„Auch aus Kostengründen...“Urteil in Burscheider Vergewaltigungsprozess gefällt
- Im Fall um eine mögliche Vergewaltigung wurde der Angeklagte Michael P. vor dem Amtsgericht freigesprochen.
- Der Richter beurteilte dessen Version des Abends als „plausibel“, außerdem waren gegenteilige Indizien für eine Vergewaltigung nicht aussagekräftig genug.
- Eine Prozessbegleiterin schüttelte während der Urteilsverkündung den Kopf, sie war mit dem Ablauf des Verfahrens nicht zufrieden.
Leverkusen – Im Fall um eine mögliche Vergewaltigung vor dem „Paffenlöher Steffi“ in Burscheid wurde der Angeklagte Michael P. am Mittwoch freigesprochen. „Für eine Vergewaltigung fehlten eindeutige Beweise“, hieß es im Urteil. Man habe zwar „Indizien“, diese aber haben „nicht ansatzweise für eine Überzeugung gereicht.“
In der Nacht des 22. Dezember 2017 soll Michael P. laut Anklage Jessica T. vergewaltigt haben. Die Anzeige wurde von einer Polizistin gestellt, die am zweiten Tag der Beweisaufnahme von der Nacht berichtete: „Sie erzählte mir, versucht zu haben, den Angeklagten wegzuschubsen. Sie habe keine Kraft gehabt.“ Außerdem berichtete ihr Jessica T., dass der heute 27-Jährige sie „angepinkelt habe“, an Uringeruch allerdings konnte sich die Beamtin – wie weitere befragte Zeugen – nicht sicher erinnern. Trotzdem „würde ich sagen, sie hat die Wahrheit erzählt. Sie hat es geschildert, als wäre es wirklich passiert.“
Ungewöhnliches Verhalten
Entscheidend gegen eine Verurteilung sprach nicht nur aus Sicht des Angeklagten, sondern ebenfalls aus Sicht der Staatsanwältin, die auf Freispruch plädierte, die Widersprüchlichkeit der Aussagen von Jessica T. So behauptete sie einerseits, vergewaltigt worden zu sein, andererseits gab sie unter anderem der Kommissarin Silke M. gegenüber an, sich „nicht mehr richtig erinnern“ zu können. Eine weitere Zeugin berichtet von einem Gespräch mit Jessica T., in welchem diese „von einem Filmriss erzählte.“
Auch versuchte Jessica T. mehrfach, die Anzeige zurückzuziehen – unter anderem bei dem Polizisten Mike K.: „Sie sagte, das Strafverfahren solle sofort beendet werden.“ Der Beamte „fand das schon sehr ungewöhnlich. Sie wirkte hektisch, als würde jemand Druck auf sie ausüben.“ Auf Nachfrage der Anwältin allerdings erklärte Mike K., er könne sich auch vorstellen, „dass sie etwas geraderücken wollte“ – weil die Anzeige unberechtigt, der Sex einvernehmlich war?
Eine „plausible“ Version
Eine Ärztin, die Jessica T. am nächsten Morgen behandelte, stellte damals eine Schürfwunde im Intimbereich fest, diese allerdings hätte bis zu zwei Tage alt sein können. Sie berichtete von einer „klaren Bewusstseinslage“, die Wahrnehmung ihrer Patientin sei trotz erheblichen Alkoholkonsums „nicht gestört“ gewesen. Die Angabe deckt sich mit weiteren Zeugenaussagen. Jessica T. – so die Schlussfolgerung des Gerichts – war somit in der Lage, zu widersprechen.
Die Darstellung von Michael P. beurteilte der Richter als „plausibel“, zu den Angaben der Zeugen habe es „keine groben Widersprüche“ gegeben. Dem Angeklagten zufolge hatten die beiden hinter dem Parkplatz des „Paffenlöher Steffi“ zwar Geschlechtsverkehr, dieser allerdings sei einvernehmlich und auf Drängen von Jessica T. erfolgt.
Eine Prozessbegleiterin der Beratungsstelle „Frauen-Notruf“, die vor Gericht anwesend war, schüttelte während der Urteilsverkündung den Kopf. Sie störte sich nicht an dem Urteil, sondern an „Lücken im Verfahren“, wie sie dieser Zeitung erklärte: „Warum wird kein Psychologe zu Rate gezogen, der die Aussagen der beteiligten Zeugin bewerten? Dass sie angibt, sich an solch ein Ereignis nicht erinnern zu können, finde ich zu wenig.“ Der Richter erklärte, dass eine restlose Aufarbeitung nicht nötig sei, weil der strafrechtliche Tatbestand ausgeschlossen werden konnte: „Auch aus Kostengründen müssen wir an dieser Stelle sagen: Wir hören auf.“