Leichlinger Obstmarkt146 verschiedene Äpfel und Birnen im Körbchen
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Leichlingen – Auf dem Obstmarkt kann man die ersten Weckmänner kaufen. Es gibt dort schon Krippenfiguren und Weihnachts-Karten aus Holz. Auch dicke Wollsocken, Daunenjacken, Strickschals und kuschelig warme Rapskissen aus dem Backofen passen bestens zum Wetter. Denn es ist schon fast winterlich kalt in der Balker Aue, wo sich eigentlich alles um Bäume in Herbstfarben und gelb und rot leuchtende Äpfel dreht. Aber keine Sorge: Das Obst kommt zwischen Piercingschmuck, Bratpfannen, Holzlöffeln, Dom-Souvenirs und Ledergürteln nicht zu kurz.
Früchte, Marmeladen, Kraut und Likör
Dafür sorgen die heimischen Landwirte, die ihre frische Ernte am laufenden Meter in Körben aufgebahrt und zu Saft gepresst haben, von Marmeladen, Kraut und Likören, Cox & Co probieren lassen. Und dafür sorgen in der Reithalle auch der Naturschutzbund (Nabu) Rhein-Berg und Hartmut Brückners Bergischer Streuobstwiesenverein im großen Zelt. Beide Urgesteine des Leichlinger Obstmarkts werben unermüdlich für den Erhalt der heimischen, besonders gesunden und kulturell und ökologisch wertvollen alten bergischen Sorten.
Sie sind das Herz der Ausstellung und Anlaufpunkt für alle ratlosen Baumbesitzer: Dauernd kommen bei ihnen Besucher mit einem unbekannten Apfel aus dem eigenen Garten vorbei und wollen wissen, was sie da eigentlich gepflückt haben. Bei den Hobby-Pomologen sind sie richtig. Hartmut Brückner aus Overath hat an seinem Stand unglaubliche 146 unterschiedliche Sorten aus Deutschland und der Schweiz ausgebreitet, alle hübsch in Körbchen dekoriert. Dort kann man so lustige Namen wie die Schweizer Hose, das Hausmütterchen, die Schafsnase und die Winterforelle entdecken, die mitnichten ein Fisch ist, sondern eine Birne.
Großen Spaß macht es Kindern, die Kurbel der aufgebauten Presse zu drehen und sich aus dem Schlauch ein Gläschen selbst gemachten Saft abzufüllen. Auch Nabu-Vorsitzender Stefan Bublies aus Burscheid und Geschäftsführer Thomas Wirtz aus Leichlingen sind wandelnde Lexika für Obstsorten, können die meisten wie aus der Pistole geschossen identifizieren. 2700 Liter Saft hat der bergische Nabu, der für seine Arbeit beim Obstmarkt geehrt wird (siehe „UN-Auszeichnung), aus der Ernte der von ihm betreuten Hochstamm-Wiesen gepresst.
Umweltfreundliche Upcycling-Produkte
Er wird unter anderem im neuen Leichlinger Unverpackt-Laden an der Marktstraße und bei Edeka in Witzhelden verkauft. Umweltfreundlich sind auch mehrere Upcycling-Produkte, die den Obstmarkt um eine junge Branche bereichern: Erika Kubny aus Leverkusen stellt aus Tapetenresten und abgelaufenen Kalenderblättern Schmuckkarten und originelle Geschenk-Verpackungen her. Ferdinando Esposito, „Der Fliegenmacher“, verarbeitet in Wipperfürth ausrangierte Jeans und Stoffhosen zu Herrenfliegen.
Ebenfalls in der Reithalle findet man Max Steffens aus Hilden, der auch aus Schieferresten Eulen und Vogelhäuschen baut und Kinder in seine Werkstatt lässt. Und draußen stößt man auf Ringe, die nicht mit Brillanten, sondern mit allerlei Knöpfen besetzt sind. Kunstfreunde können nicht nur mannshohe Holzskulpturen, Gemälde, Glasobjekte und Gartenfiguren aus Eisen kaufen, sondern bei „Lost Places Art“ auch fantastische Fotos von verlassenen und morbiden Orten aus aller Welt – verwunschene Schlösser, gruselige Keller und Fabrikhallen, Titos Bar aus Kroatien oder ein Space-Shuttle-Wrack aus Kasachstan.
Eröffnung durch Steffes und Richrath
Bürgermeister Frank Steffes und sein Leverkusener Amtskollege Uwe Richrath haben den Obstmarkt am Tag der Deutschen Einheit eröffnet. In der Ausstellung wirbt der städtische Bauhof rund um sein Fachwerkhaus für die von ihm angelegte Blütenpracht im Kreisverkehr und am Straßenrand sowie mit der Baumschule Winterberg (die nicht aus dem Sauerland kommt, sondern aus der Krüdersheide in Langenfeld), für Obst- und klimagerechte Bäume.
Auf dem Obstmarkt zu verhungern oder zu verdursten, ist unmöglich. Von Kräuterfladen, Krakauer oder Kibbeling über Flamm- und Reibekuchen bis zu Spanferkel und Scampis wird eine Speisekarte offeriert, die ihresgleichen sucht. Kinder dürften sich besonders für die kunterbunten Bubble Waffles interessieren und auch für die Riesenseifenblasen, das Bungee-Trampolin und das Baumklettern mit Bergsteiger-Ausrüstung. Und Glücksritter können beim Tafel-Verein Tombola-Lose ziehen: Die Damen von der gemeinnützigen Lebensmittel-Ausgabe haben 250 Präsentkörbe gepackt.
Der Leichlinger Obstmarkt an der Oskar-Erbslöh-Straße ist bis Sonntag, 6. Oktober, von 9.30 bis 18.30 Uhr geöffnet. Der Eintritt zum Obstmarkt kostet 3,50 Euro (Kinder bis 13 Jahren frei).
Fünf alte Hochstamm-Sorten, die man auf dem Leichlinger Obstmarkt findet:
Der Danziger Kantapfel ..
.. ist saftig-süß, schmeckt auch Kindern gut und leuchtet poliert so filmreif, dass er auch Schneewittchen-Apfel und Liebesapfel genannt wird. Die sehr alte Sorte ist bereits 1760 beschrieben worden.
Der „Kaiser Wilhelm“ ..
.. ist der Lokalmatador der Äpfel, weil der Witzheldener Lehrer und Pomologe Carl Hesselmann ihn 1864 im Garten von Haus Bürgel in Monheim entdeckt und getauft hat. Er schmeckt säuerlich-süß.
Die Birnen-Quitte ..
.. hat eine grünlich-gelbe Schale und hellgelbes Fruchtfleisch. Sie ist fest und trocken und schmeckt säuerlich-aromatisch. Pflückreif ist sie erst im Oktober und nicht lange, bis Ende November, haltbar.
Jakob Lebel ..
.. ist ein sehr saftiger, aber nicht lange haltbarer, sondern für den baldigen Verbrauch bestimmter Apfel. Er kann als Tafel-, Wirtschafts-, Saft- und Mostapfel verwendet werden. Die Bäume tragen lange Blüten.
Der Rheinische Winterrambur ..
.. ist ein saftig-knackiger säuerlicher Lagerapfel, der schon im 17. Jahrhundert verbreitet und lange sehr bekannt war. Ab Mitte Oktober geerntet, ist er von Dezember bis April genussreif.