

Neuer Prozess ab Frühjahr 2025

Klar ist danach aber auch, dass das wiederholte Anklicken von Links in einem Netzwerk, in dem man schon mehrfach Verbotenes zugeschickt bekommen hat, ein strafbares Sich verschaffen sein könne und dass so etwas nicht geeignet für eine Verfahrenseinstellung sei. Aber auch, und dass bei der Strafhöhe einen Unterschied gebe.

Nach einem Rechtsgespräch zwischen den Beteiligten ist klar: Der Prozess ist erst einmal geplatzt sei, es müssen Polizeiexperten hinzugezogen werden. Die sind aber andererseits derart ausgelastet, dass ein neuer Verhandlungstermin erst im Frühjahr 2024 realistisch erscheint.

Bis dahin läuft der Angeklagte mit der Last des Strafverfahrens durch die Welt – was ihn aber zumindest an diesem Tag nicht sehr zu berühren scheint.