Mobilitätsfest in der BlütenstadtDamit Leichlingen nicht am Verkehr erstickt
Leichlingen – Die Verkehrswende hat es nicht leicht. Wegen notorischer Autofahrer, die Innenstädte verstopfen, überall mehr Parkplätze wollen und keine Lust haben, in den Bus oder auf den Sattel umzusteigen. Aber auch wegen des Wetters. Das macht es ausgerechnet der ja auch dem Klimaschutz geltenden großen Offensive des Rheinisch-Bergischen Kreises für Bus und Bahn, Rad und Car-Sharing nämlich schwer.
Im Mai musste der geplante Startschuss für die auf drei Jahre angelegte Werbe-Kampagne für ÖPNV und Radwege im letzten Moment abgesagt werden, weil in Leichlingen ein schweres Gewitter mit Sturm aufzog. Am Freitag ist das Mobilitätsfest nun nachgeholt worden – und litt diesmal unter Höchsttemperaturen. In der Affenhitze kamen nur wenige Besucher, um einen Blick auf Brennstoffzellen-Motoren zu werfen, eine Runde auf dem Lastenrad zu drehen oder sich in der sengenden Sonne auf einem der aufgestellten Liegestühle auszuruhen.
Selbst die aus dem gesamten Kreisgebiet angereisten Bürgermeister und der Landrat suchten sich nach den Begrüßungen und einem gemeinsamen Eröffnungs-Rundgang einen Platz im benachbarten Eiscafé, weil es auf dem Marktplatz einfach zu wenig Schatten gibt. Die acht aufgebauten Themen-Inseln hätten mehr Zuspruch verdient gehabt. Denn von Bus-Fahrplänen bis zur Radkarte und vom Mobilstationen-Netz bis zur E-Car-Sharing-Flotte gab es Tipps und Vorführmodelle auf einer Stelle.
„Auch in dieser Zeit dürfen wir mit der Mobilitätswende nicht aufhören“, warb Landrat Stephan Santelmann für ein Umdenken in einer Weltlage, in der die Menschen noch viele andere Probleme besorgen. Und zwar „nicht nur wegen der Umwelt“, fügte Leichlingens Bürgermeister Frank Steffes hinzu, „sondern um den Verkehrs-Kollaps zu vermeiden.“ Der ländliche Raum habe es da schwerer als Großstädte, weil in der Region viele Leute auf Autofahrten angewiesen seien, sagte er im Beisein von Burscheids Verwaltungschef Dirk Runge und Amtskollegen aus Bergisch Gladbach, Wermelskirchen, Overath und Rösrath. Aber mit Bürgerbussen, Car-Sharing, On-Demand-Bedarfsverkehrs-Lösungen, Mitfahrerbänken und verdichteten Linien-Takten sei man „schon in der Wende drin. Das muss ausgebaut werden, damit wir nicht im Verkehr ersticken.“
Die bergische Wasserstoffbus-Flotte wächst
Marcel Frank, Geschäftsführer der Regionalverkehr Köln (RVK), konnte im Schatten eines der 20 Wasserstoff-Busse, die bereits im Kreisgebiet fahren, zeigen, wie es gehen kann. Bis 2025 sollen hier 31 weitere hinzukommen – Stückpreis um die 600.000 Euro. Gut angelegtes Geld, sind die Verantwortlichen überzeugt. Denn im Vergleich zu einem aktuellen Dieselbus vermeidet der emissionsfreie Brennstoffzellen-Hybrid jährlich 1,7 Tonnen Stickstoffoxid und fast 1000 Tonnen Kohlendioxid. „Besser als der Knight Rider“ heißt deshalb der dazu gehörige flotte Spruch der neuen Werbekampagne zur Mobilitätsoffensive, die mit dem Fest in Leichlingen jetzt gestartet wurde.
Auf Plakaten in Bussen und auf Großleinwänden werden drei Jahre lang originelle Slogans zu sehen sein, kündigte die Verkehrsdezernentin des Kreises, Elke Reichert, an, „damit die Leute immer wieder zum Nachdenken angeregt werden.“
Mit „Besser als die Milchstraße“ werden Radrouten beschrieben. „Besser als der Hogwarts Express“ sei das E-Lastenrad, das in Zukunft auch an einigen der zwei Dutzend Mobilstationen stehen soll. „Besser als die Air Force One“ gar seien die Nachtbus-Verbindungen, heißt es großspurig. „Wir spielen natürlich auch mit Übertreibungen“, gab Landrat Santelmann zu.
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Frank Steffes gefällt der Spruch „Besser als das Raumschiff Enterprise“ besonders gut: „Ich bin ein alter Trekkie“ bekannte er und stellte das dazu gehörige Aktionsplakat für den Bergischen Fahrradbus vor, den er samt Anhänger bereits einmal für einen Betriebsausflug der Stadtverwaltung komplett gebucht hat.
Neu im Portfolio der Verkehrswende sind die Elektro-Autos der Wupsi, die man an 13 Mobilstationen ausleihen kann. Auch am Bahnhof Leichlingen und am Rathaus Burscheid parken sie an Ladesäulen. Die Peugeot 208 haben eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern. Sabine Krämer-Kox aus Burscheid, ehrenamtliche Radwegepatin des ADFC, schafft das auch mit Pedalkraft. „Ich sage immer: Wo ich nicht mit dem Fahrrad hinkomme, muss ich auch nicht hin“, erzählte sie bei einer Talkrunde in Leichlingen. Sie hat die Verkehrswende schon geschafft: „Ich tanke höchstens zwei bis drei Mal im Jahr“, sagte sie. Beim Ausbau des Radwegenetzes und bei der Öffnung von Einbahnstraßen sei kreisweit aber „noch viel Luft nach oben“, wünscht sie sich.