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ProzessFahrer zerlegt Fiesta an  Laterne in Bergisch Gladbach – Kein Rennen, keine Strafe

Lesezeit 3 Minuten
Driescher Kreisel in Bergisch Gladbach mit neuen Schranken und Ampeln.

Historische Aufnahme: Ein Güterzug kreuzt im Januar 2007 den durch Ampeln und Schranken gesicherten Driescher Kreisel; im Hintergrund die Rhein-Berg-Galerie.

Nach einem Unfall im Bergisch Gladbacher Zentrum mussten zwei junge Fahrer monatelang auf ihre Führerscheine verzichten. Bis zum Prozess.

Ein vermeintliches verbotenes nächtliches Kraftfahrzeugrennen zwischen Poststraße und Rhein-Berg-Galerie hat zwei jungen Bergisch Gladbachern viel Ärger eingebracht: ein Auto Schrott, zwei Führerscheine monatelang weg. Nach ihrem Strafprozess konnten jetzt beide aufatmen: Gegen den einen wurde das Verfahren eingestellt, der andere wurde freigesprochen – auf Vorschlag des Staatsanwaltes.

Den Rennparagrafen 315d hatte der Gesetzgeber im Jahre 2017 ins Strafgesetzbuch eingefügt, um etwas gegen rücksichtslose Raserinnen und Raser zu unternehmen, die sich um Leben und Unversehrtheit anderer einen Dreck scheren, nur um möglichst schnell selbst voranzukommen. Aber genau diesen hirn- und herzlosen Eindruck machten die 22 und 24 Jahre alten Gladbacher, einer im zweiten Lehrjahr, der andere gerade mit der Ausbildung fertig, nicht. Einer hatte noch seine Eltern im Zuschauerraum sitzen.

Staatsanwalt klagt verbotenes Autorennen in Bergisch Gladbach an

Laut Anklage sollen sich die beiden um 1.27 Uhr in der Nacht zum 2. Juli 2023 ein Autorennen geliefert haben. Während Mehmet K. (22/Namen geändert) mit seinem Ford Fiesta an der Ampel Gohrsmühle/Poststraße auf der Autofahrspur stand, habe sich Rahim Ö. (24) von hinten mit seinem BMW genähert, sei auf der rechten (Bus-)Spur an ihm vorbeigefahren, vor ihm wieder nach links eingeschert und dann in den Driescher (Schranken-)Kreisel eingefahren, um diesen an der zweiten Ausfahrt, der Kalkstraße, wieder zu verlassen. Mehmet K. habe ebenfalls reichlich Gas gegeben und sei gegen eine Laterne gekracht.

Die Situation bekam als Augen- und Knallzeuge ein E-Bike-Fahrer (40) mit, der sich am Haus An der Gohrsmühle 10 – übrigens Sitz der um diese Uhrzeit in der Regel nicht mehr besetzten Zeitungsredaktion – untergestellt hatte, um sich dort vor dem Regen zu schützen. Der Mann, von Beruf Krankenwagenfahrer, eilte nach dem lauten Krach zur Unfallstelle an der Ecke zur Rhein-Berg-Galerie.

Amtsgericht nutzt Kartendarstellung aus dem Internet

Vor Gericht schilderte Peter G. jetzt seine Erinnerungen und zeigte die Örtlichkeiten auf einem großen Videobildschirm, auf dem Richterin Pauline Willberg Darstellungen des Internet-Kartendienstes „Google Maps“ abspielte. Doch konnten aus Sicht der Juristen im Saal weder die Zeugenaussage noch das Gutachten eines Sachverständigen, demzufolge der Fiesta-Fahrer deutlich zu schnell unterwegs war, den Rennvorwurf wirklich erhärten.

So stand weiterhin die Version der beiden jeweils anwaltlich vertretenen Angeklagten im Raum, der eine habe den anderen nach einem Köln-Besuch abgeholt und zu dessen Auto gefahren, und dann hätten sie sich ganz normal und ohne jede Renn-Absicht getrennt– eine Version, die schon aufgrund der PS-Unterschiede der beiden Fahrzeuge plausibel erschien.

Eine Einstellung, ein Freispruch

Nach 90 Minuten Verhandlung stellte der Staatsanwalt fest: „Der Tatbestand steht noch weit entfernt.“ Danach ging es blitzschnell: Die Polizisten, die den Unfall aufgenommen hatten, wurden gar nicht mehr angehört, das Verfahren gegen den Fiesta-Fahrer wurde eingestellt und der BMW-Fahrer freigesprochen.

Einer der beiden jungen Fahrer bekam seinen Führerschein nach fast einem Jahr vorläufiger Entziehung noch im Gerichtssaal zurück, der andere muss darauf warten, dass das Plastikdokument wieder auftaucht. Er darf aber ebenfalls ab sofort wieder fahren.